11.46.28

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Weber, der türkische Präsident Erdoğan hätte mit Ihrer Rede seine Freude. Wahrscheinlich hätte er Sie gleich als Minister angestellt. (Bundesrat Weber: Um Gottes willen! Nicht so viel Ehre!) Ich sage Ihnen das Ergebnis der Politik von Erdoğan: 25 Prozent Verlust des Wertes der Türkischen Lira in den letzten vier Mo­naten, 17 Prozent Zinsen, 12 Prozent Inflation – das Land steht kurz vor dem Staats­bankrott.

Das ist das Ergebnis davon: Er beschimpft die internationalen Märkte, genauso wie Sie es hier gemacht haben, den Kapitalismus, die Marktwirtschaft, die wir seit 150 Jahren hier in Österreich haben. (Zwischenruf des Bundesrates Weber.) Das macht er, und damit das Gleiche wie Sie – das Gleiche wie Sie!

Nur gibt es bei Ihnen einen entscheidenden Fehler: Sie können den Kapitalismus be­schimpfen, das haben die kommunistischen Staaten – die Sowjetunion, die DDR, Ungarn, die Tschechoslowakei – auch gemacht, nur hatten die null Staatsschulden – null! Die waren unabhängig von den internationalen Kapitalmärkten. Sie mit Ihrer Politik der SPÖ, die Sie in den letzten 50 Jahren in Österreich, ich möchte sagen, angestellt haben, mit dem Endeffekt, ein Land mit diesen Staatsschulden zu hinterlassen, beschimp­fen jetzt hier am Rednerpult auch noch die internationalen Märkte, aber erwarten sich, dass diese Sie als Investoren rauspauken (Bundesrätin Grimling: Den Finanzminister haben aber schon andere!), genauso wie es Präsident Erdoğan erwartet?! – Das ist eine Quadratur des Kreises und wird nicht funktionieren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Darf ich Ihnen noch etwas sagen? Ich nehme das Wort Kapitalismus in den Mund, ich geniere mich nicht dafür. (Ruf bei der SPÖ: Das wissen wir!) Kapitalismus ist eng mit demokratischen Werten, mit den Menschenrechten aus den USA – die kommen alle aus den USA – und mit den Eigentumsrechten verbunden. Dass Sie von der SPÖ Probleme mit den Eigentumsrechten haben, ist mir schon lange bekannt. (Zwischenruf des Bundesrates Weber. – Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Da ich Ihren Zynismus aushalten muss, darf ich auch einmal zynisch antworten: Heuer wird der 200. Geburtstag von Karl Marx gefeiert. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Besuchen Sie Karl Marx! Vielleicht finden Sie dort Anleitungen für Ihre Politik – hier in Österreich brauchen wir das nicht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, dieses Gesetz ist ein gutes Gesetz, wie alles, was von dieser neuen, vernunftorientierten Bundesregierung kommt (Heiterkeit bei der SPÖ), weil es die Transparenz, die Durchsichtigkeit und die Unabhängigkeit von Auf­sichtsratsmandaten innerhalb der Banken gewährleistet und sicherstellt, und das ist wichtig. Es hat zwar nicht jede Krise ihre Ursachen in einer Bankenkrise, aber die Wir­kungen jeder Krise – jeder Krise! – verbreiten sich über eine Bankenkrise, weil es immer ums Kapital, immer ums Geld geht. Das wissen Sie von der SPÖ, die ein Land mit solch einer Staatsverschuldung hinterlassen hat, ganz genau! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Weber: Und was ist mit Kärnten? – Bundesrätin Ecker: Mitge­hangen, mitgefangen! – Rufe und Gegenrufe zwischen BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Lassen Sie mich das Thema Probleme der Banken ruhig aufnehmen! Was passiert mit der UniCredit? (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrätin Grimling und Bundesrat Längle.) Was ist gestern bei der UniCredit passiert? – Die UniCredit hat bekanntlich drei Banken in Österreich versenkt: die Zentralsparkasse, die Länderbank und den über 150 Jahre alten Creditanstalt-Bankverein, von der Familie Rothschild vor 150 Jah­ren gegründet. Die UniCredit-Aktie ist gestern in Mailand vom Handel ausge­setzt worden, weil der Fall des Aktienwerts ins Bodenlose geht. Das ist das Haupt­problem, mit dem wir hier in Österreich zu tun haben: Die Probleme der Eurozone, die über Italien nach Österreich schwappen werden. Das ist ein herannahender Tsunami, dem wir uns stellen müssen.

Die Erkenntnisse aus der Finanzkrise, abgesehen von den ökonomischen Faktoren, sind vor allem, dass wir uns gegen Durchhalteparolen verwahren. Dieses Gesetz ist so wichtig, damit bereits innerhalb der Banken im Sinne der Transparenz und der Unab­hängigkeit unabhängige Aufsichtsratsmitglieder innerhalb des Aufsichtsrates sicherge­stellt sind und damit Bereiche wie Controlling oder interne Revision gewissen Vorga­ben entsprechen, was auch nach außen dargestellt wird. Die Krise hat nämlich nicht am 15. September 2008 mit dem Bankrott von Lehman Brothers begonnen, sondern bereits ein Jahr vorher durch Northern Rock, die britische Bank, die in Schwierigkeiten gekommen ist.

Nur Durchhalteparolen – es wird schon werden, es wird schon gehen! – haben letztlich zu diesem Tsunami geführt, der dann erst im Oktober, 14 Tage nach der Lehman-Pleite, zu diesem Börsencrash geführt hat. Die Börse ist immer ein Frühwarnsystem, eine Erkenntnisinstitution, wie es um die Wirtschaft eines Landes bestellt ist. Dieses Gesetz ist – wenn auch vielleicht nur in einem ganz kleinen Ausmaß, im Mikrobereich – deshalb so wichtig, weil wir uns diese Durchhalteparolen, die es damals gegeben hat, jetzt nicht mehr leisten können.

In Italien passiert genau das – wir kriegen das jetzt täglich mit –, und da ist die Euro­päische Union schon auch in der Verantwortung. Vermutlich wird es auch ein Thema während der österreichischen Präsidentschaft werden, warum der Kauf von Staats­anleihen nicht in die Eigenkapitalquote von Basel III gerechnet wird und damit dieser Moral Hazard, wie wir ihn in Italien in den letzten Tagen, Wochen und Jahren fest­stellen konnten und mussten, nicht hintangehalten wird.

Ein Drittel der Staatsanleihen des italienischen Staates sind im Besitz der italienischen Banken, und diese wiederum verbriefen sie an französische Banken. Deswegen ist ja der französische Präsident Macron so an dieser Bankenunion interessiert, das heißt, dass Haftungen über das Land hinaus garantiert werden müssen, wogegen wir uns aussprechen, denn warum sollen österreichische Steuerzahler für kommende Pleiten italienischer Banken haften? Das muss hintangehalten werden! Das ist sicherlich ein Problem der Bankenunion.

Diese Haltung wurde in den letzten Tagen durch eine Unterschriftenaktion von 150 deutschen Ökonomen unterstützt, die sich gegen diese Bankenunion zwischen Juncker und Macron, wie sie hier angedacht wird, aussprechen. Die Frage ist nur, und das weiß eigentlich niemand – das ist wirklich interessant! –, wie Italien aus dieser Krise herauskommt beziehungsweise wie verhindert werden kann, dass diese nach Österreich hineinschwappt.

Die Ursache dieser Staatsverschuldung, dieser herannahenden Bankenilliquidität, sind wie immer Schuldenaufnahme, Schuldentitel – Schuldentitel am internationalen Finanz­markt, worüber Sie, Herr Kollege Weber, schimpfen. Das Recht haben Sie, aber Sie werden aus diesem Problem, wie wir eine Firewall zwischen Italien und Österreich installieren können, nicht herauskommen.

Die UniCredit ist das beste Beispiel: Wie kann man allen Ernstes drei österreichische Banken nach Italien verkaufen?! – Das ist ja ein Ding der Unmöglichkeit! Gesundes Familiensilber aus österreichischem Vermögen, was Ihnen vielleicht nicht so gefällt, wurde nach Italien verkauft! Die UniCredit ist mit der Bank Austria nach wie vor eine international angesehene Bank, aber die Probleme schwappen dann natürlich auch auf österreichische Unternehmen herüber, die ja von den Bankkrediten abhängig sind, deren Vergabe dann weiter restriktiv gehandhabt wird.

Es ist also wichtig, die Bankenunion zu überdenken, Schritte zu setzen, die Österreich vom italienischen Markt abschotten, damit nicht das passiert, was in Griechenland passiert ist: Europa hat insgesamt 230 Milliarden Euro Cash an Griechenland bezahlt. Der österreichische Anteil im Rahmen des ESM im Ausmaß von 2,76 Prozent beträgt circa 6 Milliarden Euro; bei Italien wären das über 2 Billionen Euro, und für Österreich wäre das in diesem Fall das Steueraufkommen eines ganzen Jahres. Da ist also sicher­lich Handlungsbedarf gegeben.

Auch vor dem Euro machen diese Probleme nicht halt; er verliert nämlich täglich 0,5 Pro­zent gegenüber dem US-Dollar. Solche Währungsschwankungen sind für Unterneh­men im Außenhandel nicht angenehm. Die herannahende Krise wird kommen. Die Frage ist, ob man sie lösen kann.

Diesem Gesetz stimmen wir natürlich zu. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.55

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich darf bereits jetzt den für den nächsten Tagesordnungspunkt zuständigen Herrn Bundesminister Heinz Faßmann ganz herzlich bei uns begrüßen. – Herzlich willkommen!

Als Nächster hat sich Herr Staatssekretär Dr. Hubert Fuchs zu Wort gemeldet. Ich er­teile es ihm.