12.45.26

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schulorganisationsgesetz, Schulun­ter­richtsgesetz, Schulpflichtgesetz und Land- und forstwirtschaftliches Bundesschul­gesetz sollen geändert werden. Ich freue mich, dass im Ministerium mit unserem Bun­desminister Faßmann Schule und Bildung wieder eine neue Zukunft im Interesse der Kinder und Jugendlichen bekommen. Dafür sind natürlich auch Regelungen erforder­lich, dafür ist es ganz einfach notwendig, dass an manchen Stellschrauben in der Bildungspolitik gedreht wird, um in eine gute Zukunft zu kommen.

Ich möchte auch im Hinblick darauf, dass wir im Ausschuss schon eine intensive Dis­kussion hatten, anmerken, dass es bei diesem Gesetz oder bei den Teilen und Inhalten dieses Gesetzes nicht um Prestigeüberschriften geht. Es ist zum einem, wenn ich auf die Schulpflichtverletzungen hinweisen darf, schon so, dass es ein sehr, sehr großes öffentliches Interesse daran gibt, dass die Regelungen betreffend Schulpflicht auf allen Ebenen eingehalten werden. Da geht es auch nicht darum, dass die Regierung, wie vorgeworfen wurde, abkassieren möchte. Das ist nicht das Thema.

Es wurde 2013 ein Fünfstufenplan eingerichtet und dieser soll eben gestrafft und effizienter gestaltet werden. Bei allem, was in diesem Fünfstufenplan enthalten ist, ist klar, dass alle Maßnahmen beibehalten werden – pädagogische Maßnahmen, soziale Maßnahmen – und die Strafe, die Verwaltungsstrafe ganz klar das letzte Mittel und die letzte Stufe ist. Es soll natürlich auch Mindeststrafen geben. Ich möchte unterstreichen, dass das wirklich eine notwendige Maßnahme ist.

Zum Zweiten: Deutschförderklassen wurden heute schon mehrmals angesprochen. Das Ziel, glaube ich, ist für uns alle: Wir wollen Schülerinnen und Schüler unterstützen, bestmöglich fördern und auch jedem Kind die besten Chancen in der Schule bieten. Ich glaube aber trotz alledem, dass wir bei dieser Thematik sehr wohl die Kirche im Dorf lassen müssen und uns in diesem Hohen Haus wirklich gut überlegen sollen, welche Begrifflichkeiten hier verwendet werden. Wir reden von Segmentierung, Separierung, Selektierung – das sind Wörter und Begriffe, die wirklich sehr, sehr negativ besetzt sind –, auch von Ghettoklassen. Es geht um eine Förderung. Es geht auch nicht da­rum, dass hier ein Bashing eines Bundeslandes oder unserer Bundeshauptstadt er­folgt, sondern es gibt ganz einfach Fakten, die Anlass dazu geben, entsprechende Unterstützungsmaßnahmen, eben Deutschförderklassen, einzusetzen. Worum es dem Herrn Minister geht, weiß er schon selber, lieber Kollege Stögmüller. Der Herr Bun­desminister weiß selber, was er tut, und er braucht hier keine Interpretation von deiner Seite, was seine Zielrichtung in diesem Zusammenhang ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Fakten sind natürlich auch da die Grundlage: Wir haben bundesweit 22,1 Prozent Einwohner mit Migrationshintergrund, 42,8 Prozent sind es in der Bundeshauptstadt. Wir haben Kinder mit einer anderen Umgangssprache als Deutsch, bundesweit hat jeder vierte Schüler Deutsch nicht als Umgangssprache. Rund jeder zehnte Schüler in diesem Land kann als außerordentlicher Schüler dem Unterricht nicht folgen, daher gibt es auch entsprechende Maßnahmen.

Frau Kollegin Gruber-Pruner hat im Ausschuss einen Satz gesagt, den ich mir gut ge­merkt und aufgeschrieben habe: In mehrheitlich deutschsprachiger Umgebung lernt man am besten. – Leider haben wir aber heute in vielen Schulen die Situation – und das ist nicht nur in Wien ein Problem, das ist auch in den ländlichen Regionen draußen so –, dass 50 und mehr Prozent der Schülerinnen und Schüler Deutsch nicht als Muttersprache haben. Sie haben dann natürlich auch keine mehrheitlich deutsch­sprachige Umgebung, daher ist das sicherlich ein Argument dafür, dass man sagen muss, weil es eben diese mehrheitlich deutschsprachige Umgebung in der Schule nicht gibt, müssen entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Es geht dabei auch nicht darum, dass irgendjemandem ein Stempel aufgedrückt wird. (Zwischenruf der Bundes­rätin Gruber-Pruner.)

Ich möchte Doris Vettermann von der „Kronen Zeitung“ kurz zitieren, sie hat am 14. April zu diesem Thema geschrieben – ich zitiere wörtlich –: „Gerade Wien, das einen hohen Anteil an außerordentlichen Schülern, also jenen, die nicht beurteilt werden, weil sie dem Unterricht nicht folgen können, hat, gerade Wien, das bei den Bil­dungsstandards im Österreich-Vergleich schlecht abschneidet, und gerade Wien, das den höchsten Anteil von Schülern in Privatschulen hat, sollte merken, dass es so nicht geht. Eigene Deutschklassen sind sicher kein Allheilmittel“. (Bundesrätin Grimling: Was ist mit den Privatschulen?) Das wissen auch wir, und das weiß auch der Herr Minister. Sie sind ein Weg, obwohl sie vielleicht der Wissenschaft da und dort ein Dorn im Auge sind, aber man kann dem offensichtlich nicht ganz auskommen. (Bundesrätin Gruber-Pruner: Das ist ja Unsinn!) Daher ist diese Maßnahme auch vom Herrn Bun­desminister eingebracht worden.

Ich glaube auch, dass diese Deutschförderklassen eine Win-win-Situation sind und sein werden. Sie garantieren den Kindern, die Deutsch sprechen, einen anständigen Unterricht, sie helfen gezielt Kindern mit Deutschdefiziten. Warum wissen wir das? – Wir haben ein Beispiel, auf das wir gut zurückgreifen können, weil es eine solche Maßnahme in Niederösterreich, in Wiener Neustadt schon gegeben hat. Dort wurden in einer Klasse mit 22 Schülern von 15 Schülern sieben unterschiedliche Sprachen ge­sprochen, und da wurde eben solch eine Deutschförderklasse eingerichtet. Da gibt es familiäre Situationen, in denen auch eine schlechte Sprachkompetenz gegeben ist, und natürlich gibt es auch verzweifelte Lehrer. Ich möchte mich dem Dank der Kollegin Hahn anschließen. Die Lehrerinnen und Lehrer haben in den letzten Jahren, in denen wir es mit einem großen Zustrom an Flüchtlingen zu tun haben, in denen wir zu kämp­fen haben, um dies zu bewältigen, wirklich großartige Arbeit geleistet.

Das Modell der gezielten Sprachförderung hat schon nach wenigen Monaten klar und deutlich gezeigt, dass sich die Sprachkompetenz um bis zu 70 Prozent erhöht hat und diese Kompetenz auch nach den Ferien gut weiterentwickelt worden ist. Daher ist das eine Win-win-Situation für alle.

Ich danke daher auch dem Herrn Minister noch einmal für das Engagement und für die Initiativen in diese Richtung. Ich möchte auch eindringlich dazu auffordern, keine Parteipolitik auf dem Rücken der Schulkinder zu machen. (Bundesrätin Grimling: Wer macht denn das? – Beifall der Bundesrätin Hahn.) Wer gegen Deutschklassen ist, steht der Zukunft der Schüler im Weg; das wollen wir nicht, und daher werden wir diesen Gesetzesänderungen auch sehr, sehr gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.53

Vizepräsident Ewald Lindinger: Herr Bundesrat Michael Wanner ist zu Wort gemel­det. – Bitte.