14.54.23

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rede von Frau Kollegin Reiter hat sich von der Rede des Kollegen Steiner wohltuend abgehoben. Ich möchte Ihnen, Frau Kollegin Reiter, für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute wün­schen und Ihnen auch ganz herzlich für Ihre sachlichen, überlegten Beiträge danken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic, Reiter und Stögmüller.) – Ja, das ist wirklich einen Applaus wert. Es tut mir wirklich sehr leid, dass Sie das Hohe Haus verlassen.

Ich stimme Ihnen absolut zu, dass Handelsabkommen einer ganz genauen Prüfung unterzogen werden sollen, nämlich dahin gehend, also so würde ich es sehen, dass nicht Produkte auf den europäischen Markt kommen, bei denen die ökologischen und sozialen Mindeststandards nicht erfüllt sind. Das dürfen wir nicht zulassen. Dahin ge­hend müssen Handelsabkommen genauestens durchleuchtet werden, sonst konter­karieren wir natürlich automatisch unsere Standards und machen unsere Betriebe auf lange Sicht konkurrenzunfähig. Es dürfte sich auch in Kreisen der selbsternannten Wirtschaftspartei noch nicht herumgesprochen haben, dass man den eigenen Betrie­ben Schaden zufügt, wenn man es zulässt, dass Produkte auf dem europäischen Markt, auf unserem gemeinsamen Markt gehandelt werden, die ökologische und so­ziale Mindeststandards nicht erfüllen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die komödiantische Einlage des Kollegen Steiner motiviert mich dazu, den Kolleginnen und Kollegen der FPÖ die Frage zu stellen: Was hat Ihnen die ÖVP wirklich dafür gegeben, dass Sie Ihre Wählerinnen und Wähler so verraten (Rufe bei der FPÖ: Das ist eine Unterstellung!), wie Sie das tun? Ich kann Ihnen diese Frage nicht ersparen, denn der Preis muss wirklich sehr, sehr hoch gewesen sein (Bundesrat Samt: Das ist ja unerhört, was man sich da die ganze Zeit anhören muss!), wenn Sie Ihre bisherigen unverrückbaren Grundsätze und Bedingungen, O-Ton Strache, so über Bord werfen. (Bundesrat Steiner: Das war die Verhinderung einer Regierungsbeteiligung der SPÖ! Die haben wir damit sicher­gestellt!) Ich konfrontiere Sie noch einmal mit der Aussage von Heinz-Christian Strache: „Eine Volksabstimmung über Ceta ist Koalitionsbedingung.“

Ein Aufheben des Rauchverbotes allein kann es nicht gewesen sein, das wäre zu billig; so ein schlechtes Verhandlungsergebnis traue ich Ihnen auch nicht zu. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Da muss also wirklich mehr - - (Bundesrat Samt: Hören Sie auf, Verschwörungstheorien zu ...!) – Ja, das ist unangenehm für Sie, ich weiß. – Da muss wirklich mehr über den Ladentisch gegangen sein, wahrscheinlich das eine oder andere Amterl und Posterl auch (Bundesrat Steiner: Euch in der Regierung haben wir verhindert!), sonst kann ich mir das wirklich nicht erklären.

Frau Kollegin Mühlwerth, an Ihrer Stelle würde ich ganz, ganz leise sein. (Bundesrätin Mühlwerth: Das überlassen Sie mir!) – Sie sind dann eh mit Ihren Beiträgen - - (Neuerlicher Zwischenruf bei der FPÖ.) Sie melden sich eh nicht offiziell zu Wort, sondern mit einzelnen Zwischenrufen. Ich darf auch Sie zitieren (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, ist gut, machen Sie das!): „Jener Teil von CETA, der ins Parlament kommt, muss einem Volksentscheid unterzogen werden.“ – So werden Sie im „Profil“ zitiert. Da muss ich Sie schon fragen: Was ist Ihr Wort wert, Frau Kollegin Mühlwerth? (Ruf bei der SPÖ: Nichts!) Diese Frage kann ich Ihnen nicht ersparen.

Sie wollen jetzt im Eilverfahren via Fristsetzung – jetzt im Nationalrat am 14.6., wenn man sich das im Fristenlauf ansieht, dann im Bundesrat am 28.6. – für dieses Abkommen grünes oder, besser gesagt, türkis-blaues Licht geben, aber in Bausch und Bogen, nicht nur für den Handelsteil, der ja nicht so schlecht ist, da gebe ich der Frau Ministerin vollkommen recht. Für unsere exportorientierte Wirtschaft kann und wird das sicherlich nützlich sein. Deshalb hat auch die Vorgängerregierung unter Bundeskanzler Christian Kern dazu ihre Zustimmung signalisiert. (Bundesrätin Mühlwerth: Ach ja?) Kollege Novak, dem ich übrigens ganz herzlich zum heutigen Geburtstag gratuliere (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller), hat das auch eingehend erläutert.

Sie geben aber Ihr türkis-blaues Licht auch für diese Konzernklagerechte, die die Frau Ministerin irgendwie verharmlosend dargestellt hat. Dabei geht es doch um nichts weniger als um Klagsmöglichkeiten gegen unsere hohen Standards im Bereich der Gesundheit, im Bereich der Lebensmittelsicherheit, im Bereich des Umweltschutzes und so weiter. Unsere hohen Standards könnten einfach den internationalen Klagen ausgesetzt werden.

Sie geben da gewissermaßen eine Blankounterschrift, denn in vielen Punkten sind diese künftigen rechtlichen Möglichkeiten noch gar nicht ausreichend bestimmt, was noch weitere hohe Risken birgt. Es ist auch schon ausführlich über den Zeitplan de­battiert worden; diesbezüglich hat der ehemalige Kanzler Kern eine Auslegungs­erklärung erreicht – eben 2016, das ist schon alles gesagt worden –, genau für diesen strittigen Punkt. Er hat noch ganz klar Vorbehalte gegen den finalen Abschluss geäußert. (Bundesrätin Mühlwerth: Er hat das alles so super gemacht! Eh klar!) Dazu haben auch die Landeshauptleute ihre Bedenken geäußert.

Wir sind hier die Länderkammer; es ist ein Auftrag, diese Bedenken ernst zu nehmen, weil sich natürlich auch die Landeshauptleute fragen, wie es mit der Souveränität in den Ländern weitergeht. (Bundesrätin Mühlwerth: Das war eurem Kern auch ...! Die Mitgliederbefragung war auch null und nichtig! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Auf Bundesebene ist es Ihnen wurscht (Bundesrätin Mühlwerth: Alles Larifari!), aber Sie sind ja hier in der Länderkammer, hier haben Sie auch den Auftrag der Länder und der Ländervertretungen entsprechend ernst zu nehmen. Das ist unser Auftrag hier im Bundesrat, und den nehmen wir von der SPÖ-Fraktion sehr, sehr ernst. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Seit wann?) – Sie offensichtlich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es sind noch einige Fragen offen, über die sich die Frau Ministerin – bei allem Respekt – ein bisschen hinweggeschummelt hat. Es ist einiges offen: Wer entscheidet in Streitfällen dann wirklich? – Tribunal ist vielleicht ein nicht so unzutreffender Aus­druck, es ist ein Sondergericht. Wir wissen noch nicht wirklich hundertprozentig, wie es zusammengesetzt sein wird, denn es ist von der Befähigung zum Richteramt oder Vergleichbarem die Rede. – Was ist „Vergleichbares“?

Weitere Fragen sind: Wie werden denn die Entscheidungsträger und -trägerinnen tatsächlich entlohnt? Wer sind die? Wie steht es mit allfälligen Abhängigkeits­ver­hältnissen? – Es ist nämlich nicht unbedingt so anders als bei TTIP, wo dann vielleicht auch Anwälte aus Kanzleien berufen werden könnten, die zwar die grundsätzliche Befähigung zum Richteramt, Richterinnenamt haben, aber vielleicht doch direkt oder indirekt in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, weil halt irgendwie Auftragsverhält­nisse zu Konzernen bestehen, die unter Umständen auch involviert sind. Also da wird schon in vielen Bereichen die Katze im Sack gekauft. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Es ist zum Beispiel auch ein Passus enthalten – Sie, Frau Ministerin, haben das ein bisschen vereinfachend dargestellt –, nämlich was das vereinfachte Vertragsände­rungs­verfahren betreffend diesen Gemischten Ausschuss angeht, der eben fifty-fifty von der EU und Kanada besetzt wird. Da ist auch die Möglichkeit inkludiert, den Ver­trag anzupassen, abzuändern, ohne dass das jemals ein Parlament zu Gesicht bekommt. Das sollten Sie sich schon auch vor Augen führen, wo Sie doch sogar eine Volksabstimmung gefordert haben. Und jetzt soll nicht einmal mehr ein Parlament mit allfälligen künftigen Vertragsänderungen befasst werden!

Ich sehe schon, Frau Kollegin Mühlwerth, dass Sie mir da nicht einmal in die Augen schauen können und mir den Rücken zudrehen, denn das ist wirklich eine unange­nehme Geschichte für Sie. (Bundesrätin Mühlwerth sitzt mit dem Rücken zur Rednerin und spricht mit Bundesräten ihrer Fraktion in der Sitzreihe hinter ihr.) Gell, Frau Kollegin? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Krusche: Das ist nur Langeweile! – Bundesrätin Mühlwerth: Sie langweilen mich zu Tode! Das ist der Grund! Man soll sich nicht selbst überschätzen, Frau Kollegin!) Ich kann Ihnen diese Vorhaltungen wirklich nicht ersparen.

Die FPÖ hat immer wieder anderen Parteien vorgeworfen, Vorzugsschüler, Vorzugs­schülerinnen sein zu wollen, wenn es um EU-Rechtsmaterien, um Umsetzungen und so weiter geht. Aber was tun denn Sie jetzt? – Sie biedern sich völlig an, bei den Ersten dabei zu sein, die Ceta durchwinken – noch dazu in Bausch und Bogen, ohne dass wesentliche Fragen wirklich restlos geklärt sind, und katapultieren uns zurück hinter den Status von 2016. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Genau!) Das muss auch gesagt werden: Sie katapultieren uns zurück und sind unter Umständen vielleicht sogar noch stolz darauf. Sie sollten sich schämen, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

15.05

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Eduard Köck. Ich erteile es ihm.