11.10.18

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und vor den Bildschirmen! Nachdem ich heute zum Abschluss der Wiener Präsidentschaft im Bundesrat die Rede unseres Bundesratspräsidenten Reinhard Todt und die Rede unseres Landeshauptmannes und Bürgermeisters Michael Ludwig gehört habe, kann ich mit noch größerer und vollster Überzeugung sagen: Ich bin stolz darauf, von meinem Land Wien in den Bundesrat entsandt worden zu sein, ich bin stolz darauf, Wiener Bundesrätin zu sein!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es heute schon gehört, Wien wurde 2018 zum neunten Mal in Folge zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt. Damit steht Wien seit 2009 durchgehend an der Spitze dieses Rankings, und das zu Recht.

Was aber bedeutet lebenswert? – In Wien gibt es eine einwandfreie Strom- und Was­serversorgung, ein sehr gutes öffentliches Verkehrsnetz, tolle Freizeitangebote, von der Gastronomie über Kunst und Kultur. Lebenswert bedeutet aber noch viel mehr als das: Lebenswert ist eine Stadt oder eine Region erst dann, wenn sie die Menschen, die in ihr leben, in den Mittelpunkt stellt, wenn sie Zusammenhalt und damit auch die so­ziale Sicherheit allem anderen voranstellt. Lebenswert ist eine Stadt, wenn ihre Bür­gerinnen und Bürger gute Arbeit haben, wenn sie gesund sind, in Kindheit und Alter unterstützt und in Notsituationen aufgefangen werden. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gleichsam eine soziale und eine politische Frage.

Arbeitslosigkeit und Armut sind kein Schicksal, denn wir können sie verhindern. Als Politikerinnen und Politiker haben wir das Werkzeug dazu in der Hand, unsere Gesellschaft zu gestalten; damit ist es unsere Pflicht, Maßnahmen zu setzen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Wohl aller Menschen in unserem Land zum Ziel haben. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

Es freut mich ganz besonders, dass gerade Wien ein absolutes Vorzeigemodell ist, wenn es um den verantwortungsvollen Umgang mit seinen Bewohnerinnen und Bewohnern geht. Wien beantwortet die soziale Frage. Wien beantwortet diese Frage mit einem sozialen Sicherheitsnetz, einem Netz, das nicht durchlöchert, sondern Tag für Tag dichter gewebt wird. Ich denke dabei etwa an die Mindestsicherung als ganz wesentlichen Faktor zur Armutsbekämpfung, insbesondere zur Bekämpfung von Kin­der­armut. Ich denke an den sozialen Wohnbau, der leistbaren Wohnraum und soziale Durchmischung schafft und damit positiv zur sozialen Sicherheit in Wien beiträgt, und ich denke an das einmalige Angebot an kostenloser Kinderbetreuung sowie an die Gratisnachhilfe. Diese Liste ist lange fortsetzbar.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, noch einmal vielen Dank für deine Arbeit und die bisherige Arbeit deiner Stadtregierung! Genau so geht Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Auch im Bereich der digitalen Welt steht Wien für eine offene Stadt. Zum Beispiel be­teiligt sich Wien mit den Städten Lyon und München unter dem Titel Smarter Together an dem gemeinsamen EU-Projekt Smart Cities. Die Plattform smartdata.wien dient verschiedensten Smart-City-Projekten in den Bereichen Energie, Gebäude und Mobilität. Auch mit der Wien-Live-App hat die Stadt ihr digitales mobiles Angebot be­reits erweitert. Mit dem Wien-LAN baut die Stadt Tag für Tag ihr frei nutzbares und öffentliches Internet aus. Diese Maßnahmen sind ein gutes Vorbild dafür, wie die Digitalisierung der Allgemeinheit zum Nutzen gemacht werden kann.

Es braucht aber mehr als das, und da stimme ich euch ebenfalls zu, Herr Bun­desratspräsident und Herr Landeshauptmann! Wir stehen aktuell in Österreich vor der Herausforderung, neue Arbeitsverhältnisse rechtlich zu regeln. Gerade durch den digitalen Wandel sind neue Berufsgruppen und Beschäftigungsverhältnisse entstan­den, die die Gefahr von prekären Beschäftigungen mit sich bringen.

Ich bin der Meinung, dass jede Form von Arbeit, egal ob selbstständig oder unselbst­ständig, arbeits- und sozialrechtliche Mindeststandards erfüllen muss. Um dieses recht­liche Vakuum zu füllen, ist die Sozialpartnerschaft jetzt ganz stark gefordert, um den Dialog zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden herzustellen. Der Schnell­schuss der Bundesregierung mit dem 12-Stunden-Arbeitstag ist diesem Dialog und damit der sozialen Sicherheit in unserem Land wohl sicherlich nicht dienlich.

Abschließend möchte ich auf das föderalistische Prinzip unseres Landes eingehen. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, als Mitglieder des österreichischen Bundesrates ist uns allen der Wert des Föderalismus im Interesse unserer Bun­desländer sehr bewusst, und dabei steht fest: Unser aller Schwerpunkt muss darauf liegen, die Grundwerte und Grundrechte für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewähr­leisten. Damit schaffen wir die Basis für ein gutes Miteinander.

Um diese zentrale demokratische Forderung auch zur gelebten Realität zu machen, bedarf es der aktiven Mitwirkung der Länder und der Länderkammer. Im Sinne einer gelebten Demokratie ist es unsere Aufgabe, als Vertreterinnen und Vertreter der Länder die Anliegen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger zu erfassen und in den unterschiedlichsten Gremien und Vertretungen einzubringen.

Mitbestimmung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das zentrale Element der Demokratie; es entspricht ihrem Prinzip, unsere vielfältige Gesellschaft in parla­men­tarischen Gremien widerzuspiegeln. Unser Ziel muss also sein, den Bundesrat als gesetzgebendes Gremium noch weiter zu stärken und in der öffentlichen Wahr­neh­mung präsenter zu machen, denn leider wird der österreichische Bundesrat trotz seiner essenziellen Rolle in der österreichischen Demokratie und trotz seiner klar defi­nierten Aufgaben nicht immer als wesentlicher Entscheidungsträger im demokratischen Pro­zess dargestellt.

Es ist unsere Aufgabe als Bundesrätinnen und Bundesräte, gemeinsam mit euch Lan­deshauptleuten die wichtige Arbeit des Bundesrates für die Österreicherinnen und Österreicher sichtbar zu machen und dem Bundesrat damit den Stellenwert zu geben, der ihm zusteht. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Mayer und Dziedzic.)

11.19

Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Edgar Mayer. – Bitte.