13.46.27

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, heute hier zu sein und mit Ihnen über das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada zu diskutieren. Danke für Ihre Stellungnahmen! Lassen Sie mich auf fol­gende Punkte eingehen:

Europa muss in der Außenwirtschaft stark sein und muss diese selbst gestalten. Die vergangenen Tage, Wochen und Monate haben uns gezeigt: Wir brauchen neue Partnerschaften, wir brauchen Partnerschaften, die uns stärken, wie Partnerschaften mit Kanada oder auch mit anderen Ländern. Das ist besonders wichtig, weil wir uns auf einen Partner, den wir international haben, nämlich die USA, nicht mehr so verlassen können, wie das in der Vergangenheit der Fall war.

Wir müssen unsere Wirtschaft unterstützen, und wenn wir sagen, wir müssen die Wirt­schaft unterstützen, heißt das, es geht um die Arbeitsplätze in Österreich. Es geht dabei um jeden einzelnen Arbeitsplatz, in den großen Unternehmen wie in den kleinen Unternehmen, in jenen Unternehmen, die exportieren. Immerhin hängt jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich vom Export ab; und das ist mir besonders wichtig.

6 von 10 Euro des Bruttoinlandsprodukts werden durch die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter in den Unternehmen, die im Export und im Import arbeiten, generiert. Es ist, glaube ich, wichtig, dass wir ihnen den gebührenden Respekt, die gebührende Be­achtung zollen und die besten Chancen und Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie ihre Arbeitsplätze behalten können und dass noch weitere geschaffen werden.

Kanada ist ein Industrieland, ein Partnerland. Schauen wir uns einmal gemeinsam an, was wir bisher mit Kanada tun: Es ist die achtwichtigste Exportdestination in Übersee. Nach Kanada exportieren 1 400 österreichische Unternehmen, 125 österreichische Nie­der­lassungen gibt es in Kanada, und es produzieren 14 österreichische Unterneh­men unmittelbar in Kanada. Das sind keine Großunternehmen, sondern durchwegs mit­tel­ständische Unternehmen, die in Kanada aktiv sind. Es sind also nicht die Kon­zerne, sondern die mittelständischen Unternehmen, die diese Abkommen brauchen.

Schauen wir uns auf der anderen Seite kanadische Unternehmen bei uns in Österreich an. Sie wurden schon genannt. Darunter sind die Firmen Bombardier, Magna, BRP-Rotax. Gemeinsam beschäftigen sie 20 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch da geht es uns wieder um diese Arbeitsplätze, die Innovation, den Fortschritt und die Entwicklung in diesen Unternehmen. Diese drei Unternehmen alleine investieren sehr viel in Forschung und Entwicklung. Sie haben Innovationsstandorte. Sie bringen Pro­duktion zurück nach Österreich, die schon verloren geglaubt war. Es entstehen dabei nicht nur die ganz hochwertigen Arbeitsplätze, sondern Arbeitsplätze für alle Öster­reicherinnen und Österreicher in diesen Unternehmen. Ich bedanke mich bei diesen Unternehmen und auch bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Lassen Sie uns zum nächsten Thema gehen, nämlich zum Thema hohe Standards: Das vorliegende Abkommen sichert hohe Standards im Lebensmittelbereich sowie in den Bereichen Produktion, Verbraucherschutz, Gesundheit, Umweltschutz und Arbeits­schutz. Es ist ein hochqualitatives Abkommen. Auch was die Daseinsvorsorge betrifft, sind die öffentlichen Dienstleistungen, wie schon erwähnt, sichergestellt, auch dafür ist Vorsorge getragen. Die hohen Standards, die wir haben, und die Rechtssicherheit, all das ist sehr wichtig und ist in diesem Abkommen sichergestellt.

Wenn Zölle wegfallen, ist das immer etwas Gutes. Gerade jetzt, kurz vor der EU-Ratspräsidentschaft, ist es Zeit, ein Signal zu senden, nämlich in dieser Verantwortung für die Menschen in Europa, die darauf hoffen, dass wir es schaffen, mit anderen Regionen Handel zu treiben, und die darauf setzen, dass wir Zölle abbauen und nicht, wie jemand in den USA, Zölle schaffen. Wie richtig gesagt wurde, führen Zölle immer nur dazu, dass es teurer wird. Es wird teurer für den Konsumenten, es wird teurer für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen, die ihre Gehälter für Pro­dukte ausgeben müssen. Darum ist es so gut und wichtig, dass Zölle durch dieses Ab­kommen wegfallen, nämlich 100 Prozent bei Industriewaren und 95 Prozent bei Agrar­waren.

Wenn wir uns anschauen, wie sich der Export seit dem Inkrafttreten des ersten Teils von Ceta – und ich komme dann zum zweiten Teil – seit Oktober entwickelt hat, so sind es tatsächlich 24,4 Prozent mehr an Exporten bei Handelswaren. Bei den Lebens­mittelexporten – das ist ein ganz wichtiger Punkt für die Bauern und für die lebens­mittelverarbeitende Industrie – gibt es tatsächlich ein Plus von 41,9 Prozent.

Schauen wir uns an, welche Unternehmen da profitieren: Das erste Beispiel ist eines aus der Steiermark, nämlich die  Firma Haindl Alois – Kunstmühle. Die Firma exportiert Kernöl nach Kanada, hat sieben Mitarbeiter und sagt uns, dass sie bereits die beiden letzten Lieferungen ohne Tarife machen konnte, dass sie mehr Arbeitsplätze schaffen wird und dass es mehr Möglichkeiten für sie gibt.

Wir liefern also Kernöl nach Kanada, aber verstärkt auch hochwertig verarbeitete Pro­dukte. In Oberösterreich gibt es zum Beispiel die Firma Praher Plastics, die sogar 50 Mit­arbeiter in ihrer Produktionsniederlassung in Kanada hat. Auch dieses Unter­nehmen verzeichnet einen Anstieg, und es ist ganz wichtig, dass wir all diese Unter­nehmen unterstützen.

Nun zum Thema Investitionsschutz: Der Investitionsschutz ist gerade für die mittel­stän­dischen Unternehmen ein ganz wichtiger Bereich. Da das angesprochen wurde, möchte ich darauf hinweisen, dass bereits im Jänner der österreichische Verfassungs­dienst – da liegt auch ein entsprechendes Gutachten vor – eine Stellungnahme im Verfahren abgegeben hat, in der die bestehenden Bestimmungen als rechtskonform beurteilt werden. Dieses Ergebnis vertreten unter anderem auch der Rechtsdienst der Europäischen Kommission, der Rechtsdienst des Rates sowie die Rechtsdienste unter anderem von Frankreich, den Niederlanden und auch jener von Deutschland.

Wenn man die Geschwindigkeit betrachtet, wie wir vorgegangen sind, so sehe ich dem eine gute und sehr umfassende Diskussion vorangehen. Wir sind auch nicht das erste Land, das das macht, wir sind das zwölfte Land. Kurz vor uns hat Finnland das gemacht, vor ein paar Tagen habe ich mit dem britischen Kollegen gesprochen, und auch die sind so weit und haben es beschlossen. Wir sind also durchaus nicht sehr schnell, wir sind im guten Mittelfeld.

Uns ist es wichtig, sowohl die Investitionen zu schützen als auch die Arbeitsplätze in Österreich, und da geht es uns wirklich um jeden einzelnen Arbeitsplatz, jeder Arbeitsplatz ist etwas wert.

Zu den Investitionsgerichten: Wie sind diese zusammengesetzt? Es ist ein großer Unterschied zwischen einem Schiedsgericht und einem Investitionsgerichtshof. Wir haben zum ersten Mal die Chance – und das ist sehr, sehr wichtig, besonders im Zusammenhang mit den Entwicklungen in den USA –, dass wir etwas schaffen, das permanent eingerichtet ist, mit permanenten Richtern, die auf fünf Jahre bestellt werden, wobei diese Richter nicht nur von Kanada und Europa bestimmt werden, son­dern zu einem Drittel auch von unabhängiger Seite.

Es ist also ein wichtiger, wesentlicher und positiver Schritt in eine Richtung, die uns in Zukunft absichern kann vor Veränderungen, die wir alle nicht wollen, vor denen wir aber stehen und auf die wir manchmal keinen Einfluss haben – etwa, wie es mit den USA weitergeht.

Aus unserer Sicht ist das ein wesentlicher Schritt in eine richtige Zukunft, um Arbeits­plätze zu schaffen und zu stützen, um Sicherheit für Investitionen zu geben, für Groß­unternehmen wie für mittelständische Unternehmen und für kleine Unternehmen in Vorarlberg und im Burgenland, in Wien, über ganz Österreich und letztendlich in der gesamten EU. Diese Verantwortung übernehmen wir gerne. So bitte ich Sie sehr um die Zustimmung zu diesem gemeinsamen Projekt, damit wir da positiv vorankommen und auch die Wirtschaft und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen unterstützen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.56