14.22.15

Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Meine werten Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Kollege Hammerl hat schon sehr viel aus dieser Jahres­vorschau Ihres Ministeriums, Frau Bundesministerin, berichtet. Die Grundlage zu diesem Bericht beziehungsweise zu dem Arbeitsprogramm sind ja die drei Programme, also das 18-Monats-Programm der Trioratspräsidentschaft, dann das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und auch das Arbeitsprogramm der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft für das erste Halbjahr.

Wir sind in diesem Bericht ja schon mittendrin, wir könnten eigentlich schon einige Dinge fragen, könnten Sie fragen, was schon erledigt ist. Aber Sie, beziehungsweise das Ministerium, haben es sich zur Aufgabe gemacht, für Österreich oder in Österreich Schwerpunkte zu setzen: die Innovation und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen als großen Schwerpunkt, die Vertiefung des Binnenmarktes, und man räumt der Digitalisierung, wie Sie, Herr Kollege Hammerl, schon ausgeführt haben, hohe Priorität ein.

Auf EU-Ebene setzt man auf vier Schwerpunkte: die Vollendung des digitalen Bin­nenmarktes – das soll schon bis Ende 2018 passieren –; die Festlegung der dualen Berufsausbildung – als wirkliches Aushängeschild unserer österreichischen Bemühun­gen – in Europa, auf europäischer Ebene; eine Energiestrategie für einen sanften Über­gang zu einer kohlenstoffarmen Produktion sowie einen starken Wirtschafts­stand­ort Österreich in diesem Europa mit den Themen künstliche Intelligenz und Robotik. Dabei will man eben das Zeitfenster der Ratspräsidentschaft ab 1. Juli nutzen, um diese Schwerpunkte voranzutreiben.

In der Außenhandelsstrategie setzen Sie eher auf Synergieeffekte. Man suche, wie man heute gehört hat, neue, qualifizierte Wirtschaftspartnerschaften. Vor allem zielt man aber darauf ab, mittelständische Unternehmen international zu stärken. Man will auf internationaler Ebene in Form einer strategischen Kommunikation für einen ein­heitlichen Auftritt sorgen.

Ich möchte auf ein paar Themen eingehen, vor allem im Zusammenhang damit, wie Österreich – so wie Sie hier im Bericht anführen – die Ratspräsidentschaft nutzen möchte, in welche Richtung es gehen kann.

Das erste Thema sind „Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen“. Da will man das Europäische Semester fortführen – von dem die meisten Aktivitäten allerdings in die jeweils erste Jahreshälfte fallen –, aber vor allem, und das ist auch angesprochen wor­den, sind die Verhandlungen des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021+ zu führen, wobei die Verhandlungen sicher anstrengend sein werden, da sie ja vom Austritt des Ver­einigten Königreichs geprägt sind, wodurch Mittel wegfallen. Hinsichtlich der öster­reichischen Position war inzwischen zu vernehmen: Wir wollen nicht mehr einzahlen – oder doch mehr einzahlen. Wir wollen mehr für den Grenzschutz – oder doch weniger. Wir wollen der Landwirtschaft die Mittel nicht wegnehmen. Wir wollen mehr für For­schung und Innovation. – Es wird ein Kunststück werden, dies auch zusammen­zu­bringen.

Sie haben besonders die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen angeführt. Österreich arbeitet anscheinend schon an einem Konzept eines offenen Innovations­prozesses und will da konkrete Empfehlungen abgeben. Allerdings steht auch drin­nen – und das ist beachtlich –, dass in der EU 2018 ein Finanzrahmen von 319 Mil­lionen Euro an Mitteln im Cosme-Programm für den Zugang von KMUs zu Märkten und Finanzmitteln zur Verfügung steht. Österreich profitiert davon sehr und hat sich aus diesen Mitteln auch sehr viel Geld rausnehmen können. Dieses Programm wird allerdings derzeit gerade evaluiert, und ein Nachfolgeprogramm soll erst präsentiert werden.

Die Binnenmarktstrategie zielt auf eine Vertiefung ab und ist Österreich laut Ihrem Programm ein zentrales Anliegen. Da legt Österreich den Fokus auf die Verbesserung des Unternehmertums, der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, der Finanzierungs­möglichkeiten, vor allem für Start-ups und KMUs, sowie auf ein unternehmensfreund­liches und bürgernahes Regelungsumfeld. Österreich wird bei diesen Verhandlungen auf die Vorschläge warten und dann weiter fortsetzen.

Ganz wichtig ist vielleicht noch, was Österreich vorantreiben möchte: Wir hatten ja jetzt im EU-Ausschuss die Notifizierungsrichtlinie auf der Tagesordnung, betreffend die wir als Bundesrat unsere Bedenken in einer Mitteilung zum Ausdruck gebracht haben, aber auch die Länderstellungnahmen sind dahin gehend, dass da noch große Be­denken bestehen. Man hat hier also einiges zu tun, will man das in der zweiten Halbzeit beziehungsweise in unserer Ratspräsidentschaft umsetzen.

Zum Warenpaket: Hierbei geht es um den Abbau von Handelshemmnissen durch eine stärkere Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von nicht oder nur teilweise harmonisierten Waren. Da wartet man auch noch vergeblich auf Vor­schläge, die behandelt werden sollen.

Wir setzen auch auf die Subsidiarität. Neben anderen Maßnahmen will Österreich eine nationale Expertenkonferenz zu diesem Thema in Wien abhalten, um dieses Thema voranzubringen.

Die Ausbildungskooperation und die Lehrlingsmobilität sind, wie bereits angeführt wurde, ein großes Anliegen Österreichs. Die Europäische Ausbildungsallianz besteht ja heuer schon das fünfte Jahr. Dazu gibt es heuer im Oktober eine große Festver­anstaltung in Wien, und die weiteren Grundlagen für die europäische Zusammenarbeit 2020 bis 2030 beziehungsweise deren Ausgestaltung stehen auf der Agenda der österreichischen Ratspräsidentschaft.

Zum Thema der Digitalisierung wurde hier schon vieles angeführt, weshalb ich mich dazu kurz halten möchte. Es gibt schon seit 2015 die Vorschläge für die Legislative, aber auch für die politischen Initiativen, und es geht jetzt eigentlich nur um die Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat. Österreich möchte die Fort­führung dieser ambitionierten Agenda vorantreiben und vor allem die Themen zen­trales Zugangstor, freier Datenfluss und Onlineplattformen abschließen.

In der Außenwirtschaft geht es vor allem um multilaterale Handelssysteme, und da hat Österreich sich zum Ziel gesetzt, und zwar im Anschluss an die 11. WTO-Minister­kon­ferenz, bei der überschaubare Beschlüsse gefällt wurden, diese Aufgaben fortzuset­zen.

Die Initiative zur Schaffung eines multilateralen Investitionsgerichtshofes – das ist heute schon angesprochen worden – ist eine große Herausforderung. Darüber, wie das im Endeffekt wirklich aussehen wird, sollen die Verhandlungen beginnen.

Bei den EU-Erweiterungsverhandlungen – das möchte ich noch erwähnen – setzt Öster­reich eher auf die Westbalkanstaaten beziehungsweise auch auf eine klare Politik gegenüber der Türkei. Politische Priorität bleibt die Heranführung der Westbalkan­re­gion an die EU, ergänzt und unterstützt durch den Berlinprozess.

Die Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königsreichs, also von Großbri­tannien, sollten oder müssten im Herbst abgeschlossen werden, damit das Abkommen dann vor dem 29. März 2019 von den EU-Organen und von Großbritannien genehmigt werden kann. Auch das ist eine Herausforderung.

Wie ich jetzt skizziert habe und Ihrem Bericht entnehmen konnte, gibt es viele Heraus­forderungen, und wir laden ein, die Sozialdemokratie in der Diskussion auf gleicher Augenhöhe mitzunehmen. Wir werden diesen Bericht betreffend diese Vorhaben zustimmend zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

14.31

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich erteile es ihm.