14.51.40

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte! Werte Gäste auf der Galerie! Lassen Sie mich, vor allem weil so viele junge Menschen zusehen, damit beginnen, zu begründen, warum wir das alles tun! Warum tun wir, was wir tun, warum setzen wir uns ein, übernehmen wir Verantwor­tung? – Für die nächste Generation.

Gerade beim Thema Digitalisierung ist es oft so, dass uns junge Leute, die in diese Welt hineingeboren wurden, fragend anschauen, wie es denn sein kann, dass man früher anders gelebt hat. Ich erzähle dann immer das Beispiel vom Vierteltelefon – einige von Ihnen kennen es noch, ein paar von denen, die hier zuhören, wahrscheinlich nicht mehr. So hat sich etwas sehr stark weiterentwickelt, die digitale Transformation geht rasch voran. Alle 250 Jahre passiert etwas, dass sich das Leben so verändert, dass eine Generation sich nicht mehr vorstellen kann, wie die vorige gelebt hat.

Ich spreche aus Erfahrung, denn in meiner Familie war mein Vater im Sommer und auch zur Schule noch in Lederhosen und ohne Schuhe unterwegs. Wir hatten Schwarz­weißfernsehen, und das erste Auto hatten wir erst, als ich elf, zwölf Jahre alt war. Diese Veränderung wirkt sich in allen Lebensbereichen sehr, sehr stark aus, und so ist es unsere Aufgabe, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen und Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit – hier kommt es wieder auf die Arbeitsplätze an – und das Leben der Familien gut abzusichern.

Europa und die EU sind eine führende Handelsmacht, wir sind ein großer Binnenmarkt, wir sind immer für das Thema Innovation und Fortschritt gestanden. Deshalb ist es so wichtig, dass wir das Thema digitale Wirtschaft voll ausschöpfen und dass wir die wesentlichen Eckpfeiler entsprechend setzen.

Der erste ganz wichtige Punkt ist, dass uns die Digitalisierung eine großartige Chance bietet. Sie bietet uns die Chance, Arbeitsplätze nach Europa zurückzuholen, Arbeits­plätze, die schon verloren geglaubt waren, Arbeitsplätze vor allem auch in der Indus­trie, indem wir die Industrie zurückholen. Wir sprechen von der Reindustrialisierung Europas mithilfe neuer Methoden wie Artificial Intelligence oder auch Robotics. Es ist unsere Aufgabe, das in Europa gut zu nutzen, und das ist sicher ein Schwerpunkt der Aufgaben während meiner Teilhabe an der EU-Präsidentschaft. Wir haben dazu zwei großartige Beispiele, eines ist die Voest. Das modernste, fortschrittlichste und inno­vativste Stahlwerk der Welt wird nicht in Amerika oder in China stehen, sondern bei uns in der Steiermark in Kapfenberg.

Das zweite Beispiel ist Infineon. Dort ist es uns gelungen, eine Investition von 1,6 Milliarden Euro für Österreich abzusichern und rundherum neue Arbeitsplätze zu schaffen. Auch dieses Beispiel zeigt, dass man schon verloren geglaubte Industrie wie die Chipherstellung nach Österreich und nach Europa zurückholen kann – dies auch mit der notwendigen Innovation, mit den digitalen Möglichkeiten, dem Fortschritt und den entsprechenden Erkenntnissen, die wir haben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir das als ein wichtiges Thema sehen, als etwas, das in einem ecosystem mit den mittel­ständischen Unternehmen und mit den Start-ups stattfinden soll, denn nur gemeinsam, wenn alle drei guten Zugang zu allen digitalen Möglichkeiten haben – zu Industrie 4.0, zu Blockchain, Artificial Intelligence und Robotics –, werden wir in diesem Wettbewerb mit anderen großen globalen Bereichen wie Asien und den USA ganz weit vorne stehen.

Innovation Leader zu werden ist ein wesentlicher Punkt. Schauen wir uns die Aus­gangslage an: Österreich kann stolz darauf sein, wir nehmen Platz 2 bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung ein, sowohl was öffentliche Hand als auch was private Hand betrifft, wir liegen nur hinter Schweden. Da ist es die Aufgabe, dass wir beson­ders den Bereich der Leitbetriebe, der Start-ups und der Mittelständischen stark unter­stützen, damit das auch weiterhin so sein wird.

Lassen Sie mich kurz etwas zum digitalen Binnenmarkt sagen: Da ist es wichtig, dass wir im Trilog diese Themen – das wurde sehr gut begonnen und von Estland und von Bulgarien weitergeführt – abschließen und möglichst weit vorangehen. Zwei zentrale Themen, die wir zu Ende bringen werden, sind Plattform-to-Business und Public Sector Information. Die Bulgaren haben unter ihrem Vorsitz die Themen free flow of non-personal data und Single Digital Gateway abgeschlossen; wir werden das übernehmen und darauf achten, dass in den nächsten sechs Monaten eine entsprechend starke Umsetzung erfolgt.

Wichtig ist – es wurde bereits erwähnt – das Thema der Berufsausbildung. Skills sind eines der wichtigsten Themen in Europa. Sie machen uns wettbewerbsfähig, sie schaf­fen neue Arbeitsplätze, je besser wir ausgebildet sind. – Auch da spreche ich aus ganz persönlicher Erfahrung, denn mein Vater und meine Mutter haben beide weder Lehre noch irgendetwas anderes machen dürfen. Ich stamme also aus einem Umfeld, in dem Bildung, in dem das weitere Lernen es mir ermöglicht hat, heute hier vor Ihnen zu stehen. Deshalb ist es mir ein so großes Anliegen, dass ich das Thema duale Aus­bildung als einen großen Punkt in die Agenda aufgenommen habe.

Es geht darum, das Thema der Lehre in Gesamteuropa zu verbreiten, denn es macht Europa stark, wenn wir Fachkräfte in allen Bereichen ausbilden und diese Fachkräfte ganz nach vorne bringen. Die Digital Skills, die Fähigkeiten, digitale Kompetenzen zu erwerben, das muss in jedem Land und in jedem Beruf möglich sein. Viele Länder Europas haben diese duale Ausbildung nicht, deshalb ist es uns und mir persönlich ein großes Anliegen, das voranzutreiben und vor allem neue Berufsbilder zu schaffen und auch entsprechend umzusetzen.

Warum ist das so wichtig? – Weil wir diese Fähigkeiten in der gesamten Kette zur Verfügung stellen müssen, da uns die Unternehmen in ganz Europa sagen, dass das fast das wichtigste Thema ist. Schauen wir uns die Jugendarbeitslosigkeit in Europa an, so ist diese besonders in jenen Ländern erhöht, die keine duale Ausbildung, keine Lehrausbildung haben. Gleichzeitig haben die Unternehmen Probleme damit, nicht genügend Personen mit entsprechenden Fähigkeiten zu finden.

Lassen Sie mich noch auf das Thema Handel eingehen! Es wurde eine aktive Han­delspolitik angesprochen – diese werden wir massiv unterstützen. Es ist wichtig, Eu­ropa auch da wettbewerbsfähig zu machen. Die Europäische Kommission arbeitet an den Themen mit Japan, Singapur und Vietnam, und wir werden dies bestmöglich unterstützen, damit wir Wirtschaftspartnerschaften auf Augenhöhe schließen können. Gleichzeitig ist es aber wichtig, darauf zu achten, wer in Europa investiert, wer welche Unternehmen kauft; deshalb werden wir das Dossier betreffend Foreign Direct Investment, FDI, sehr stark unterstützen.

Worum geht es dabei? – Es geht dabei um ein Investmentscreening, einen Mecha­nismus, damit wir sehen, was geschieht, damit wir nicht plötzlich überrascht sind, wenn chinesische Unternehmen europäische Robotikunternehmen kaufen, die strategisch wichtig für die Zukunft Europas sind, wie es in Deutschland passiert ist. Da müssen wir Transparenz schaffen, und deshalb werde ich dies auch stark vorantreiben.

Generell werden wir als Honest Broker auftreten: Wir werden die Themen der unter­schiedlichsten Länder berücksichtigen. Wir stehen aber auch ganz klar für eines, das haben wir auch lokal in Österreich schon gezeigt: für eine starke Umsetzung der The­men, die gerade auf europäischer Ebene anstehen.

Mit den bevorstehenden Wahlen kommt uns eine besondere Rolle zu, derer wir uns bewusst sind. Wir werden deshalb, so wie auch in Österreich, auf europäischer Ebene auf Umsetzung setzen und jene Dinge vorantreiben, die wichtig sind. Dabei werden wir auf Qualität setzen und auch darauf achten, das Thema Deregulierung und Entbüro­kratisierung auf europäischer Ebene zu forcieren, nicht nur auf österreichischer. Wir werden auch darauf achtgeben, dass nicht alles abgearbeitet wird, nur weil es halt vorliegt, sondern dass mit großer Qualität gearbeitet wird. – Ich danke für Ihre Auf­merk­samkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.01