15.32.22

Bundesrat Mag. Michael Lindner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Bundesministerin! Geschätzte KollegInnen und ZuseherInnen! Ich nehme gleich die Spannung weg: Auch wir werden der vorliegenden Regierungsvorlage zur Ratifizierung des Nagoya-Protokolls unsere Zustimmung erteilen. – Damit das Wesentliche einmal gesagt ist. (Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP.)

Wir stimmen deswegen zu, weil die biologische und genetische Vielfalt das natürliche Fundament eines jeden Landes ist, wie ich glaube. Dass man daher sorgsam und schonend mit der kommerziellen Verwertung umgehen soll, ist uns wohl allen klar. Es war für viele Entwicklungsländer – mein Vorredner hat es schon angesprochen – grund­legend wichtig, dass mit diesem Protokoll die sogenannte Biopiraterie – die kommerzielle Plünderung von genetischen Ressourcen – verhindert werden soll. Man muss sich vorstellen, dass allein im 20. Jahrhundert weltweit 75 Prozent aller landwirt­schaftlichen Kulturpflanzen verloren gegangen sind.

Das Protokoll verpflichtet uns dazu, dass wir in Österreich kontrollieren, wenn Pro­dukte, deren Entwicklung auf der Verwendung von genetischen Ressourcen basiert, zugelassen oder vermarktet werden. Wir haben zu kontrollieren, ob die Erlaubnis zur Nutzung der genetischen Ressourcen rechtlich einwandfrei erworben wurde. Wir haben zudem zu kontrollieren, ob die Vorteile aus der Nutzung – de facto der Gewinn – auch mit dem Ursprungsland geteilt werden. Der Kollege hat es ja schon ange­sprochen, dass diese Nutzung oft ein Milliardengeschäft für die Pharma-, Kosmetik- und Agrarindustrie gewesen ist, wobei die Ursprungsländer – oft Entwicklungsländer – eigentlich leer ausgegangen sind.

Zugegebenermaßen waren wir alle, glaube ich, ein bisschen verwundert, dass es so lange gedauert hat, bis wir über diese Ratifizierung abstimmen können. Das Abkom­men ist 2014 unterschrieben worden. Nun hat uns ein blauer Brief aus Brüssel mit der Androhung eines Vertragsverletzungsverfahrens erreicht. Das hat es offensichtlich gebraucht, damit endlich auf allen Ebenen etwas in die Gänge kommt. Da hat wohl auch ein bisschen mitgespielt, dass wir uns vor unserem EU-Vorsitz beziehungsweise vor der Vertragsparteienkonferenz im November nicht ganz blamieren wollten.

Die Ratifizierung dieses Protokolls alleine reicht aber noch nicht aus, wir brauchen zur Umsetzung dieser EU-Verordnung auch ein Gesetz. Sie haben, Frau Ministerin, in der Nationalratssitzung erwähnt, dass die Gespräche mit den Bundesländern abge­schlos­sen sind. Uns würde nun natürlich interessieren, was abschließend geklärt werden konnte und wann wir mit diesem Gesetzentwurf rechnen können.

So haben wir im Ausschuss gehört, dass das Protokoll keine eigene Schiedsstelle vorsieht, sondern dass es bilaterale Vereinbarungen braucht, um das sozusagen zu kontrollieren. Da wird es natürlich schon spannend, zu sehen, wie denn die Umsetzung dieser Kontrolle in Österreich ausschauen wird. Sehr viele Staaten verwenden ein System von sogenannten Checkpoints, das heißt, die Unternehmen müssen mit dem Antrag auf Marktzulassung nachweisen, dass sie die Vorschriften zur Nutzung von genetischen Ressourcen auch wirklich eingehalten haben. Erst dann kann die Zulassungsbehörde die Zulassung erteilen. Wenn es kein Marktzulassungsverfahren gibt, muss vor dem Inverkehrbringen, also vor dem Verkauf dieses Produktes, eine einwandfreie Dokumentation oder ein Nachweis erbracht werden.

Man hört aus manchen Organisationen, dass in Österreich eine „Schmalspur­variante“ – unter Anführungszeichen – dieser Kontrollen geplant wird, dass nur Stichproben­kon­trol­len durchgeführt werden sollen. Mich würde interessieren, ob das stimmt, und falls ja, warum Sie nicht ein ähnlich flächendeckendes System mit Checkpoints planen, denn damit hätten wir in unserem Land einen wesentlich besseren Überblick und auch eine bessere Kontrolle. Wenn es nur Stichproben sein sollen, dann stellt sich die Frage, wie dieser Kontrollmechanismus finanziell dotiert ist, ob es genügend Geld für ausreichend Stichprobenkontrollen gibt. (Bundesrätin Mühlwerth: Wo wart ihr denn von 2014 bis 2017?) Das ist auf jeden Fall dafür notwendig, da würde mich Ihre Antwort interessieren. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

15.36

Präsident Reinhard Todt: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.