18.13.01

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Werter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich ist es gut und wichtig, dass wir uns auch heute damit beschäftigen, wo es Brennpunkte im Verkehr gibt und welche das sind. Wir hören es tagtäglich im Radio und viele Pendlerinnen und Pendler können da­von ein Lied singen – viele sitzen sicherlich auch heute hier –, wo es Stauschwer­punkte in Österreich gibt. Das heißt, wir müssen uns mit diesem Thema auseinan­de­rsetzen, das ist gar keine Frage, und wir sollten uns auch darüber Gedanken machen, wie wir hier wirksam Abhilfe schaffen können.

Was hat das alles mit der vorliegenden Novelle, der 29. Novelle der Straßenverkehrs­ordnung, zu tun? – Dabei geht es um die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine zeitweilige Pannenstreifenfreigabe zum Befahren durch Verkehrsteilnehmer. Im We­sent­lichen geht es um die Schaffung einer Verordnungsermächtigung betreffend die Fest­legung von Autobahnabschnitten, auf denen die Pannenstreifenfreigabe erlaubt werden kann, und zweitens um die Feststellung der Voraussetzungen für diese Frei­gabe der Pannenstreifen.

Anfänglich wurde von einer zeitweiligen Freigabe des Pannenstreifens auf der Ost Auto­bahn ausgegangen; tatsächlich betrifft diese Novelle über diese Verordnungs­ermächti­gun­gen nunmehr alle Autobahnen in ganz Österreich. Dabei soll der Bundesminister durch Verordnung geeignete Autobahnabschnitte festlegen, auf denen das Befahren des Pannenstreifens ermöglicht werden soll.

Unsere grundsätzliche Kritik: Laut dem Herrn Bundesminister wären angeblich bis zu 70 Prozent der österreichischen Pannenstreifen dafür geeignet und das allgemeine Be­fahren sozusagen möglich. – Ich fahre viel in Österreich herum und Sie sicherlich auch, wir wissen daher, dass dies in Wahrheit nicht stimmen kann. (Bundesrat Steiner: Die SPÖ in Tirol will das aber schon!) Diese Meinung teilen im Übrigen auch beide Verkehrsklubs, nämlich Arbö und ÖAMTC – wie wir wissen, anerkannte und sehr ver­trauenswürdige Institutionen. Anerkannte Experten von beiden Verkehrsklubs sagen nach einer ausführlichen Begutachtung, dass aufgrund der tatsächlichen Breite der Pannenstreifen eine derartige Maßnahme nur in ganz geringem Ausmaß technisch möglich und zielführend ist. Man spricht dabei davon, dass vermutlich weniger als 1 Prozent aller 4 500 Kilometer Richtungsfahrbahn dafür ausgestattet ist.

Die klassischen Staustrecken im städtischen Bereich haben in der Regel überhaupt keinen oder lediglich einen sehr schmalen Pannenstreifen. Zudem folgen dort die An­schlussstellen sehr dicht aufeinander, was vielfach wiederum Umbauten und Be­schleu­ni­gungs- beziehungsweise Verzögerungsstreifen erfordern würde.

Der Herr Bundesminister hat davon gesprochen, dass es auch einen Verkehrsversuch geben soll, aber genau diese Möglichkeit, Herr Minister, haben Sie ja jetzt schon! Bitte lesen Sie in § 34 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung nach! Dieser Passus gibt Ihnen in der schon jetzt geltenden Fassung die Möglichkeit, solche Versuche durchzuführen. Sie können eine oder mehrere Teststrecken einrichten.

Wir könnten danach, sozusagen nach dem Sammeln von Erfahrungen, nach einer eventuellen Evaluierung auch das Notwendige vorbereiten, um zu einem ordentlichen Gesetz zu kommen. Wir könnten die dann gewonnenen Erfahrungen einbinden und ein besseres Gesetz vorlegen, als es jetzt vor uns liegt, denn in Wahrheit ist dieser Ge­setzentwurf leider sehr schwach und schwammig formuliert. Legistisch gesehen, sagen wir es einmal sehr freundlich, ist vieles davon nicht gut vorbereitet.

Ein Beispiel: Die Ermächtigung des Straßenerhalters ist viel zu unbestimmt gehalten, weil es keinerlei Kriterien gibt, die festlegen, was wirklich unter einer Beeinträchtigung zu verstehen ist. Die Prüfung der Freigabe der Pannenstreifen durch ein Organ des Straßenerhalters, sprich: der Asfinag, erfolgt ohne jeglichen gesetzlichen Orien­tie­rungs­maßstab. Ebenso bleibt unklar, welche Geschwindigkeiten es auf den frei­ge­gebenen Pannenstreifen geben soll und ob diese von der Regelgeschwindigkeit der Richtungsfahrbahn abweichen darf. Wer legt also fest, wie hoch die Geschwindigkeit daneben ausschaut? Wer legt fest, wie die Geschwindigkeit auf dem freigegebenen Fahrstreifen ausschaut?

Alles in allem steht sehr wenig beziehungsweise sehr wenig Konkretes darin, das heißt, es ist sehr vieles offen, und ich vermute, dass wir damit deshalb sehr, sehr viele Probleme bekommen werden. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich halte diese Geset­zes­vorlage für – leider Gottes – eine weitere populistische Maßnahme dieser Bundesre­gie­rung. (Ruf bei der FPÖ: Geh!) Es geht wieder einmal um eine Aktion, um schöne Bil­der, um schöne Überschriften.

Man könnte – erstens – zurück an den Start gehen und das qualifiziert machen, dazu von mir aus auch die Experten von ÖAMTC und Arbö einladen – die haben dafür die notwendige Erfahrung –, aber nicht die Expertenmeinungen beiseiteschieben und wieder einmal drüberfahren. (Bundesrat Steiner: Eure SPÖ-Experten kennen wir schon!) – ÖAMTC und Arbö (Bundesrat Steiner: Der Arbö! – Zwischenruf des Bundesrates Mayer), nicht alle sind SPÖ-nahe, wie wir wissen.

Mir geht es bei diesem Thema vor allem auch um die Verkehrssicherheit, nicht nur um die Leichtigkeit und die Flüssigkeit des Verkehrs, was natürlich auch wichtig ist; wir sollten auch die Verkehrssicherheit nicht vergessen. Wir müssen uns bauliche Maß­nahmen überlegen, wo mit zusätzlichen Fahrspuren eine Entlastung zu schaffen ist, und uns vor allem auch über den öffentlichen Verkehr Gedanken machen. Welches Verkehrsnetz möchten wir künftig anbieten? Welches Verkehrsnetz soll es künftig geben und vor allem zu welchen Preisbedingungen? Mit günstigen Jahreskarten kann man, glaube ich, schon sehr viel bewegen (Bundesrat Schuster: Viel Geld ausgeben, das ist das Motto der SPÖ, ja!), um vom Individualverkehr wegzukommen, um den Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Verkehr besser zu gestalten.

Ich meine, das wären gute und wichtige Ansätze in der Verkehrspolitik, aber wir sollten dabei nicht mit der Verkehrssicherheit spielen. Aus diesem Grund werden wir dieser Gesetzesvorlage heute auch nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

18.21

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Georg Schuster. Ich erteile es ihm.