18.46.56

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher am Livestream, falls es welche gibt! Lassen Sie mich eingangs die Gelegenheit ergreifen, den Dank an die Mitarbeiter des Minis­teriums für die Erstellung dieses Berichts auszurichten. Es ist so weit ein sehr klarer Bericht, bei dem vor allem – was mir immer wichtig ist – die österreichische Position eindeutig hervorgehoben ist und auch der aktuelle Status der einzelnen Vorhaben. Ich werde auf die grundlegenden Prioritäten aus der Sicht der Europäischen Kommission, die eingangs ausgeführt sind, nicht eingehen. Ich werde mich in weiterer Folge auch nicht näher zum Schiffsverkehr oder zur Ausbildung von Seeleuten äußern, sondern nur einige wenige mir bedeutsam erscheinende Punkte kurz ansprechen.

Ein solcher wesentlicher Bereich ist „Europa in Bewegung“, also dieses sogenannte Mobi­litätspaket, und darin gibt es doch einige Vorschläge für Änderungen, die nicht ganz nach unserem Geschmack sind – und mit „uns“ meine ich auch das Ministerium, wo man das sehr kritisch sieht. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Ausdeh­nung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf den Pkw-Bereich mit dem Auslaufen einer zeitabhängigen Bemautung, sprich der Vignette – ich glaube, nach 2027 soll das nach diesem Vorschlag nicht mehr möglich sein –, und einer verpflichtenden Einfüh­rung von fahrleistungsabhängigen Mautsystemen. Ich glaube, das wäre ein Wahn­sinns­schlag vor allem gegen alle Pendler und all jene, die beruflich unterwegs sind. Dazu hat ja auch der Bundesrat bereits im letzten Jahr einen Vorbehalt betreffend Subsidiarität formuliert.

Auch die geplante Änderung der Kabotageregelungen ist abzulehnen. Gerade auf­grund unserer Nähe zu Nachbarn mit doch wesentlich geringerem Lohnniveau macht eine Liberalisierung des Frachtverkehrs in Österreich, sprich, dass Ausländer hier inländische Leistungen erbringen können, keinen Sinn und erscheint für die öster­reichische Transportwirtschaft durchaus bedrohlich.

Noch ein abzulehnender Vorschlag, den ich erwähnen möchte, ist die geplante Mög­lichkeit, Lkw aus irgendeinem Mitgliedstaat ohne Fahrer anmieten zu können. Das würde massiv die Verfolgung von Verstößen gegen die Verkehrsregeln und auch von Verstößen gegen die Kabotagevorschriften erschweren oder Schwierigkeiten bei der Feststellung der Zulassungsbedingungen zur Folge haben.

Es wird die Aufgabe sein, diese Dinge vom Tisch zu bringen. Ich bin aber sehr opti­mistisch, dass das unter dir, Herr Minister, auch – hoffentlich – gelingen wird.

Ich möchte nur noch einen Punkt, und zwar aus dem Achtzehnmonatsprogramm, erwähnen, das sind die transeuropäischen Netze. Die sind vor allem auch im Hinblick auf den Finanzrahmen ab 2021 bedeutend. Diesbezüglich wird auch in der Zeit unse­res Ratsvorsitzes einiges abzuklären sein. Für die TEN-Projekte sind ab diesem Zeit­raum bis 2030 500 Milliarden Euro vorgesehen, und laut Kommissar Oettinger sollen diese CEF-Mittel – CEF heißt Connecting Europe Facility – nicht von den Budget­kür­zungen, die ja durch den Brexit notwendig werden, betroffen sein.

Österreich hat aus diesem Topf in der Vergangenheit bereits ungefähr 700 Millionen Euro lukriert beziehungsweise zugesagt bekommen. Das betrifft uns sehr stark, vor allem im Bereich Koralm und Brenner. Gerade beim Brenner gibt es auch massive Kritik des Europäischen Rechnungshofes. Ich darf vielleicht zitieren, was Oskar Herics, der österreichische Vertreter im Rechnungshof, gesagt hat: „Diese Linie kann sich nicht rechnen und wird nicht wirtschaftlich zu führen sein.“ Einer der wichtigen Kritikpunkte: „So gebe es zwischen Österreich, Italien und Deutschland unterschiedliche Prioritäten­setzungen beim Bau der Hochleistungsstrecke.“ – Auf deutscher Seite, so wissen wir ja, gibt es kaum oder gar keine Bautätigkeit, ja noch nicht einmal eine Routen­festle­gung. Weiters sagt Herics, dass der Brennerbasistunnel im Hinblick auf die erhoffte Minimierung der Schadstoff- und Lärmbelastung „keine Wirksamkeit entfalten“ könne. In Deutschland habe das „überhaupt keine Priorität“.

Dieser Eindruck hat sich bei mir auch bestätigt. Ich war letzte Woche bei einem inter­parlamentarischen Ausschusstreffen – TRAN – in Brüssel, das sich mit der Finan­zierung dieser Netze ab 2021 beschäftigt hat. Im Prinzip sind mir dort diese Aussagen des Rechnungshofes bestätigt worden. Man sieht, dass eigentlich jede Region primär einmal ihre eigenen Interessen im Fokus hat. Die einen wollen unbedingt die Via Baltica, die nach einem Abschnitt des dort verlaufenden Jakobswegs benannt ist, forcieren, mit einem mindestens 50 Kilometer langen Unterwassertunnel zwischen Helsinki und Tallinn. – Für mich als Tunnelbauer durchaus ein schönes Projekt, aber das würde natürlich Unsummen verschlingen. – Die anderen streiten vor allem über das Projekt Turin-Lyon. Hier haben wir eine ähnliche Situation wie beim Brenner, wo die Deutschen kein Interesse haben – dort sind es die Franzosen, die kein Interesse haben. Und mittlerweile ist es so, dass bei den Italienern die Fünf-Sterne-Bewegung kein Interesse hat, die Lega Nord natürlich sehr wohl. Andere betonen dann wieder und sagen, da handelt es sich überhaupt nicht um nationale Projekte, sondern um europäische Projekte, und daher, so ungefähr, haben die Nationalstaaten überhaupt nichts mitzureden.

Da, glaube ich, gibt es also noch einigen Handlungsbedarf. Es gibt zwar eigene Koor­dinatoren für die einzelnen Korridore, aber mir scheint das Ganze noch nicht rund zu laufen. Was wir derzeit bei diesen transeuropäischen Netzen umsetzen, ist eigentlich ein Fleckerlteppich, und die Wirksamkeit kann sich dann nicht entfalten. Es wäre durchaus denkbar, dass auch Österreich Initiativen setzt, nämlich in Richtung eines besseren Projektmanagements dieser transeuropäischen Netze. Vielleicht wäre es ge­scheiter, Prioritäten zu setzen und die Korridore nacheinander wirklich fertigzustellen, damit sie wirksam werden können, als an jedem Eck einzeln anzufangen.

Es gibt also genug zu tun, aber ich bin sehr optimistisch, dass unser Minister Akzente setzen kann, gerade im nächsten halben Jahr, während wir den Ratsvorsitz haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

18.55

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Armin Forstner. Ich erteile es ihm.