14.26.44

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch von meiner Seite, Inge, alles Gute! Ich freue mich wirklich, dass du unsere neue Präsidentin bist, das ist wirklich eine Freude, gerade weil es im nächsten Halbjahr um Kinderrechte geht, und diese sind mir persönlich auch ein sehr großes Anliegen.

Wie wir schon von den Vorrednerinnen und Vorrednern erfahren haben, geht es bei dieser Novelle hauptsächlich um den Familienbonus Plus; es sind noch einige andere Gesetze betroffen. Ich finde es grundsätzlich positiv, wenn Familien entlastet werden und Unterstützung bekommen, finanzielle Unterstützung bekommen. Ich glaube, hier gibt es niemanden, der das verneinen würde. Jeder möchte Familien und Kindern unter die Arme greifen.

Die große Frage dabei ist, wie das passiert und welchen Familien man helfen möchte. Möchte man die Familien unterstützen, die jetzt schon wirklich jeden Cent umdrehen müssen, um wieder eine Woche zu überleben, in denen Kinder in Armut aufwachsen, ohne die Möglichkeit, am Skikurs teilzunehmen? Oder möchte man jenen Familien helfen, die aus Erwerbstätigkeit ein gutes Einkommen haben beziehungsweise aus der Mittelschicht sind? Das wurde ja vorhin schon richtig gesagt.

Ich glaube, man muss als Staat allen Familien und insbesondere allen Kindern helfen, einen guten Start ins Leben hinzubekommen, denn die Kinder haben sich ja nicht ausgesucht, wo sie hineingeboren wurden. Das heißt, wir als Verantwortliche, wir als Politikerinnen und Politiker tragen die Verantwortung dafür, dass alle Kinder und Familien unterstützt werden, und genau da trennen sich die Ansichten der kon­ser­vativen Parteien und der sozialeren Parteien oder Sozialparteien.

Da sind wir bei dem Punkt: Warum behaupten Sie – das ist an ÖVP und FPÖ gerichtet –, dass Kinder aus sozial ärmeren Verhältnissen weniger wert sind als Kinder von bessergestellten Familien? (Bundesrat Spanring: Das behaupten nur Sie!) Und nein, ich will jetzt auch nicht weiter auf irgendeine Neiddebatte eingehen, sondern nur klarstellen, dass jedes Kind die gleiche Förderung verdient hätte. Also noch einmal: Jede Familie verdient die volle Entlastung. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic sowie bei der SPÖ.)

Ich bin der festen Überzeugung, dass Kinder, auch wenn sie in finanziell schwachen Elternhäusern aufwachsen, die Möglichkeit haben müssen, in einem reichen Land wie Österreich – und das sind wir – an der besten Bildung teilzuhaben, an Ausflügen teilzunehmen, gutes und ausreichendes Essen zu konsumieren, ordentliche Kleidung zu haben, sich nicht als Aussätzige fühlen zu müssen, als Benachteiligte, als Sonderlinge, nur weil die Eltern nicht genügend Geld haben. Das darf in einem so reichen Land wie Österreich nicht sein; diese Kinder müssen ein Teil der Gesellschaft in Österreich sein.

Ich bin auch der Überzeugung, dass die Regierung mit dem Familienbonus Plus versucht, Kinder und Familien bestmöglich zu unterstützen – das glaube ich, ich möchte das wirklich nicht in Abrede stellen, überhaupt nicht –, nur profitieren leider durch die fehlende Negativsteuerfähigkeit weite Teile der Bevölkerung nicht davon. Das ist ein Faktum.

Ein Drittel der ArbeitnehmerInnen und sogar 45 Prozent der Frauen – 45 Prozent, das ist nicht wenig! – verdienen so wenig, dass sie gar keine Steuern zahlen; sie profitieren daher vom Familienbonus überhaupt nicht, in keiner Weise. Dadurch gibt es Kinder, die mehr wert sind – das ist Faktum –, und wir können es nicht unterstützen, dass in einem Staat manche Kinder mehr wert sind und andere Kinder weniger wert sind; das geht nicht. Manche Personengruppen werden durch die Streichung des Kinderfrei­be­trags sogar finanzielle Einbußen erleiden.

Auch die Absetzbarkeit von Betreuungskosten, die zum Beispiel in Oberösterreich von der schwarz-blauen Regierung als Argument für die Einführung einer Kosten­beteili­gung bei der Nachmittagsbetreuung vorgeschoben worden ist, soll jetzt abgeschafft werden. Das war ein Hauptargument, und jetzt wird das abgeschafft! Die Streichung der Absetzbarkeit von Betreuungskosten ist auch aus frauenpolitischer Sicht abzu­lehnen, da dadurch weniger Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gesetzt wird. Wir wissen, was die Folgen davon sind: Abhängigkeit und Altersarmut, und das trifft wieder hauptsächlich die Frauen; das wissen wir genau, zum Beispiel aus dem Sozial­bericht.

Es gibt noch viel mehr an dieser Novelle zu kritisieren: Kindern mit besonderen Be­dürfnissen – Kollege Lindinger hat das sehr gut ausgeführt – steht nach Vollendung des 18. Lebensjahres nur ein Familienbonus von 500 Euro zu, wo doch jeder weiß, dass die Kostenbelastung für diese Familien wirklich enorm ist. Das wird in der vorliegenden Novelle überhaupt nicht berücksichtigt. An die SPÖ, die dazu noch einen Abänderungsantrag eingebracht hat: Das ist richtig und wichtig!

Herr Staatssekretär, wir würden uns erwarten, dass diese Regierung auch auf die restlichen 20 Prozent der Familien schaut, die diesen Bonus nicht erhalten, dass sie nicht einfach zurückgelassen werden, denn es sind die ärmsten Familien, die kaum etwas bekommen, und es ist wirklich schade, dass man diese Familien im Stich lässt und damit die Gesellschaft weiter spaltet.

Apropos im Stich lassen, das passt auch noch zum letzten Punkt, auf den ich eingehen möchte, nämlich das Thema Gemeinden und Länder: Diese werden wieder einmal vom Bund im Stich gelassen und mit den Kosten allein gelassen. Durch die reduzierte Steuerlast aufgrund des Familienbonus Plus haben die Bundesländer geringere Ein­nahmen, und zwar um knapp 162,9 Millionen Euro. Das bedeutet zum Beispiel für Oberösterreich ein Minus von knapp 41 Millionen Euro. Für die Gemeinden – das muss ich auch als Gemeinderat hier kritisieren – sind das wieder einmal Einnahmeausfälle, und zwar von jährlich 136 Millionen Euro. – 136 Millionen Euro weniger für die Gemein­den, das heißt, für die Gemeinden wird es immer enger!

Es wird immer mehr in der Kinderbetreuung gespart, im Gesundheitsbereich, im Sport­bereich, in der Pflege, im Sozialbereich, in der Daseinsvorsorge. – Das sind die Be­reiche, in denen man dann als Gemeinderat einsparen muss. (Bundesrat Brunner: Das heißt, wir sollen nie mehr Steuerentlastungen machen? Bundesrat Mayer: Müssen wir Steuern erhöhen?) – Seht euch den Bericht des Gemeindebundes an, da gibt es eine super Stellungnahme! Lest euch den durch; der ist mehr von eurer Seite! Da geht es um unglaublich viel Geld. Das kostet zum Beispiel meine Stadt, Braunau, 217 000 Euro. So viel müssen wir im Bereich Daseinsvorsorge einsparen. (Bundesrat Mayer: Aber die Familien kriegen das zurück, die geben das Geld wieder aus!) Das ist unglaublich viel und schränkt die Stadt massiv darin ein, für ihre Bürgerinnen und Bürger Projekte umzusetzen wie zum Beispiel längere Öffnungszeiten in Kindergärten bis hin zu einer besseren Pflegeversorgung.

Und das sind ja nicht die einzigen Kosten, die auf die Gemeinden umgewälzt werden. Ich möchte nur an die aktuellen Verhandlungen über die Bundesmittel für die Kin­derbetreuung erinnern. Da wird wieder einmal zulasten der Gemeinden verhandelt, denn in Zukunft sollen noch weitere Millionen eingespart werden, sollen nur mehr 90 Millionen statt 150 Millionen Euro an Kosten erstattet werden. – Das ist massiv, das ist sehr viel Geld, das da eingespart werden soll, auf Kosten der Gemeinden, auf Kosten der Länder. Das dürfen wir auch im Sinne der Gemeinden nicht einfach so hinnehmen, dass die Regierung solche Sozialleistungen als Last und nicht als Inves­tition in die Zukunft sieht, denn dahin sollten wir uns eigentlich politisch orientieren.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Familien­bonus Plus – Sozial gerechte Familienförderung, die auch einkommensschwache Familien unterstützt und die Gemeinden und Länder nicht auf den Kosten sitzen lässt!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat aus den in der Begründung genannten sozial- und frauenpolitischen Gründen entsprechende Gesetzesentwürfe vorzulegen, die eine sozial gerechte Familienförderung über alle Einkommensgruppen hinweg sicherstellen. Weiters solle die Regierung sicherstellen, dass die finanziellen Auswirkungen die sich aufgrund des ‚Familienbonus Plus‘ auf die Gemeinden und Länder auswirken im Wege des Finanzausgleichs abgefedert werden.“

*****

Ich hoffe auf eure Unterstützung im Sinne der Familien, im Sinne aller Kinder und im Sinne der Städte und Gemeinden. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic. Bundesrätin Mühlwerth: Also ein grün-roter Antrag! Bun­desrat Stögmüller legt jeweils ein Exemplar des Antrags auf die Plätze der Bun­desrätInnen Mayer und Mühlwerth. Bundesrätin Mühlwerth: Das mag ich schon nicht ..., wenn ich einen Antrag so hingelegt krieg!)

14.34

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Der von den Bundesräten Stögmüller und Dziedzic gestellte Entschließungsantrag betreffend Familienbonus Plus – Sozial gerechte Fa­milienförderung trägt nur zwei Unterschriften und ist somit nicht genügend unterstützt. (Bundesrätin Mühlwerth: ... nicht einmal die Geschäftsordnung! So ein Depp! Das ist so eine Rotzpippen!)

Ich stelle daher die Unterstützungsfrage und bitte jene Bundesrätinnen und Bun­desräte, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies also nicht bereits durch ihre Unterschrift zum Ausdruck gebracht haben, um ein Handzeichen. Durch die zusätzliche Unterstützung ist der Antrag als genügend unterstützt anzusehen und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Wortmeldung: Bundesrat Georg Schuster. – Bitte.