16.42.11

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister Moser! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Das vorliegende, als Zweites Bundesrechtsbereinigungsgesetz bezeichnete Gesetzesvor­haben soll, wie der Berichterstatter schon gesagt hat, rund 2 500 Rechtsvorschriften außer Kraft setzen. Nahezu die Hälfte der einfachen Bundesgesetze und Verord­nun­gen des Bundes, die vor 1. Jänner 2000 kundgemacht wurden und noch formell in Geltung stehen, ist heute gegenstandslos, hat also keinen sinnvollen Anwendungs­bereich mehr.

Es ist eine Vorlage, die es Bundeskanzler, Vizekanzler und Verfassungsminister be­reits dreimal erlaubte, eine Pressekonferenz darüber abzuhalten und die staunenden Bürgerinnen und Bürger über diese unglaubliche Weiterentwicklung des österreichi­schen Rechts zu informieren. Diese Rechtsvorschriften sollen – von angeführten Aus­nahmen abgesehen – mit Ablauf des 31. Dezember 2018 außer Kraft gesetzt werden.

Gegen eine zielführende Bereinigung der Rechtslage zum Zweck der Erhöhung der Rechts­sicherheit und der Verbesserung des Zugangs zum Recht ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Die gewählte legistische Methode zur Umsetzung dieses Vorha­bens zieht aber ein Ergebnis nach sich, das sich unter dem Gesichtspunkt der Voll­ziehung als kaum leserliches gesetzgeberisches Unding erweist. Von diesem Schritt hat niemand etwas: keine Rechtsanwenderin, kein Rechtsanwender – nein; vielmehr wäre es total mühevoll, die heute aufzuhebenden Bestimmungen überhaupt zu finden.

Was wollen wir wirklich? – Wir wollen überschaubares Recht, wir wollen einfaches, einfach lesbares Recht, wir wollen verständliches Recht und wir wollen rasche Rechts­durchsetzung. All dies ist in der österreichischen Rechtslandschaft nicht gegeben: teilweise deshalb, weil so komplizierte Materien zu regeln sind, aber teilweise auch des­wegen, weil es an einer tauglichen Legistik fehlt. (Bundesrat Steiner: Brav herun­ter­lesen tut sie!)

Wie in den Erläuterungen ausführlich dargestellt, waren äußerst zeitaufwendige Vorar­beiten durch zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der verschiedensten Ressorts notwendig. Nicht berücksichtigt wurde aber, welche Mühe es noch mit sich bringen wird, wenn die vielen betroffenen Verwaltungseinrichtungen sich aus dem Konglomerat die für ihren Bereich maßgeblichen Bestimmungen heraussuchen müssen.

Schauen wir einmal in die Tagesordnung der Bundesratssitzungen dieser Woche: Was beschließen wir beispielsweise morgen unter Tagesordnungspunkt 4? (Ruf bei der FPÖ: Einiges!) Da wollen die Regierungsfraktionen das Fremdenrechts­änderungs­ge­setz 2018 verabschieden. Was ändert sich dadurch im Bereich des Fremdenrechts? – Das bereits komplizierte Fremdenrecht wird noch komplizierter. (Bundesrätin Mühlwerth: So wie das Mietrecht von der SPÖ!) Es gibt dann beinahe 30 verschiedene Aufent­halts­titel in Österreich. Darüber hinaus führt dieses Gesetz wieder zu einem Ratten­schwanz an Verfahren, die das bereits jetzt schon äußerst belastete Bundesver­wal­tungs­gericht noch mehr belasten. Das ist eine Gesetzgebung, wie sie nicht sein soll: Sie ist kompliziert, fordert viele neue Verfahren und belastet ein bereits überlastetes Gericht. (Zwischenruf des Bundesrates Schuster.)

Diese Form der Rechtsbereinigung wurde bereits im Begutachtungsverfahren mehr­fach kritisiert, die Methode wurde als intransparent abgelehnt, aber von den Regie­rungs­parteien trotzdem beschlossen. Natürlich ist es schöner, den Österreicherinnen und Österreichern die Rechtsbereinigung in Pressekonferenzen als das Begraben von totem Recht darzustellen, jedoch ist es auch Ihre Kernaufgabe als Verfassungs­minis­ter, den anderen Ministerkollegen die Grenzen des Verfassungsrechts aufzuzeigen und ihnen die verfassungsrechtlichen Leitlinien klarzumachen, doch da schweigen Sie leider.

Aus den dargelegten Gründen wird meine Fraktion das Zweite Bundesrechts­bereini­gungs­­gesetz ablehnen und die Zustimmung verweigern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

16.47

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile es ihr.