12.55.28

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schram­böck|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! (BundesrätInnen der SPÖ halten runde, rot umrandete Ta­feln mit den durchgestrichenen Zahlen 12 und 60 in die Höhe. – BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ halten türkis-blau gerahmte Tafeln mit der Aufschrift „Freiwilligkeit ga­rantiert!“, „Es bleibt dabei!“, „8 Stunden am Tag“ und „40 Stunden in der Woche“ in die Höhe.) Es war im Jahr 1987, als ich als Schülerin oben auf der Galerie bei einer Bun­desratssitzung saß. Ich habe gerade festgestellt, dass das das Jahr ist, in dem Herr David Stögmüller geboren wurde – 1987. Ich habe es damals sehr interessant gefun­den, wie hier diskutiert wird und wie konstruktiv der Austausch ist.

Ich möchte daher nur eines sagen: Ich lasse mir die Freude daran, zu Ihnen in den Bundesrat zu kommen, auch durch 50 Prozent der Grünen nicht verleiden. (Die Bun­desrätInnen entfernen die Tafeln wieder.) Ich habe das Gefühl, dass wir hier willkom­men sind, auch wenn man uns Pflastersteine auf das Pult legt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Seit vielen Jahren wird in Österreich das Thema Arbeitszeitflexibilisierung diskutiert. Erst in den vergangenen Wochen haben Experten sowohl vom Wifo, vom Wirtschafts­forschungsinstitut, wie auch vom IHS die Notwendigkeit dieser „vergleichsweise klei­nen Reform“ bestätigt. Und sie haben sich darüber besorgt gezeigt, „dass die politische Diskussion mit Übertreibungen arbeitet, die schon ans Lächerliche grenzen“.

Ich appelliere daher an Sie alle, die Emotionen ein wenig zurückzuschrauben, damit wir faktenbasiert diskutieren können. Ich danke allen, die Fakten geliefert haben. Ich freue mich auch über die Inputs und die unterschiedlichen Dinge, die Sie einbringen.

Wichtig ist, dass wir uns in gleicher Weise um die Unternehmen und um die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer kümmern. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Unsere Aufgabe ist es auch, sicherzustellen, dass keine Verunsicherungen in Form von geschürten Panik­machen betrieben werden. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das wirk­lich nicht verdient. (Zwischenruf des Bundesrates Novak.) Superlative und Angstsze­narien sind aus meiner Sicht nicht angebracht. Es ist weder so, dass dadurch plötzlich Milch und Honig auf Arbeitgeberseite fließen, noch ist es auf der anderen Seite so, dass die Grundfesten der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder gar der Republik erschüttert werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Was wir tun, ist, dass wir einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für die gelebte Praxis schaffen. Das ist mir ganz besonders wichtig, weil es in Österreich ja viele mittelstän­dische Unternehmen gibt, in denen es keine Betriebsräte und keine Personalvertre­tungen gibt. Auch deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das Recht, zum Bei­spiel bei der 11. und 12. Stunde selbst darüber zu entscheiden, ob sie diese machen wollen oder nicht. Darum braucht es diesen einheitlichen rechtlichen Rahmen, damit sichergestellt ist, dass das auch für jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt, die in Be­trieben ohne Betriebsräte arbeiten.

Wenn wir uns heute die Realität der Arbeitswelt 2018 ansehen: Wir haben Arbeiter und Angestellte, wir haben Kreative, IT-Fachkräfte und so weiter. Wir haben da ganz ver­schiedene Arbeitswelten. – Unsere Aufgabe ist, das entsprechend gesetzlich abzubilden.

Wir haben in Österreich schon ganze Bereiche, in denen viel länger gearbeitet wird, bei denen es 12 und teilweise 13 Stunden gibt – wie bei den viel zitierten ÖBB. Sie haben es ja selber gesagt, dass auch im Beamtenbereich 13 Stunden vorgesehen sind. (Bun­desrat Schabhüttl: Beamtendienstrecht!) Viele, die bei der Polizei oder in Kranken­häusern arbeiten, tun dies auch bereits.

Als ich vor Kurzem geflogen bin, hat mir eine Dame, die bei einer Fluglinie arbeitet, gesagt: Bitte, ich möchte das so! Ich kann mir aussuchen, wie ich das blocken kann und wann ich arbeite. – Das ist die Realität.

Unser Ziel ist auch, dass wir die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer aus der Illegalität holen, denn Faktum ist, dass es schon in vielen Betrieben so ist. Sie haben es selbst angesprochen, dass es sonst nicht sein könnte, dass so viele Überstunden nicht aus­bezahlt werden. Ich bin vollkommen dagegen, dass Überstunden nicht ausbezahlt wer­den. Das ist auch ein klarer Auftrag von mir, dass Überstunden ausbezahlt werden müssen, deshalb regeln wir es ja auch gesetzlich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Schabhüttl.)

Ich sehe darin absolut eine Chance, die von Ihnen angesprochenen nicht ausbezahlten Überstunden abzuschaffen oder zu reduzieren. Wenn es in der Realität so ist, dass ei­ne 11. und 12. Stunde gearbeitet werden, und wenn es vielleicht auch so ist, wie Sie sagen, dass Überstunden nicht ausbezahlt werden, so dient dieses Gesetz gerade da­zu, dafür zu sorgen, dass sich der Arbeitnehmer aussuchen kann, die 11. und 12. Stun­de zu arbeiten und auch, ob er das ausbezahlt oder entsprechend als Zeitausgleich haben möchte. (Bundesrat Schabhüttl: Genau das ist ja das Schlimme daran, dass er es sich nicht aussuchen kann!)

Ich möchte noch einmal die Fakten zusammenfassen: Es bleibt bei täglich 8 Stunden und es bleibt bei den wöchentlichen 40 Stunden als Normalarbeitszeit. Wer etwas an­deres sagt, sagt bewusst nicht die Wahrheit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Suggerieren Sie bitte nicht den Menschen, dass sie jetzt täglich 12 Stunden arbeiten müssen, denn die durchschnittliche Arbeitszeit wird nicht erhöht und somit muss es auch auf der ei­nen Seite weniger werden, wenn es auf der anderen Seite einmal mehr geworden ist!

Nehmen wir das Beispiel, wenn jemand im Burgenland oder in jedem anderen Bundes­land außerhalb der Ballungszentren arbeitet! Er hat dann die Möglichkeit, sich selbst dafür zu entscheiden, zum Beispiel Montag bis Donnerstag mehr zu arbeiten und sich eben nicht ins Auto zu setzen, nicht die Kilometer abzuspulen und auch nicht die Um­welt zu belasten, sondern zu Hause bei der Familie zu sein und das auch entspre­chend in Einklang zu bringen. (Bundesrat Lindner: Dann schreiben Sie das so ins Ge­setz!)

Es können jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer die 11. und 12. Überstunde ablehnen, es gibt eine echte Freiwilligkeit. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Was auch oft nicht gesagt wird, ist, dass die Ablehnung keine Nachteile für den Ar­beitnehmer und die Arbeitnehmerin bringen darf. Das ist im Gesetz so vorgesehen, damit gibt es ein umfassendes Benachteiligungsverbot. Sollte es zu einer Kündigung aufgrund solcher Themen kommen, dann ist diese natürlich rechtswidrig, und es ist überhaupt nicht in unserem Sinne und auch gar nicht die gelebte Praxis in den Unter­nehmen, das zu tun. (Zwischenruf des Bundesrates Lindner.)

Wir haben im Moment Fachkräftemangel. Sie wissen das, wir wissen das, dass der Fachkräftemangel im Augenblick die größte Herausforderung in der österreichischen Wirtschaft ist. Diese Flexibilisierung ermöglicht es, einerseits wettbewerbsfähig zu sein, Aufträge anzunehmen und für kurze Zeit einmal mehr zu arbeiten. Es ermöglicht aber auch, dann entsprechend weniger zu arbeiten, wenn auch weniger Aufträge da sind.

Zweitens ist mir wichtig, das Faktum festzuhalten, dass die Zuschläge weiterhin be­zahlt werden. Vereinbarte Überstunden sind mit Überstundenzuschlägen oder Zeitaus­gleich zu vergüten. Für die 11. und 12. Stunde kann der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin entsprechend den Lebensumständen selbst entscheiden. Das – da haben Sie recht – gab es noch nie! Es ist die Ausstattung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Rech­ten, die es bisher noch nicht gab. Das ist auch etwas, das man, wenn man die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter aufklärt, erwähnen muss. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Schabhüttl.)

Wir plädieren dafür und haben das auch so vorgesehen, dass es in Österreich mün­dige und selbstbestimmte Menschen gibt, die auch selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie ein Projekt fertig machen wollen oder ob sie es nicht fertig machen wollen, son­dern erst später fertig machen wollen. Wenn sie dies selbst entscheiden, so können sie das jetzt auch bei der 11. und 12. Stunde tun. (Bundesrat Novak: Das wird nicht ak­zeptiert!)

Klären wir bitte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen möglichst gut auf! Nutzen wir die zur Verfügung stehenden Mittel und sagen wir ihnen auch, dass es, wenn es einmal 12 Stunden sind, dann an einem anderen Tag 0 Stunden oder 4 Stun­den sind. Es ist alles eine Frage der Perspektive, wenn man es nur von einer Seite betrachtet, so ist es nur die halbe Wahrheit.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich haben es verdient, dass wir uns für sie einsetzen, dass wir Gesetze und Rahmen schaffen, die ihnen mehr Flexibi­lität geben, die ihnen die Möglichkeit geben, ihren Job so zu gestalten, wie sie es gerne möchten. Das haben wir mit diesem Gesetz vorgesehen, und ich danke für Ihre Un­terstützung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Schabhüttl: Aber die Zuschläge haben Sie vergessen!)

13.05

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. Ich erteile dieses.