13.58.21

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein|: Frau Präsident! Meine werten Bundesräte! Wo sind eure Taferln, habt ihr die schon umgeschrieben? (BundesrätInnen der SPÖ halten Tafeln mit den durchgestrichenen Zahlen 12 und 60 in die Höhe.) Sind es jetzt nur mehr 48? (Bundesrat Beer: Was soll das jetzt?)  Na, 48! Ich habe im Nationalrat auch schon gesagt, ihr sollt die umschreiben!

Viele Menschen wollen arbeiten, viele wollen sich etwas aufbauen, junge Menschen, vor allem jene, die am Beginn ihrer Karriere stehen und Familien gründen. Wir alle wis­sen es: Viele arbeiten bereits jetzt 12 Stunden täglich. Viele stempeln aus und arbeiten dann noch 2 Stunden weiter. Wir sorgen dafür, dass diese Dienstnehmer – und das hat die Frau Präsidentin auch schon gesagt – einen Rechtsanspruch auf Vergütung für die­se geleisteten Stunden erhalten, sodass sie das auch durchsetzen können.

Unser Arbeitsrecht ermöglicht zwar hinsichtlich Normalarbeitszeit, also der regelmäßi­gen Arbeitszeit ohne Überstunden, durchaus flexible Arbeitsmodelle, bei der Höchstar­beitszeit fehlen jedoch diese Möglichkeiten. Ich halte die Möglichkeit einer Höchstar­beitszeit von 12 Stunden täglich beziehungsweise 60 Stunden wöchentlich für wichtig, um rasch und unbürokratisch mögliche Arbeitsspitzen abdecken zu können. Die Inter­essen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden dadurch nicht verletzt, im Ge­genteil: Es liegt im Interesse der Mitarbeiter, bei entsprechender Auftragslage die Ar­beitszeit auszudehnen und dafür auch mehr Freizeit genießen zu können. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Rösch stellt eine Tafel mit der Aufschrift „12 Stunden am Tag“ vor sich auf das Pult.)

Das Wesentliche an dieser Novelle ist ja, dass eine längere Arbeitszeit zeitnah durch Freizeitblöcke ausgeglichen werden kann, meine Damen und Herren, und so die Erho­lung der Beschäftigten gewährleistet ist und die Gesundheitsgefährdung der Arbeitneh­mer und Arbeitnehmerinnen nicht steigt. Man kann es nicht oft genug sagen: Die durchschnittliche Arbeitszeit in Österreich ändert sich nicht. Es wird stattdessen eine höhere Flexibilität ermöglicht, um die gleichbleibende Arbeitszeit einfacher zu verteilen. Die Anzahl der jährlich zulässigen Arbeitsstunden bleibt gleich. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Im Abänderungsantrag wurde die Freiwilligkeitsgarantie wirklich noch einmal für alle explizit festgehalten. Damit wird für alle klargestellt, dass Arbeitnehmer nicht gegen ih­ren Willen zu mehr als 10 Stunden pro Tag oder 50 Stunden pro Woche herangezogen werden können. (Ruf bei der SPÖ: Schöne Träume! – Bundesrat Schennach: ... süß!) Die bittere Lektion für die Bundes-SPÖ ist in Wahrheit die, dass es für die Wahrung des Interessenausgleichs zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern keine SPÖ in der Regierung braucht. Das ist das Problem, das ihr habt! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ sowie Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt gegen die SPÖ-Angstgeschichten ist das Kostenargument. Für die 10. bis 12. Stunde haben wir bekanntlich die Überstundenzuschläge zweifelsfrei fest­geschrieben, egal ob in Geld oder in Freizeit. Ein betriebswirtschaftlich ausgerichteter Unternehmer denkt im Gegensatz zum ÖGB bei einer 60-Stunden-Woche sofort an die Personalkosten; die wirken sich als betriebswirtschaftliche Bremse aus, denn jeder weiß, dass eine 60-Stunden-Woche sehr teuer ist. Kein Unternehmer wird das also aus Jux und Tollerei machen, sondern er wird es gezielt einsetzen, wenn es notwendig ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das zeigt mir aber wieder, dass die roten Planwirtschafter den freien Markt bis heute nicht verstanden haben – sorry. (Heiterkeit, Beifall und Bra­vorufe bei der FPÖ sowie Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Grimling: Unglaublich!)

Ein Satz zu den bestehenden Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen: Durch die Novelle werden sie nicht aufgehoben, sie bleiben aufrecht und enden nach Zeitab­lauf. Und zur Zahl der Betriebsräte – Kollege Rösch hat das schon kurz angeschnit­ten –: Insgesamt haben nur 14 bis 20 Prozent aller Betriebe einen Betriebsrat. (Bun­desrat Todt: Dann brauchen Sie ja nicht mehr reden! Weiterer Ruf bei der SPÖ: Sei­en Sie vorsichtig mit Ihrer Polemik von der Regierungsbank! – Zwischenruf der Bun­desrätin Grimling.) Nur 14 bis 20 Prozent! Das heißt, die Hälfte der unselbständig Be­schäftigten wird von Betriebsräten vertreten, die andere Hälfte nicht, und diese andere Hälfte schützt jetzt diese Regierung. Das haben Sie vergessen, da hätten Sie längst etwas tun können. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Gesetzlich kommt es für kleine Betriebe und für Großbetriebe also nicht nur auf die Anzahl der Führungsebenen an, auch das ist ein wichtiges Thema, sondern auf den je­weiligen Dienstnehmer und seine individuelle Freiheit bei seiner persönlichen Freizeit­gestaltung. Ob er aufgrund einer hohen Stellung selbst entscheiden kann, wann er arbeitet, oder ob aufgrund einer hohen Stellung die Arbeitszeit im Vorhinein festgelegt ist, darauf kommt es an, und nicht auf das Runterzählen, welche Ebene es ist. Das haben Sie, glaube ich, auch noch nicht so ganz verstanden.

Diese Novelle bringt, und das halte ich ganz klar und dezidiert fest, erstens den stärksten Schutz für die einzelnen Arbeitnehmer, die nicht durch einen Betriebsrat ver­treten sind, zweitens die Verankerung der Betriebsräte im Gesetz, drittens die Auf­tragssicherung durch eine flexible Abdeckung von Spitzenzeiten bei unverändertem Arbeitszeitvolumen sowie die Möglichkeit zu einem verlängerten Wochenende und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für mich steht im Vordergrund, dass wir bald ein modernes Arbeitszeitgesetz haben, das an die heutigen Lebensverhältnisse und Lebenswelten angepasst ist und den Wirtschaftsstandort Österreich stärkt, weil wir mit dem Wandel der Arbeitszeit gehen wollen, anstatt ihn zu bekämpfen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich bin davon überzeugt, dass diese Novelle gut gelungen ist und dass die Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgewogen berücksichtigt wurden. Anstatt Gefah­ren zu sehen, sind große Chancen auch für die Arbeitnehmer ins Zentrum zu stellen. Dabei ist ein zentrales Anliegen nicht nur die Freiwilligkeit, sondern gerade auch die Stärkung der Selbstbestimmung; das wurde heute auch schon erwähnt. Für etliche Men­schen könnte gerade das ein Segen sein.

Und nun zur Kollegin von den Grünen: Ich habe Karl Marx zitiert, das ist richtig. An­scheinend haben Sie ihn nicht gelesen (Bundesrätin Mühlwerth: Auf gar keinen Fall verstanden!); ich durfte ihn während meiner Studienzeit lesen. Ich beschäftigte mich in meiner Studienzeit auch mit anderen Ideologien, als Sozialwissenschaftlerin muss man das tun. (Ruf bei der SPÖ: Muss?!) Ich habe Karl Marx zitiert: „Freiheit ist ein Luxus, den sich nicht jedermann leisten kann.“ – Freiheit ist wirklich für die Allerwenigsten leist­bar, wenn man darunter versteht, dass man genug besitzt und nicht dem täglichen Broterwerb nachgehen muss. Eine Gesellschaft, in der jeder so viel arbeitet, wie er kann oder will, und dafür jeder das hat, was er braucht, bleibt natürlich eine sozialisti­sche Utopie.

Mit dieser Novelle aber wird die Verteilung der Arbeitszeit flexibilisiert, und umgekehrt wird die Verteilung der Freizeit flexibilisiert. Der Luxus von längeren Freizeitblöcken, von längerer Freiheit, wenn man so will, wird durch diese Novelle verbessert. (Bun­desrat Schennach: Alleinerziehende Mütter werden sich bedanken!) Wir stellen also sicher, dass durch die Flexibilisierung der Arbeitszeit auch der Luxus von längerer Frei­zeit für jedermann besser leistbar wird, weil wir keinen Utopien nachhängen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Und, Frau Abgeordnete, ich lasse mich weder durch Pflastersteine noch durch sonst etwas einschüchtern. Ich kämpfe für die Menschen in unserem Land. (Anhaltender Bei­fall bei FPÖ und ÖVP sowie Bravorufe bei der FPÖ.)

14.06

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke, Frau Minister.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Stefan Zaggl. – Bitte sehr.