11.17

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Vize­prä­si­dent! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Eines muss man dem Bun­desrat lassen: Das Thema Digitalisierung wird immer wieder zum Thema gemacht, und das ist gut so. Wir sind nämlich tatsächlich mitten in dieser digitalen Transfor­mation und wissen noch immer nicht, wie sich diese nicht nur auf die Wirtschaft und auf die Menschen, sondern auch auf die Umwelt und die Natur auswirken wird.

Damit in Österreich einiges vorangeht, das haben schon meine Vorredner und Vorred­nerinnen festgestellt, braucht es einiges, zum Beispiel den Ausbau von Open-Data-Plattformen – da ist die Kooperation zwischen Bund und Ländern sicherlich noch zu verstärken – und die flächendeckende rasche Implementierung von schnellerem Inter­net, vor allem auf dem Land, die Stärkung und Vermittlung digitaler Kompetenzen im schulischen Bereich – das war heute auch schon Thema – oder den verstärkten Ein­satz von Open-Source-Produkten anstelle von Investitionen nur in mächtige Mono­pole.

Sie alle hier im Bundesrat haben vor Kurzem ein Buch des ÖGB-Verlags mit dem Titel „Überall ist Zukunft“ bekommen; es gibt sehr viele Maßnahmen, insbesondere den Arbeitsmarkt betreffend, die wir umsetzen müssten. Wenn man sich aber Ihre Maßnahmen anhört, so wird man das Gefühl nicht los, dass das eher torpediert wird und Sie gänzlich auf anderes setzen. Ein Beispiel: Wenn man fragt, wem der digitale Wandel nützt, dann antworten Sie zuallererst: der Wirtschaft, den Unternehmen. Wenn man fragt, wie sich das auf das Arbeitsleben auswirkt, sagen Sie: Na ja, es gibt Home­office und in Zukunft 12-Stunden-Tage!, anstatt einer Umverteilung der Arbeitslast, die durch diese digitale Transformation möglich wäre.

Woran erkennt man Ihre Positionierung noch? – Mittlerweile finden es ja recht viele schick, in Zukunft mit dem Elektroauto auf der Busspur zu fahren und den öffentlichen Verkehr zu behindern. Sie aber haben Ihre grundsätzliche Haltung nicht aufgegeben, diese ist: schnell, schneller, noch Gewinne machen, hinter mir die Sintflut! Dabei sind Sie sicherlich nicht die Anwälte der Bürger und Bürgerinnen und stehen nicht für eine ressourcenschonende Transformation, die aber möglich wäre.

Auf der anderen Seite wissen wir, dass die digitale Transformation nicht nur die Wirt­schaft trifft, sondern vor allem unsere Umwelt, und dass das zusammenhängt, blenden Sie nach wie vor aus. (Bundesrätin Mühlwerth: Wir schaffen es einfach ab, nicht? Dann ist alles gut!) – Es ist tatsächlich, Frau Mühlwerth, sehr einseitig, den Fokus auf Gewinne und Unternehmen zu legen, auch wenn diese Bereiche womöglich profitabler sind.

Mittels digitaler Technologien – und das dürfen wir nicht vergessen – können nämlich Ressourcen, Zeit und Kosten gespart werden. Wir wissen aber auch, dass die Digita­lisierung gleichzeitig zu mehr Ressourcenverbrauch führen kann. Wir wissen, dass diese Ressourcen beschränkt sind. Die Kollegin von der ÖVP hat vorhin die Car­sharingsysteme angesprochen, wobei wir mittlerweile aus Studien wissen, dass diese die Massenverkehrsmittel verdrängen können und der Verkehr im städtischen Bereich dadurch sogar um 40 Prozent steigen kann.

Wir müssen deshalb, wenn wir über Digitalisierung reden, ganz dringend auch andere Fragen als nur jene die Wirtschaft betreffend beantworten. Wie muss Digitalisierung eingesetzt werden – das wäre eine solche Frage –, sodass vom technologischen Fort­schritt in Zukunft möglichst viele profitieren und die Umwelt dabei nicht zerstört wird?

In der Politik müssen wir uns fragen (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), ob digitale Wachstumsökonomie wirklich nur bedeutet, dass weiterhin einige einzelne Konzerne davon profitieren und wir noch schneller an die planetaren Grenzen stoßen. Was bedeutet Digitalisierung nicht nur für die Unternehmen und die Wirtschaft, sondern auch für die Landwirtschaft? – Auch diese Frage wurde heute gänzlich ausgelassen.

Mir ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass alle diese Bereiche zusammen gedacht wer­den müssen, dass es zu kurzsichtig ist, den Fokus lediglich auf die Unternehmen zu legen und zu versuchen, die Störenfriede auszuschalten. Das passiert aktuell und wird im Zusammenhang mit dem geplanten Standort-Entwicklungsgesetz im Bundesrat noch Thema sein, auch im Zusammenhang mit der Novelle zur Umweltver­träglichkeits­prüfung. Da wird sichtbar, dass für die Regierung der Umweltschutz ein lästiges Hindernis ist (Ruf bei der FPÖ: Der Umweltschutz nicht, aber die Umweltschützer!), wenn es um Wirtschaftsinteressen und um die Durchsetzung von Großprojekten – ohne Einbindung der von Ihnen so oft zitierten Menschen – geht.

Eines ist klar: Wir werden das Thema hier weiterhin behandeln, und Sie können sich sicher sein, dass wir als Grüne weiterhin darauf verweisen werden, dass die digitale Transformation zwar eine große Chance für uns alle ist, aber zum Risiko und zur Gefahr wird, wenn wir ausblenden, dass sie ausschließlich der Wirtschaft zugutekom­men soll, und wenn wir nicht auf die Ressourcen achten, nicht darauf achten, was es für den Arbeitsmarkt bedeutet, wie uns Arbeitsplätze abhandenkommen und wie wir das in Zukunft besser umverteilen können.

Ein Bereich wurde hier ebenfalls ausgelassen – und die Zeit lässt es auch nicht zu, das jetzt ausführlich zu besprechen –, nämlich die Frage von Hass und Hetze im Internet. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Im digitalen Zeitalter ist auch das eine große Herausfor­derung, wir werden aber beim nächsten Tagesordnungspunkt noch zu gesetzlichen Verschärfungen kommen. Da wird es dann hoffentlich möglich sein, auf dieses Thema näher einzugehen. – Ich danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

11.24

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich noch einmal die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr und bitte wieder, die 5 Minuten im Auge zu behalten. – Bitte.