12.24

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vereinfachungen und Entbüro­krati­sierungen bei der Unternehmensgründung sind natürlich begrüßenswert – auch wenn es mit der Onlinegründung nur ein kleiner Schritt ist.

Mit der Nutzung digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht – meine Vorredner haben ja schon im Einzelnen ausgeführt, worum es geht; ja, in manchen Fragen sind wir uns durchaus einig – entsprechen wir ja auch einer EU-Richtlinie, die einen gewissen Umsetzungsspielraum lässt. Österreich hat ihn in der Weise genützt, dass der Notar oder die Notarin weiterhin für die Identitätsfeststellung zuständig ist. Das ist auch wichtig, denn es geht ja um Gläubigerschutz im Falle einer Insolvenz oder bei Sozialabgaben auch um Ansprüche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, um Konsumentenschutz und so weiter, aber zum Beispiel bei Steuern auch um Ab­gabenschuld und um die entsprechende Einbringlichkeit. Hier muss natürlich das System so gestaltet werden, dass es gegen Korruption und Korruptionsversuche resis­tent ist.

Das ist also eine gute Sache, wenn man das Idealbild eines seriösen produzierenden, Arbeitsplätze schaffenden Unternehmers oder einer Unternehmerin vor Augen hat. Nur wissen wir, dass es leider auch schwarze Schafe gibt, also negative Ausnahmen, von denen wir immer wieder lesen müssen. Durch Scheinfirmen und Schachtelkonstruk­tionen werden Steuern und Abgaben minimiert oder gar hinterzogen, und die Behörden hinken bei der Verfolgung sehr oft hinterher, jedenfalls mit der Geschwindigkeit, und können mit diesen grenzüberschreitenden Verflechtungen einfach nicht Schritt halten. Deshalb ist eben alles daranzusetzen, dieses System oder insgesamt die Systeme gegen alle Formen von Korruption, Steuer- und Abgabenhinterziehung, aber auch gegen legale Möglichkeiten, Steuer- und Abgabenminimierung zu betreiben, resistent zu machen.

Skepsis, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist vor allem dort angebracht, wo bei einer GmbH keine echte Produktion oder Dienstleistung nachgewiesen werden kann, sondern eben etwa zum Beispiel nur der Verkauf von Lizenzen, Marken- oder Namens­rechten. Wir haben da jetzt auch ein Negativbeispiel zur Kenntnis nehmen müssen, als ein groß angelegter Sozial- und Förderbetrug in der Steiermark aufgeflogen ist. Da wurden Dutzende Firmen in der Baubranche, aber auch im Transportwesen und im Personalmanagement gegründet, da wurden Scheinrechnungen gestellt und die ver­rech­neten Beträge dann über Firmen in Malta und Bulgarien sozusagen wieder reinge­waschen. Hier gilt es natürlich, den ermittelnden Behörden in der Steiermark ein großes Lob und Kompliment auszusprechen, dass es ihnen gelungen ist, denen auf die Spur zu kommen.

Eines muss aber schon gesagt werden: Leichter wird es nicht, nicht nur wegen dieser Schnellverfahren, sondern insgesamt, da die Möglichkeiten offensichtlich immer aus­gedehnter und die Machenschaften auch immer dreister werden. Deshalb möchte ich auch einen ganz großen Appell an die Bundesregierung richten, dass sie die Perso­nalressourcen und insgesamt die Ressourcen für die Kontrollen eher ausweitet und keinesfalls einschränkt, bei den Betriebsprüfungen im Sozialbereich, aber natürlich auch bei der Finanzpolizei. Die Ressourcen müssen natürlich entsprechend angepasst werden, da sich solche Fälle, wie wir sie jetzt wieder erleben mussten, häufen. Da braucht es seitens der ermittelnden Behörden die größtmögliche Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

Da wir gerade beim Justizthema sind, möchte ich auch ein paar Worte zu diesem – Fall, möchte ich jetzt nicht sagen, aber – Urteil sagen, das gegen unsere ehemalige Kollegin Sigrid Maurer ausgesprochen wurde. Ich glaube, das muss bei jedem Men­schen mit einem Gerechtigkeitssinn (Ruf: Gerechtigkeitsgefühl!) – genau! – einfach Emotionen und Widerstand auslösen. Es ist wirklich unfassbar, was da passiert ist, aber es wird jetzt in der Instanz ja noch betrachtet. Da gibt es offensichtlich eine Regelungslücke.

Anerkennen muss man, dass Ihr Kollege Moser wie auch Staatssekretärin Edtstadler in Aussicht gestellt haben, sich das anzusehen und auch noch zu evaluieren. Was mich aber schon gestört hat, ist, dass hier von einem Anlassfall gesprochen wurde, denn das kann es keinesfalls sein. Es ist ein prominenter Fall, ja, einer, der durch die Medien gegangen ist, aber dieser Fall steht stellvertretend für ganz, ganz viele Opfer solcher – würde ich sagen – Straftaten, für ganz, ganz viele – vor allem – Frauen. Jede dritte Frau ist von Belästigung, Beleidigung im Netz betroffen. Das ist kein Anlassfall, und wir als SPÖ – aber auch andere Fraktionen und auch Teile der Zivilgesellschaft – haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass es hier einen besseren Schutz braucht. Da sind wir natürlich als Gesetzgeber gefordert, diesen Schutz auch zu bieten.

Wie gesagt, von einem Anlassfall kann hier nicht gesprochen werden, sondern von einem weiteren Motivationsfaktor, in diese Richtung auch tätig zu werden. Es kann verschiedene Möglichkeiten geben, es muss nicht immer das gerichtliche Strafrecht bemüht werden. Man könnte hier vielleicht auch über das Verwaltungsstrafrecht eine Handhabe geben, über Beweislastumkehr, über verschiedenste Möglichkeiten.

Da Sie, Herr Bildungsminister, hier sind: Es ist natürlich auch ganz wichtig, präventiv zu wirken, auch in den Schulen entsprechend aufklärerisch zu wirken, wie man sich wirklich im Netz artikulieren darf und was zu vermeiden ist. (Bundesrätin Mühlwerth: Bei welchem Tagesordnungspunkt bist du eigentlich?) – Da der Herr Minister heute hier ist und wir zum Justizkapitel sprechen, wollte ich das nicht unerwähnt lassen. – Ich danke herzlichst für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.32