12.49

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Lieber Herr Vizepräsident! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren auf der Zu­schauergalerie und vor dem Fernsehgerät! Wir haben heute schon sehr viel über Genossenschaften gehört, wir haben auch schon beinahe eine Raiffeisenwerbung gehört. Es ist auch sinnvoll und gut, künftig sollen Genossenschaften wie Kapital­gesellschaften die Möglichkeit haben, eine Spaltung vorzunehmen.

Wörtlich heißt es in den Erläuterungen: „Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen könnte die Rechtsform der Genossenschaft insgesamt an Attraktivität gewinnen.“ Das ist auch gut so.

Über den Revisor haben wir heute schon viel gehört, auch der Revisor wird in diesem neuen Gesetz in die Pflicht genommen, ohne Haftungsbeschränkung im Interesse der Gläubiger und im Interesse der Genossenschaft tätig zu sein. Auch das ist gut so, das haben wir alles auch am Dienstag im Ausschuss besprochen. Rechtstheoretisch spricht natürlich nichts dagegen, es erweitert den Handlungsspielraum und den Gestaltungs­spiel­­raum der Genossenschaften.

Jedoch unterscheidet sich die heutige Vorlage, wie sie uns jetzt vorliegt, wie beim Strafrechtsänderungsgesetz doch sehr stark von der ursprünglichen Regierungsvor­lage, die in die Begutachtung geschickt worden ist. Darin war die Aufspaltung auch für gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften vorgesehen, die das aber selbst gar nie haben wollten. Sie haben das anders gesehen. Die gemeinnützigen Wohnbauge­nos­senschaften unterliegen, wir wissen das, sehr, sehr strengen Regeln, wie zum Beispiel dem Kostendeckungsprinzip. Nach der Ausfinanzierung ist eine Genossenschafts­woh­nung, also eine gemeinnützige Wohnung, natürlich der weitaus günstigste und preis­werteste Wohnraum, den es überhaupt nur geben kann. Das heißt, durch dieses Kostendeckungsprinzip kann kein nennenswerter Gewinn erzielt werden.

Es stellt sich also die Frage, nach welchen Kriterien solche gemeinnützigen Wohn­baugenossenschaften aufgespalten werden könnten. Der Wert dieser Objekte richtet sich natürlich auch danach, wo diese Wohnungen liegen, in strukturschwachen Ge­bieten sind die Wohnungen natürlich billiger als anderswo. Große Gefahren für das leistbare Wohnen wären in Ihrer Vorlage gegeben gewesen. Es wäre, behaupte ich, ein Einfallstor für den Abverkauf der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften gewesen, es wäre ein Einfallstor für eine weitere Zerschlagung einer anerkannten Institution gewesen.

Wer hätte daran Interesse gehabt, solche Wohnhausanlagen zu erwerben? – Kleiner Tipp: Schaut nach, wer eure Wahlkampfkosten mitfinanziert hat! Wir wissen es, natürlich waren es auch die großen Immobilienspekulanten, wie es der Zufall so haben will. Wie wir mittlerweile wissen, sind ja auch viele Großspender für die Österreichische Volkspartei im Wahlkampf aus diesem Bereich aufgetreten. Sie hätten an diesen wertvollen Wohnbaugenossenschaften natürlich sicherlich großes Interesse. Vielleicht ist gar schon mit dem einen oder anderen Sektglas auf diesen Gewinn angestoßen worden, wir wissen es nicht. Der wenig profitablere Bereich würde sich selbst überlas­sen werden, wie wir es auch kennen.

Jetzt frage ich mich: Ist dieser derzeitigen Regierung bei diesem Gesetz ursprünglich wirklich ein blöder Fehler unterlaufen – nobody is perfect, das kann ja sein –, als Sie die Wohnungsgenossenschaften in diesen Entwurf hineingenommen haben, oder ist dies wiederum bewusst auf Anordnung Ihrer reichen Freunde geschehen, nach dem Motto „fette Wahlspenden gegen günstigen Wohnraum“? Hätten, nachdem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich schon für diverse Wahlspenden bluten müssen – siehe 12-Stunden-Tag –, als Nächste auch die Mieterinnen und Mieter bluten sollen?

Diese Fragen müssen Sie sich gefallen lassen, schon allein deshalb, weil schon 1993 mit dem Wohnrechtsänderungsgesetz ganz deutlich klargestellt wurde, dass die Spal­tung von Kapitalgesellschaften auf Gemeinnützige nicht angewendet werden kann. Das heißt, man hätte das damals schon bei den Genossenschaften generell nicht zugelassen, nun war es in Ihrem Entwurf wieder enthalten. Es war sehr ärgerlich, dass Sie das gemacht haben oder zumindest versucht haben, deshalb finde ich es auch sehr, sehr positiv, dass dieser Punkt jetzt herausgenommen wurde, dass dies jetzt klar geregelt ist – ich habe es ja erwähnt –, da es Ihnen bewusst gewesen sein musste, dass die Wohnungen da nicht hineingenommen werden können.

Auch diese Diskussion und diese Materie haben bewiesen, dass es sich auszahlt, wenn sich Bündnispartner auch außerhalb der parlamentarischen Opposition zusam­mentun und auf fundierter Grundlage für die Änderung von Vorhaben dieser derzeiti­gen Regierung eintreten (Bundesrätin Mühlwerth: Jetzt sind wir schon viel weiter, als ihr es je wart!), denn wir wissen nie, was Ihnen als Nächstes einfällt, welche Graus­lichkeiten Sie als Nächstes in Husch-Pfusch-Verfahren durchboxen möchten.

Das Genossenschaftsspaltungsgesetz, wie es jetzt vorliegt, bringt Fortschritte für die Genossenschaften. Abschließend noch: Es ist erfreulich, dass die Gemeinnützigen entsprechend ihren legitimen Interessen jetzt ausgenommen sind. Alle Maßnahmen, die ich aufgezählt habe, können Sie im Übrigen auch in den Stellungnahmen der Ge­mein­nützigen nachlesen. Dem Gesetz sind die Giftzähne gezogen worden, jetzt wer­den wir diesem auch zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.56

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile dieses. – Bitte.