11.42

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Geschätztes Plenum! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Liebe Frau Bundesministerin, als wir den Initiativantrag bezüglich Änderung des Hagelversiche­rungs-Förderungsgesetzes von Ihnen erhalten haben, haben wir uns gedacht: Das ist eine gute Sache, den Landwirtinnen und Landwirten muss da geholfen werden, dem sollten wir eigentlich zustimmen. Als wir uns aber genauer mit der Thematik auseinan­dergesetzt haben, sind wir auf einige Fakten gestoßen, die da hinterfragenswert sind.

Wie Sie im Nationalrat treffend festgestellt haben, Frau Ministerin, sind die Auswir­kungen des Klimawandels mittlerweile überall spürbar. Nicht nur in Österreich, sondern weltweit merkt man, was passiert. Auch die gerade abgehaltene UNO-Klimakonferenz in Kattowitz hat dem mit ihren Themen Rechnung getragen. Auch der UNO-General­sekretär António Guterres hat in seiner Rede eindringlich darauf hingewiesen und ein gemeinsames entschlossenes Handeln gefordert.

Wie Sie festgestellt haben, kommt es in Österreich nunmehr aufgrund von Dürre und Unwettern laufend in erhöhtem Ausmaß neben gewaltigen Naturschäden auch zu Ern­teausfällen. Laut Ihren Aussagen betragen die Ernteausfälle regional über 40 Prozent, und bundesweit sprechen Sie von Ernteausfällen im Ausmaß von bis zu 15 Prozent. Diese Ausfälle stellen sicher für viele Betriebe eine Existenzbedrohung dar.

Dieser Initiativantrag beinhaltet also die Erhöhung der Förderung von Versicherungen gegen Elementarrisken von 50 Prozent auf 55 Prozent inklusive der Ausweitung der Förderung auf Tierversicherungen. Die Finanzierung dieser Vorhaben soll zu 50 Pro­zent vom Bund aus dem Katastrophenfonds und zu 50 Prozent aus Mitteln der Bun­desländer erfolgen. Jährlich sollen rund 23 Millionen Euro zusätzliche Fördermittel zur Unterstützung dieser Risikovorsorge aufgestellt werden.

Nach Ihren Angaben soll dies ein Anreiz für die österreichischen Bäuerinnen und Bau­ern sein, sich unter leistbaren Bedingungen selbst zu versichern und somit Risikovor­sorge zu betreiben. Eine finanzielle Absicherung unserer österreichischen Landwirte wäre sicherlich wünschenswert.

Doch wie sieht das in der Praxis aus? – Wenn man sich bei einem Versicherungsun­ternehmen versichert und Schäden auftreten, und dies in vermehrtem Ausmaß – was aufgrund des Klimawandels leider zu befürchten ist –, dann werden die Prämien er­höht. Ist man als Einzelner in vermehrtem Ausmaß davon betroffen, kommt es sogar zu Kündigungen durch das Versicherungsunternehmen. Werden mit dieser Maßnahme wirklich unsere Landwirte unterstützt, oder handelt es sich hierbei nicht eher um eine Förderung der österreichischen Versicherungsunternehmen auf Kosten der Steuer­zahler?

In diesem Zusammenhang fällt mir auch ein Spruch ein: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ Eines muss klar sein: Die Entschädigungszahlungen machen das Fehlen bei den Ernteerträgen nicht wett, und das geht dann irgendwo auf die Dauer nicht mehr gut. Daher wäre es aus unserer Sicht notwendig, in Ihrem Mi­nisterium für Nachhaltigkeit – und ich betone hier die Nachhaltigkeit – Maßnahmen ein­zuleiten, die die eingangs erwähnten Schadensereignisse nicht im Nachhinein finan­ziell abgelten, sondern finanzielle Anreize schaffen, um zum Beispiel Dürreschäden schon vorzeitig zu begegnen. Weiters wäre es aufgrund des Klimawandels notwendig, die landwirtschaftlichen Betriebe zukunftsfit zu machen und auf die Möglichkeit von zwei Ernten vorzubereiten.

Das System der künstlichen Bewässerung findet man bereits in vielen Teilen Europas, die mit dem Problem der Dürre und Trockenheit konfrontiert sind. Österreich gilt als eines der wasserreichsten Länder. Wir haben zurzeit kein Wasserproblem, sondern ein Verteilungsproblem. Die Klimaerwärmung ist eine Tatsache und wird zukünftig noch verstärkt unsere Landwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen. Mit Bewässerungssystemen könnte man dem wesentlich entgegenwirken.

Warum setzt man hier auf Entschädigung und nicht auf Prävention? Vielleicht sollte man da beim Gesundheitssystem Anleihe nehmen, wo schon länger bekannt ist, dass Prävention erfolgreicher ist als die Bekämpfung von Krankheiten im Nachhinein. Wenn ich aus meiner beruflichen Erfahrung sprechen und das mit der Diabetesvorsorge ver­gleichen darf, so empfehlen wir bei der Diabetesvorsorge, die Ernährung umzustellen, sich mehr zu bewegen, auf Nikotin und Alkohol zu verzichten; wir suchen da keine Versicherungsmodelle, die im Fall von Amputationen oder Erblindung die Schäden im Nachhinein abdecken.

Liebe Frau Bundesminister, erfreulich wäre es auch gewesen, wenn wir im Zuge der heutigen Sitzung einen Initiativantrag Ihrerseits behandeln hätten können, der sich mit den aktuellen Unwetterschäden der land- und forstwirtschaftlichen Bereiche in unse­rem Heimatbundesland Kärnten auseinandergesetzt hätte, und diesen Initiativantrag einem mehrheitlichen Beschluss zuführen hätten können.

Kollege Spanring hat heute bereits eine Berufsgruppe vor den Vorhang geholt, und das möchte ich an dieser Stelle jetzt auch tun. Gestern war der Tag des Ehrenamtes. Wenn man bedenkt, wie viele Ehrenamtliche im Katastropheneinsatz tagtäglich die Be­reitschaft bekunden zu helfen – in Kärnten waren es beim letzten Unwetter 5 000 –, so haben sie, glaube ich, für das, was sie mit ihrem Einsatz an Schäden abgewandt und für die Landwirtschaft getan haben, einen besonderen Applaus verdient. (Allgemeiner Beifall.)

Wie Sie sich selbst überzeugen konnten, ist ein Drittel unseres gesamten Bundeslan­des durch Sturm, Starkregen, Hochwasser und Murenabgänge massiv in Mitleiden­schaft gezogen worden. Die Schäden belaufen sich nach ersten Schätzungen auf mehr als 260 Millionen Euro. 102 Millionen Euro stehen angeblich aus den Mitteln des Kata­strophenfonds zur Verfügung.

Dabei ist noch völlig unklar, wie viel davon für die Abdeckung der Schäden im Bundes­land Kärnten überhaupt zur Verfügung steht. Da wäre es notwendig, dass Sondermittel für Hilfsmaßnahmen sofort zur Verfügung gestellt werden, denn, und jetzt nehme ich Anleihe bei der FPÖ in Kärnten, wer schnell hilft, hilft doppelt.

Wie ich selbst als Betroffener berichten kann, handelt es sich bei diesen Wetterka­priolen leider nicht um Einzelereignisse. So wurde meine Gemeinde innerhalb von elf Monaten bereits zum zweiten Mal von Orkanstürmen mit Spitzen bis zu 130 km/h und von Starkregenereignissen in den Karawanken in Mitleidenschaft gezogen. Es kam zu großflächigen Schäden im Forstbereich, aber auch an vielen Gebäuden sind schwere Schäden entstanden. Es kam in ganz Kärnten zu Schäden, die die Existenzgrundlage vieler landwirtschaftlicher Betriebe für die nächsten zwei bis drei Generationen ver­nichteten.

Bedauerlicherweise kommt es im Zuge dieser Ereignisse zu Aktionen, bei denen die betroffenen Landwirte – neben dem entstandenen Schaden – durch die Preisgestal­tung von Großbetrieben noch größere Verluste hinnehmen müssen. Es wäre hier drin­gend notwendig, dass diesen Krisengewinnern vonseiten der Regierung Einhalt ge­boten wird, um die Not der betroffenen Landwirte nicht noch zu vergrößern.

Es ist löblich, dass sich die österreichische Bundesregierung des Themas Katastro­phenschutz annimmt, jedoch ist das Hagelversicherungs-Förderungsgesetz der falsche Weg. Zum einen müsste hier ein Gesamtkonzept entwickelt werden, zum anderen ist es so, dass eine – in diesem Fall von oben verordnete – Kofinanzierung durch die Bundesländer nur mit deren Mitsprache und deren Zustimmung erfolgen kann. Wenn es der Plan dieser Regierung ist, Probleme zu lösen, indem sie als Förderer der Ver­sicherungsunternehmen auftritt, dann sind das ja schöne Aussichten!

Es ist ja bereits bekannt, dass mehrere Versicherungsmodelle in der Schublade lauern, wie die VIP-Zusatzversicherung für schnellere und bessere Gesundheitsvorsorge oder die geplanten Pflegeversicherungen in der Altersvorsorge. Sie treten auch da wieder den Beweis an, Klientelpolitik zu betreiben, die Wohlhabenden zu bevorteilen und die­jenigen, die sich nicht alles leisten können, zu schwächen. Aus diesem Grund wird un­sere Fraktion diesem Initiativantrag die Zustimmung nicht erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Preineder zu Wort. Ich erteile es ihm. – Bitte.