15.18

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Mit der Abschaffung des Pflegeregresses ist vielen Men­schen in unserem Lande doch ein großer Stein vom Herzen gefallen. Es war ein unge­mein großer sozialpolitischer Schritt, der für alle Menschen in Österreich nachhaltig Gültigkeit hat und ein hohes Maß an sozialer Sicherheit gewährleistet. Dies gilt natür­lich insbesondere für jene Menschen, die pflegebedürftig sind beziehungsweise pflege­bedürftig werden. Der enorme Druck des staatlichen Zugriffes auf das Hab und Gut ganzer Familien wurde genommen.

Gleichzeitig mit der Abschaffung des Pflegeregresses wurde auch ein weiterer großer Schritt verlangt, nämlich für die Beschäftigten im Bereich der Pflege Maßnahmen zu setzen, um eine entsprechend fachlich fundierte Ausbildung zu ermöglichen. Weiters sollten 50 Prozent der Kosten für die mobile Hilfe aus einem Pflegefonds abgesichert werden. Erklärtes Ziel war es, im gesamten Bereich der Pflege auf die besonderen Be­dürfnisse jener Menschen, die Behinderungen beziehungsweise Einschränkungen ha­ben, besonders Rücksicht zu nehmen. Leider ist es nicht gelungen, die Zustimmung des damaligen Koalitionspartners zu einer nachhaltigen Finanzierung der Pflege zu er­halten. Vorgesehen war eine Finanzierung durch die Einführung einer Erbschafts- oder Schenkungssteuer. Doch das war nicht möglich, und die Gründe dafür sind uns allen bekannt.

Nun kam es zu Sonderkonstruktionen, deren Qualität – wie man heute sieht – außer­ordentlich problematisch ist. Jetzt muss man die Pflegekosten finanzieren und einen Zweckzuschuss in Höhe von 340 Millionen Euro für das Jahr 2018 gewähren. Leider ist auch deutlich geworden, dass man sich nicht an jene Vereinbarungen hält, die mit den Ländern, den Ländervertretern, getroffen wurden. Man ist vonseiten des Bundes so aufgestellt, dass dieses Geld aus den Umsatzsteueranleihen des Bundes kommen soll und im Dezember an die Länder ausbezahlt wird. Aufgabe der Länder ist es dann, die­se Mittel transparent und zeitnah an die betroffenen Gemeinden, Städte, Sozialfonds und Sozialhilfeverbände zu verteilen. Die Endabrechnung ist erst im Nachhinein, 2019, vorgesehen. Die tatsächlich ermittelten Mehrkosten für das Jahr 2018 sollen dann auch als Grundlage für weitere Verhandlungen zwischen Bund und Ländern dienen.

Diese beabsichtigte Vorgehensweise entspricht nicht den Vereinbarungen mit den Län­dern. Es wurde kein absoluter Höchstbetrag in Höhe von 340 Millionen Euro zur Ab­geltung der Auswirkungen des Pflegeregresses an Länder und Gemeinden vereinbart. Diesen sind nach erfolgter Abrechnung die tatsächlichen Kosten zu ersetzen. Der Be­trag von 340 Millionen Euro wird nur als Akontierung für das Jahr 2018 in der vorge­sehenen Form akzeptiert. Die Abgeltung der den Gemeinden entstandenen tatsächli­chen finanziellen Auswirkungen hat durch den Bund zu erfolgen, und als Abrechnungs­termin kommt bestenfalls der 30. April 2019 infrage. Das ist das Ergebnis der Landes­hauptleutekonferenz, das einvernehmlich festgelegt und akzeptiert wurde.

Diese Kunstgriffe und Sonderfinanzierungsformen sind deshalb notwendig geworden, da andere Formen der Finanzierung, wie sie von den Sozialdemokraten vorgeschlagen wurden, bisher abgelehnt wurden. Heute, meine Damen und Herren, wurde von der SPÖ ein konkreter Plan zur Unterstützung Pflegebedürftiger und Angehöriger vorge­legt. Es geht bei einem so bedeutenden Thema, das für uns in der Zukunft noch rele­vanter wird, nicht allein darum, reflexartig alles schlechtzureden, sondern es geht da­rum, konkrete Lösungsmodelle zu präsentieren, Modelle, die eine Absage an eine schnelle Showpolitik sind, Modelle, die ein wirkliches Angebot für die Menschen bedeu­ten, eben Modelle, wie sie heute in einem SPÖ-Pflegekonzept zur nachhaltigen Lö­sung der Pflegefragen vorgelegt wurden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesra­tes Stögmüller.)

Der Dreistufenplan der SPÖ würde für eine nachhaltige Lösung der Pflegefragen sor­gen. Es wird einmal den Betroffenen ermöglicht, so lange zu Hause betreut zu werden, wie es geht, zum anderen müsste niemand Angst davor haben, sich eine qualitativ hochwertige Pflege nicht leisten zu können. Peter Kaiser, der Kärntner Landeshaupt­mann, der diese Vorschläge heute kommentiert hat, führt aus, dass die Pflegemilliarde, das heißt die Aufstockung des Pflegegarantiefonds um 1 Milliarde Euro, den Betrof­fenen die Inanspruchnahme eines hochwertigen Pflegeangebotes ermöglicht. Werden diese Angebote zusätzlich um die stundenweise Heimhilfe aufgestockt, dann können pflegebedürftige Menschen aus einem wirklich großen Pflegeleistungspool schöpfen.

Zur Finanzierung der zusätzlichen Kosten schlägt Kaiser eine ernsthafte Diskussion beispielsweise über eine Millionärssteuer in Form einer Erbschaftssteuer ab einem Geldvermögen von 1 Million Euro (Zwischenrufe bei der FPÖ) sowie über eine Digital­transaktionssteuer vor. Abzulehnen ist aber jegliche neoliberale Finanzierungsfantasie wie zum Beispiel eine Pflegeversicherung. Es ist Aufgabe der österreichischen Bun­desregierung, dafür Sorge zu tragen, die Steuereinnahmen so umzuschichten, dass Österreich als eines der reichsten Länder der Welt seinen Menschen ein bestens funk­tionierendes Pflegesystem anbieten kann. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesra­tes Stögmüller.)

Die Bundesregierung ist daher aufgefordert, den heute vorgelegten SPÖ-Pflegeplan als das wahrzunehmen, was er ist: ein konstruktiver Lösungsvorschlag, um das Pflege­wesen in Österreich auf qualitativ hohem Niveau zukunftsfit zu machen. Die Regierung kann die jetzige Diskussion auch als Chance aufgreifen und nutzen, um gemeinsam an einem Tisch und auf Augenhöhe eine Lösung zu finden.

Meine Damen und Herren, Pflege ist wichtig, Pflege muss finanziert werden. Daher wird die Zurverfügungstellung ausreichender Finanzmittel für die Pflege gefordert. Es kann keinen Deckel und keine Höchstgrenze geben für das Recht, in unserem Lande eine qualitativ hochwertige Pflege zu bekommen, wenn man sie braucht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

15.25

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gelangt Frau Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile es ihr.