BundesratStenographisches Protokoll887. Sitzung, 887. Sitzung des Bundesrates am 19. Dezember 2018 / Seite 108

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tionen, für die Arbeit der Zivildiener draußen überhaupt bringen? Was soll die Organi­sation davon haben, dass sich der Zivildiener plötzlich mit Fragen der Verfassung oder der Bundesgesetzgebung auskennt? – Das ist schön und gut, aber er hätte das im Rahmen des Bildungssystems lernen sollen, dort aber vermissen wir es nach wie vor.

Da muss ich Sie noch einmal fragen, Frau Staatssekretärin: Warum hat man diese Aufgaben nicht in den pädagogischen Einrichtungen implementiert? – Das wäre es, was wir endlich angehen müssten. Wir müssten es endlich schaffen, politische Bildung im Bildungssystem zu implementieren.

Es gibt noch weitere Probleme und Fragezeichen betreffend diese Novelle wie zum Beispiel die Kosten. So muss das Modul während der Dienstzeit absolviert werden. Es steht zudem im Gesetz, dass in der Einrichtung die erforderliche technische Infra­struktur zur Verfügung gestellt werden muss – die Einrichtung muss das tun, so steht es im Paragrafen, man kann nicht irgendwo anders hingehen, wie es im Ausschuss ge­heißen hat. Das heißt, die Kosten bleiben wieder bei den Organisationen hängen.

Natürlich erkenne ich die Intention der Bundesregierung an, und will es auch nicht schlechtreden. Noch einmal: Ich erkenne an, dass jungen Menschen dadurch Staats­bürgerkunde nähergebracht werden soll. Wir müssen aber darüber reden, ob es nicht sinnvoller wäre, das woanders zu tun, denn auch die Überwälzung von Kosten, von ganz klar staatlichen Aufgaben – die Bildung junger Menschen in Staatsbürgerkunde – auf gemeinnützige und mit Spendengeldern finanzierte Organisationen ist für mich al­lein schon ein Grund, dieser Novelle heute nicht zuzustimmen.

Auch betreffend § 19 des Zivildienstgesetzes – dieser beschreibt, dass ein Zivildiener nach einem Krankenstand von 24 Kalendertagen entlassen wird – bin ich, ehrlich ge­sagt, skeptisch – das sind sicher auch viele Organisationen. Sie müssen sich das dann auch in der Praxis anschauen. Gerade im Rettungsdienst ist es mir manchmal lieber, der Kollege, die Kolle- - – Entschuldigung, jetzt hätte ich fast gegendert, es ist der Zi­vildienerkollege – bleibt einmal einen Tag länger zu Hause, anstatt weitere Kollegen im Rettungsdienst oder Patienten anzustecken.

Oder: Stellen Sie sich vor, er hat einen Hexenschuss und soll einen Patienten tragen. Da sage ich zum Zivildiener, er soll lieber noch drei oder vier Tage länger im Kran­kenstand bleiben, bevor es zu einem Notfall kommt und er den Patienten nicht tragen kann, man ein zweites Rettungsauto braucht oder sogar eine lebensgefährdende Si­tuation entsteht. In der Praxis wird sich zeigen, ob das überhaupt machbar ist oder da­durch wieder Probleme entstehen.

Wenn wir schon einmal das Thema Zivildienst hier im Parlament besprechen, darf ich gleich einmal grundsätzlich zu einer Reform des Zivildienstes aufrufen. 2013 gab es eine Volksbefragung zum Thema Wehrpflicht, wie Sie wissen. Rund 60 Prozent der Wahlberechtigten waren für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Besonders spannend fand ich die Ergebnisse der Befragung nach der Volksbefragung: 80 Prozent der Wehr­pflichtbefürworterInnen haben den Zivildienst als ihr Hauptargument angegeben. Der Zivildienst war also der Grund, weshalb man die Beibehaltung der Wehrpflicht wollte. Daran sieht man, welche Bedeutung der Zivildienst in unserer Gesellschaft mittlerweile hat.

Glauben Sie mir, auch die Organisationen leben davon, dass die Zivildiener einen or­dentlichen Zivildienst absolvieren können, dass es ihnen gut geht. Wichtig ist die Mundpropaganda, dass der Zivildiener zu seinem Bruder sagt: Dort beim Roten Kreuz, bei der Caritas oder dort und dort ist es gut, da machst du auch deinen Zivildienst! – Gerade in Zeiten geburtenschwacher Jahrgänge – die wir gerade haben – erkennt man ganz deutlich, welche Organisationen sich besonders um die Zivildiener kümmern und welche nicht.

 


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