BundesratStenographisches Protokoll887. Sitzung, 887. Sitzung des Bundesrates am 19. Dezember 2018 / Seite 144

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Im Nationalrat haben Kolleginnen und Kollegen Vorschläge eingebracht, ich möchte diese hier nicht wiederholen. Es hat einen Abänderungsantrag gegeben, den die Re­gierungsfraktionen aber zurückgewiesen haben.

Was lernen wir daraus? – Wir sind uns wahrscheinlich alle einig, dass die Wahlbeteili­gung steigen muss. Das ist ein demokratischer Prozess, die Vertretungswahl; aber an­scheinend tut diese geringe Wahlbeteiligung nur der Wirtschafts- und Führungselite gut. (Ruf: So wie bei der Arbeiterkammer!)

Zum Abänderungsantrag, der kurzfristig eingebracht wurde: Auf meine Frage an den Experten im Ausschuss – und da waren ja einige Kolleginnen und Kollegen vom Wirt­schaftsausschuss dabei –, und zwar den zuständigen Experten aus dem Wirtschafts­ressort, aus dem Bundesministerium für Wirtschaft, war dieser ein bisschen über­rascht, denn ich habe gefragt, was er zum Organ Standortanwalt sagt. Wir alle muss­ten über die Antwort, die gekommen ist, ein bisschen lächeln. Das Ministerium oder zu­mindest die Mitarbeiter und Vertreter des Ministeriums waren gleich überrascht wie wir, dass so ein Antrag kommt, und der Experte konnte zu diesem Thema und zu dieser Funktion wenig bis gar nichts sagen. Wer das wohl durchgesetzt hat, diese Frage stelle ich hier in den Raum.

Es kommt aber noch ein bisschen schlimmer, was unsere Vermutungen betrifft. All­gemein ist es ja so, dass über das Vorliegen einer Standortrelevanz in Zukunft vom Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Infrastrukturministerium innerhalb einer Frist – das haben wir heute schon bei Tagesordnungspunkt 14 gehört – von sechs Monaten auf Basis der Empfehlung eines sechsköpfigen Standortbeirats, des­sen Mitglieder von sechs Ressorts nominiert werden, bestimmt wird. Die im Abände­rungsantrag enthaltene Regelung kann aber auch dazu führen, dass künftig Sie, Frau Wirtschaftsministerin, über die weisungsgebundenen Standortanwälte direkt in die Ver­fahren der Länder als UVP-Behörden eingreifen können.

Wir wollen es ja nicht vermuten, aber das geht. Im Extremfall könnte das also dazu füh­ren, dass das Wirtschaftsministerium einen aus Ländersicht gut begründeten Ableh­nungsbescheid anfechten lassen kann, weil man dort der Meinung ist, dass dieser dem öffentlichen Interesse widerspricht. In § 19 Abs. 12 des Umweltverträglichkeitsprü­fungsgesetzes heißt es dazu nämlich – ich zitiere –: „Der Standortanwalt hat in Geneh­migungsverfahren Parteistellung und ist berechtigt, die Einhaltung von Vorschriften über öffentliche Interessen, die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen, gel­tend zu machen und zur Einhaltung dieser Vorschriften Beschwerde an das Bundes­verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.“

Summa summarum kann also gesagt werden, dass dieses Gesetz wiederum Wirt­schaftsinteressen vor Umweltinteressen stellt und von uns daher abzulehnen ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.36


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. Ich erteile ihm dieses.


21.36.50

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Beschluss geht es um die Wirtschaftskammer­organisation. Sie wissen, das ist jener Organismus, der als Körperschaft öffentlichen Rechts gesetzlich zur Vertretung der Interessen seiner Mitglieder berufen ist.

Ich möchte mich im Zusammenhang mit der Wirtschaftskammerorganisation hier auch outen: Ich war in meinen jungen Jahren Mitarbeiter dieser Organisation, habe ihre Leis­tungsfähigkeit aus dem Inneren heraus kennengelernt. Ich habe sie als Funktionär in


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