11.51

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Wertes Präsidium! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Auch bei der Entstehung dieses Gesetzes wurde der zuerst wirklich positiv eingeschlagene Weg der Verhandlung zwischen den Sozialpartnern wiederum einseitig von der Bundesregierung verlassen. Wieder muss man mit großem Bedauern erkennen, dass die geplante Änderung zum Großteil zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht.

Positiv zu bewerten ist, dass es nun zu längst fälligen Anpassungen im Bereich des Arbeitsrechtes kommt, wie die Einführung des Kündigungsschutzes bei Fehlgeburten und die Einschränkung der Verkürzung der Ruhezeit bei Jugendlichen in der Vieh­pflege und Melkung. Ebenso werden die Anpassung der Regelung des Arbeitneh­merInnenschutzrechts auf den aktuellen Stand und das höhere Schutzniveau als wichtige Schritte gesehen. Zu begrüßen ist auch die Übernahme der Internatskosten durch die Lehrberechtigten in der Land- und Forstwirtschaft sowie die Möglichkeit, diese refundieren zu lassen.

Vorausschickend muss ja nicht betont werden, dass die Beschäftigten in diesem Be­reich besonders schwere körperliche Arbeit verrichten. Bei diesem Gesetz ist aber besonders die vorliegende Arbeitszeitregelung zu beachten. Nun kann die tägliche Normalarbeitszeit in der Gleitzeitregelung auf 12 Stunden verlängert werden, wenn ein blockweiser Verbrauch von Zeitguthaben gestattet ist. Für normale Arbeitszeit ohne Arbeitsspitzen- oder Gleitzeitvereinbarung wird eine tägliche Höchstarbeitszeit von 11 Stunden und eine wöchentliche von 52 Stunden einfach normiert. Es wird die Höchstarbeitszeit nach oben geschraubt, ohne dass es irgendeiner Begründung des Dienstgebers bedarf. Das noch vor Kurzem von der Bundesregierung im Zusam­menhang mit dem neuen Mehrarbeitsgesetz betonte Ablehnungsrecht von Über­stun­den wird gleich ignoriert. Von Freiwilligkeit ist keine Rede, ein Benachteiligungsverbot bei der Ablehnung erst gar nicht vorgesehen.

Natürlich ist klar, dass es im Bereich der Landwirtschaft zum Beispiel bedingt durch Wetterumschwünge zu außergewöhnlichen Umständen kommt. Nun wird aber in jedem Fall kein Ablehnungsrecht von Überstunden eingeführt, bei dem berücksich­tigungswürdige Interessen vorliegen. Das ist eine eindeutige Schlechterstellung zum Status quo und zum derzeit geltenden Arbeitszeitrecht. An dieser gesetzlichen Rege­lung zeigt sich wieder, wie ohne Eindämmung der Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufs Spiel gesetzt wird. Durch diese längeren Arbeitszeiten steigt das Unfallrisiko in dieser besonders belasteten ArbeitnehmerIn­nengruppe noch mehr.

Ein besonders negatives Highlight besteht im Falle einer Beendigung des Dienstver­hältnisses. Wenn hier noch Zeitguthaben für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestehen und gutgeschrieben sind – und jetzt kommt’s – müssen diese für Vollzeitbeschäftigte mit 50 Prozent Zuschlag abgegolten werden, für Teilzeitbeschäftigte aber nur mit 25 Prozent Zuschlag. Eindeutiger kann man Frauen, die hauptsächlich davon betroffen sein werden, die zum Großteil eben diesen Teilzeitbeschäftigungen nachgehen, nicht mehr diskriminieren.

Auch hier zeigt sich: Die Interessen der Frauen sind dieser Regierung kein Anliegen! Als besten Beweis dafür kann man – und das ist wirklich bestürzend – das Verhalten der Bundesregierung bei der Beschäftigung mit der Frage des Frauenvolksbegehrens sehen. Die Regierungsbank blieb leer, als man das Frauenvolksbegehren behandelt hat. 500 000 Menschen haben es unterschrieben! Man kann das Volksbegehren in Teilen mögen oder nicht mögen, man kann es ablehnen oder nicht ablehnen, aber 500 000 Menschen haben dieses Volksbegehren unterschrieben – und die Regierung und vor allen Dingen die Frauenministerin finden es nicht einmal der Mühe wert, sich auf die Regierungsbank zu setzen und sich diese Diskussion anzuhören. Das ist wirklich bedenklich. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

Zur vorliegenden Gesetzesänderung muss weiters noch die besondere Situation der ErntehelferInnen erwähnt werden. Erntehilfe ist einer der prekärsten Jobs in Öster­reich. Leider sind hier Arbeitszeitrechtverstöße, schlechte Quartiere und Vorenthaltung des Entgelts keine Seltenheit. Das wissen wir aus der Beratung. Durch die avisierte Erleichterung bei der Beschäftigung der ErntehelferInnen wird die Gefahr der Entgelt­schmälerung für diese Arbeitnehmergruppe leider noch größer.

Ziel auch dieses Gesetzes ist es, den Unternehmerinteressen weit entgegenzukom­men. Gewinn und Vorteil sind wichtiger als die Gesundheit und das Wohlergehen der Arbeitnehmerinnen und -nehmer. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

11.56

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. – Bitte.