18.10

Bundesrätin Sandra Kern (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher zu Hause! Ich bin sehr dankbar für dieses Gesetz, und ich bin dankbar dafür, dass wir heute im Bundesrat darüber diskutieren können. Wir haben in Niederösterreich mit Personal­vertretern von allen Schulstufen im Frühjahr eine Runde gemacht, in der wir Verbes­serungen für unser Schulsystem diskutiert haben. Das haben wir dann auch medial präsentiert. Ganz viele Forderungen von damals finden wir in diesem pädagogischen Paket wieder, das freut uns sehr.

Ich möchte mich nicht nur für den Inhalt des pädagogischen Pakets bedanken, sondern auch für die Art und Weise, wie der Prozess, wie das Zustandekommen dieses Pakets abgelaufen ist. Es waren nicht nur wissenschaftliche Experten daran beteiligt, sondern es waren Pädagoginnen und Pädagogen von Schulen daran beteiligt; es waren Men­schen daran beteiligt, die tagtäglich in der Schule stehen; es waren Personal­vertre­terinnen und Personalvertreter daran beteiligt. Man hat viele Meinungen zusammen­gefasst – und dafür spreche ich ein großes Dankeschön aus. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Bildung ist ja auch das Fundament für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Bildung ist entscheidend, wenn es darum geht, in Beschäftigung zu kommen. Bildung ist entscheidend, wenn es darum geht, in Beschäftigung zu bleiben. Sie kennen die Zahlen: Wir haben fast 20 000 Arbeitslose ohne abgeschlossene Ausbildung in Öster­reich; wir haben fast 130 000 Arbeitslose mit nur einem Pflichtschulabschluss. Und es ist unsere Verantwortung, unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann bei der Qualifizierung zu begleiten und zu unterstützen.

Eine Tatsache ist, kein Kind gleicht dem anderen. Genauso vielfältig, wie unsere Kin­der sind, muss auch die Vielfalt in unserem Schulsystem sein. Ja, Doris, ich bin voll bei dir, jedes Kind soll dieselbe Chance haben, aber ich bin nicht bei dir, wenn du sagst, dass jedes Kind die Fähigkeit hat, im Gymnasium zu sitzen und ein Studium abzu­schließen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Hahn: ... Chance haben!)  Die Chance habe ich auch genannt, das habe ich auch gesagt, da bin ich voll bei dir! (Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Deswegen gibt es ein klares Bekenntnis zu einem differenzierten Schulsystem, ein klares Bekenntnis zur Wahlmöglichkeit, und es gilt: Nicht jedem das Gleiche!, sondern: Jedem oder jeder das Seine oder Ihre!

Für uns ist auch klar, dass das neue Pädagogikpaket ein Maßnahmenpaket dafür ist, um unsere Kinder bestmöglich auf die Herausforderungen von morgen und auf eine moderne Arbeitswelt vorzubereiten. Der Leistungsgedanke ist in allen Gesellschafts­bereichen wesentlich, so auch in der Schule. Ich bin schon fast ein bisschen müde, das Wort Leistung dauernd verteidigen zu müssen. Leistung ist nämlich nichts Schlechtes, sondern wir brauchen das in allen Bereichen – und das bedeutet: fördern und fordern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es braucht auch individuelle Lösungen. Ich darf es am Beispiel der Deutschklassen, die auch so verteufelt werden oder wurden, kurz anführen: In Niederösterreich gibt es die Deutschklassen bereits seit Februar. Über 2 000 Kinder wurden an 80 Schul­standorten betreut. Wir haben 60 Pädagoginnen und Pädagogen dadurch in Beschäfti­gung gebracht. Ja, das kostet Geld! Ja, das ist es uns wert! Auch da gilt: fordern und fördern. Es geht darum, leistungsschwächeren Kindern unter die Arme zu greifen, ohne den regulären Unterrichtsverlauf dabei zu beeinträchtigen – klar nach dem Motto: Neue Herausforderungen brauchen auch neue Antworten. Die Rückmeldungen, die wir in Niederösterreich aus diesem Projekt bekommen – und ich glaube, Doris, das wirst du wissen –, sind sehr positiv.

Worum ist es uns gegangen oder was ist uns ganz wichtig? Das war heute noch kein Thema, und gerade deswegen möchte ich es ansprechen. – Es geht verstärkt darum, auf Begabungen und Talente von Kindern zu setzen – das haben wir schon gehört –, das bedeutet aber auch eine frühere und eine verpflichtende Berufsorientierung in allen Schultypen, beispielsweise mithilfe von einem Begabungskompass, beispielsweise indem man Berufstätige an Schulen holt, um unterschiedliche Berufsbilder vorzu­stellen, aber natürlich auch mittels Berufs- und Bildungsmessen. Es muss verstärkt mög­lich sein, an Schulen unterschiedliche Berufsbilder darzustellen und kennenzulernen.

Monika, da bin ich bei dir: Auch die Eltern müssen stärker in die Pflicht genommen werden. Die Verantwortung darf nicht alleine der Schule übertragen werden. So etwa auch bei der Schul- und Berufswahl: Schulen sollen nicht nach Prestige ausgesucht werden, sondern nach Talenten. Daher brauchen Expertisen von Lehrerinnen und Leh­rern beim Schulübertritt auch wieder mehr Gewicht. Ich bin froh, dass es Gespräche mit Pädagoginnen, Pädagogen und den Eltern im Vorfeld gibt, in denen darüber diskutiert wird, welche Schule die richtige für das Kind ist. Sowohl beim Mechaniker geht man davon aus, dass er das Richtige tut, als auch beim Arzt, der ein Attest erstellt, da sind sich alle einig, das wird nicht infrage gestellt. Daher sollten auch die Empfehlungen unserer Lehrerinnen und Lehrer, welche Schule am geeignetsten ist, wieder mehr Gewicht bekommen. – Das wäre einen Applaus wert. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ.) – Danke.

Wir glauben, dass wieder der richtige Weg eingeschlagen worden ist, damit die Schule wieder ein Ort wird, in dem Leistung zählt. Jedoch muss jedem klar sein – und da bin ich bei einigen meiner Vorredner –, dass diese Ausrichtung nicht sofort auf alle Fragen Antworten geben kann. Es ist ein Gerüst, auf das man gut aufbauen kann und das wir weiterhin mit Leben erfüllen müssen. Das ist die Aufgabe von uns Politikerinnen und Politikern. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

Ich darf zwei Punkte hervorheben, die uns sehr wichtig waren und die ich für sehr wichtig und richtig halte. Das eine ist das Thema leistungsorientierte Mittelschule ab der sechsten Schulstufe. Ergänzend zu den bisherigen Differenzierungsmaßnahmen in der Mittelschule soll es jetzt dauerhafte Leistungsgruppen geben – das ist schon angesprochen worden –: die zwei Leistungsniveaus Standard und Standard AHS. Das wird auch umgesetzt, um unsere Mittelschulen zu stärken. Seien wir doch ganz ehrlich: Wir haben das Problem, dass im städtischen Bereich alle ins Gymnasium möchten, aber die Mittelschule eigentlich ein super Schultyp, ein geeigneter Schultyp ist. Durch diese Maßnahme wird dieser aufgewertet, und dafür sage ich: Danke schön!

Der zweite Bereich, der uns ganz wichtig war und der von uns seit Langem gefordert wird – danke für die Umsetzung –, ist das freiwillige zehnte Schuljahr, das an Polytechnischen Schulen absolviert werden kann. Das ist für Schülerinnen und Schüler ganz wichtig, die vielleicht keinen Schulabschluss während der allgemeinen Schul­pflicht geschafft haben. Infolge dieses Pädagogikpakets ist es möglich, noch einmal eine Runde zu machen, ein zehntes Schuljahr einzuschieben und dann auch einen Schulabschluss zu haben.

Abschließend sage ich noch ein Dankeschön an alle Pädagoginnen und Pädagogen, die nicht am Dienstagmittag zu arbeiten aufhören, sondern mit sehr viel Leidenschaft, mit sehr viel Einsatz jeden Tag in der Schule stehen, sehr viel Verantwortung für unsere Kinder übernehmen und auch die Voraussetzungen schaffen, dass sich die Kinder weiterentwickeln können, um dann für eine moderne Arbeitswelt, in der sie sich entwickeln und mit ihrer Leistung beitragen können, bereit zu sein. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.18

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses.