11.32

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Kollegen und Kolleginnen! 30 Jahre Grüne im Parlament tragen Früchte. Forderungen, für die wir geprügelt wurden, sind immerhin mittlerweile Kon­sens. Das freut uns sehr! Nichtsdestotrotz möchte ich aufzeigen, wo Sie an der Glaub­würdigkeit doch noch ein bisschen schrauben müssen.

Es steht ja wohl außer Frage, dass die vordergründigste Aufgabe unserer Generation die Reduktion von Treibhausgasen und der Aufbau einer umweltfreundlichen und res­sourcenschonenden Wirtschaft und Gesellschaft ist, die frei von fossiler Energie sind und ohne diese auskommen. Die Ökologisierung unserer Wirtschaft ist auch eine his­torische Chance für uns, und zwar nicht nur, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und unsere Lebensqualität zu verbessern, sondern auch, um niemanden hier zurückzulas­sen. Diese aktuell vielzitierte Klimakrise, Naturzerstörung und Übernutzung von Res­sourcen bedrohen – das wissen wir mittlerweile alle – die Grundlagen, unseren Wohl­stand, aber auch unsere Sicherheit. Umweltverträglichkeit ist kein Luxus mehr, son­dern – auch darüber sind wir uns mittlerweile zum Glück einig – eine Notwendigkeit.

Wir Grüne fordern überhaupt ein europäisches Klimagesetz mit verbindlichen CO2-Budgets, um die Emissionen bis 2030 um mindestens – ich wiederhole: mindestens! –55 Prozent zu senken und eine emissionsfreie Wirtschaft aufzubauen. Von Österreich vernimmt man da zwar ein wenig Ambition, aber es wird Sie kaum überraschen: Aus­reichend ist das für uns nicht! Wenn es nach uns ginge, dürfte kein einziger Euro der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen mehr für die Finanzierung fossiler Brennstoffe ver­wendet werden. Mittel, die noch für die fossilen Energien verwendet werden, können in nachhaltige Lösungen wie Energieeffizienz, grenzüberschreitenden Zugverkehr und nachhaltige Landwirtschaft reinvestiert werden.

Um die Klimaziele zu erreichen – auch das wissen wir –, müssen wir in Europa bis 2030 stufenweise aus der Kohle und so schnell wie möglich danach aus allen anderen fossilen Brennstoffen, einschließlich Gas, aussteigen. Kernkraft – das steht außer Fra­ge – und Fracking dürfen für die Zukunft der sauberen Energien keine Rolle mehr spie­len.

Deshalb komme ich jetzt auch zu Ihrer ambitionierten #mission 2030. Diese wird zwar teuer kampagnisiert, wenn man aber dahinter schaut, zeigen sich doch ein paar Defi­zite, die diese Kampagne eben nicht ganz glaubwürdig erscheinen lassen. Im Zusam­menhang mit Ölheizungen wird beispielsweise der angekündigte Ausstieg aus dieser Beheizungsart gleich in den nächsten Zeilen wieder abgeschwächt. Weiters heißt es auch, dass der Ausstieg aus fossiler Energie im Neubau ab spätestens 2030 kommen soll, aber auch hier ist ein paar Zeilen später zu lesen, dass es durchaus Ausnahme­fälle geben soll. Auch der Ausbau des Gasnetzes wird nur „nach Möglichkeit“ – unter Anführungszeichen – eingestellt.

Festzuhalten ist weiters, dass ein Ausbau des Gasnetzes mit den Klimazielen absolut unvereinbar ist.

Bis 2030 ist eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 50 Prozent, eine Senkung des Energieverbrauchs um 30 Prozent und eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien auf 60 Prozent nicht nur möglich, sondern auch notwendig. Die­se Klarheit fehlt mir noch von Ihnen, Frau Ministerin!

Weil meine Zeit heute nicht ausreicht, um auf die anderen Punkte einzugehen, möchte ich zu dem kommen, was ich als nicht gänzlich glaubwürdig bezeichnet habe: Sie ge­ben zwar vor, hier richtige Schritte zu setzen, auf der anderen Seite widersprechen Ihre Maßnahmen genau diesen Schritten, die dann in der Praxis unrealistisch werden. Ich erwähne jetzt nur das hier im Bundesrat vieldiskutierte Standortentwicklungsgesetz.

Aber es gibt noch eine Sache, die äußerst interessant ist, wenn wir über den Ausstieg aus fossilen Energien reden und uns vor allem auch das von mir erwähnte Gas näher anschauen: Als Wladimir Putin im Juni in Österreich war, hat die OMV einen Gasab­nahmevertrag mit der Gazprom im Beisein Putins und des Kanzlers Kurz unterzeich­net. – Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass dieser Vertrag bis 2040 geht, also bis in eine Zeit, in der wir schon längst aus diesen fossilen Energieträgern ausgestiegen sein soll­ten! Es ist dies einer der am längsten gültigen Verträge in der EU überhaupt. Öster­reich hätte in diesem Zusammenhang die Möglichkeit gehabt, während der EU-Rats­präsidentschaft Verhandlungen aufzunehmen. Es wurde auch seitens vieler europäi­scher Mitgliedstaaten der Wunsch an Österreich geäußert, diese Verhandlungen auf­zunehmen. Das ist jedoch leider nicht geschehen. Gleichzeitig haben wir eine Richtlinie verzögert, die zu mehr Energiedemokratie und weniger Abhängigkeit von Russland führt.

Wieso sage ich das? – Weil das ein Kniefall vor Putin ist und gleichzeitig genau diese propagierten Klimaziele nicht nur vollkommen außer Acht lässt, sondern konterkariert.

Das heißt: Ihre #mission 2030 wird nur dann glaubwürdig, wenn auch konsequent vor­gegangen wird, und konsequent zu sein bedeutet gerade beim Thema Klimawandel eine Absage an einseitige Konzerninteressen. Wir stehen vor einem lebensbedrohli­chen Monstrum und machen Babyschritte!

Ich bringe hier ein paar Beispiele, weil Sie von Leuchtturmprojekten gesprochen ha­ben. (Bundesrätin Ecker: Die Lampe leuchtet!) Ich denke, bei Ihren Leuchttürmen wird das Licht sehr schnell ausgehen, wenn Sie hier außer schönen Strategien nicht die Basis dafür schaffen! (Bundesrat Schuster: Der Leuchtturm sagt: Schluss machen!) Und 140 km/h auf der Autobahn sind wahrlich kein Leuchtturm! Der Ausbau des Re­gionalverkehrs steckt noch immer auf der Strecke. Sie wollen den Radverkehr aus­bauen, und es gibt dafür kein Budget. (Zwischenruf der Bundesrätin Ecker.) Die Wär­medämmung in Österreich ist noch immer ein Stiefkindthema. Windenergie, Photovol­taik, all das scheitert an fehlenden Förderungen.

Der große Wurf ist es nicht. Entschlossenes Handeln schaut für uns anders aus. Des­halb ist auch nach 30 Jahren unser Auftrag klar: Wir werden weiterhin Druck machen, damit diesen Versprechungen auch konkrete Maßnahmen folgen. Ich hoffe, wir sind uns zumindest hier einig, dass diese einseitigen Interessen auch einmal in Angriff ge­nommen werden sollten, denn sonst wird sich einfach nichts bewegen in Österreich. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

11.40

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Zu einer abschließenden Stellungnahme hat sich nochmals die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.