12.51

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Werte Frau Präsident- - – Ent­schuldigung, wir haben ja zurzeit gar keine Frau Präsidentin. – Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Frau Ministerin! Wir Grüne wollen die Energie­wende in Österreich und in Europa. Das heißt für uns, wir müssen uns vom klima­schädlichen Öl, von der Kohle und dem Atomstrom endlich befreien. Es ist klar und muss uns allen hier klar sein: Das gelingt uns nur, wenn wir auf einen Energiemix aus erneuerbaren Energieformen setzen. Das sind Photovoltaik, Windenergie, Wasser­energie und eben auch die Biomasse.

Ich will heute ganz ehrlich versuchen, es so pragmatisch wie möglich zu machen, ohne irgendein parteipolitisches Hickhack – das steht uns Grünen, die wir hier mit zwei Bun­desrätInnen vertreten sind, auch nicht zu. Ich möchte das deswegen machen, weil es mir wichtig ist, weil es uns Grünen wichtig ist, dass die Holzkraftwerke in Österreich, die Ökostrom und Ökowärme produzieren, abgesichert sind (Bundesrat Schennach: Das sind sie ja nicht!), dass wir keinen Rückschritt im Ökostromausbau haben und kein Betreiber eines effizienten Holzkraftwerks schließen muss. Es geht um knapp 47 Anla­gen in ganz Österreich, die vor der Schließung stehen. Einige haben bereits mit dem Abbau begonnen. Glaubt mir das – wir haben das Energieressort, zum Beispiel in Salz­burg –: Die bauen ab! (Bundesrat Schennach: Und? Trotz des Gesetzes werden wei­tere ...!) Genau diese Schließungen, dieser Rückbau droht uns, wenn wir nicht schnell, nämlich ganz schnell zu einer Lösung und zu einer Rechtssicherheit kommen, Kollege Schennach.

Heute geht es um eine Übergangslösung – das hat die Frau Kollegin schon gesagt –, es geht um eine Übergangslösung bis zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Das kommt, soviel ich weiß – der Ministerialentwurf ist schon im Dezember vorgelegt worden –, noch im März, April, Mai; da in etwa soll der Entwurf kommen, ich hoffe wirklich, dass dieser im Herbst auch in Umsetzung ist.

Jetzt können wir hier gerne politisch diskutieren, warum wir dieses Gesetz nicht einer gescheiten Begutachtung im Parlament unterzogen haben; ja, das können wir. Da gibt es auch massive Kritik von unserer Seite, denn das ist wieder einmal ein Treten der Bundesregierung gegen das Parlament. Das gilt ganz besonders dann, wenn es um eine so heikle Materie geht, bei der man weiß, dass es dann an der SPÖ scheitern wird. Genau durch dieses politische Nadelöhr wird dann erzwungen, dass wir hier eine politische Diskussion haben.

Man kann aber auch kritisieren, warum man jetzt erst hellhörig geworden ist. Dass die Nachfolgetarife auslaufen, weiß man seit Jahren. Man hätte schon vor Jahren eine Lö­sung finden müssen, und da ergeht auch Kritik an die Vorgängerregierung. Schon seit Jahren weisen wir Grüne auf diese Problematik hin. Man hätte das schon unter Rupp­rechter lösen können, auch in der schwarz-roten Regierung dazumal. (Bundesminis­terin Köstinger: Ja, stimmt!)

Jetzt müssen wir uns aber einmal die Fakten ansehen: Worum geht es bei der Öko­stromnovelle? – Man hat schon sehr viel in den Zeitungen lesen können, in den letzten Wochen oder Tagen ist sehr viel darüber berichtet worden. Ich würde mir persönlich wünschen, dass viel mehr Ökothemen eine so große PR bekommen würden wie das Ökostromgesetz. (Beifall des Bundesrates Brunner.)

In Wirklichkeit aber ist es ja nicht etwas ganz besonders Spektakuläres, das muss uns klar sein. Es geht de facto darum, bis zum Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Ge­setzes 2020 eine Übergangslösung in Form von finanzieller Unterstützung für die Holz­kraftwerke in Österreich, die Ökostrom und Ökowärme produzieren, zu schaffen, damit diese weiterhin in Betrieb sein können. Dabei geht es nicht um irgendwelche neuen Anlagen oder irgendetwas Neues, sondern es dürfen nur jene Anlagen weiter gefördert werden, die bereits im Vorfeld gefördert sind, also keine neuen Anlagen. Es geht um 47 Anlagen, die einen Wirkungsgrad von über 60 Prozent aufweisen müssen. Mich wundert immer, dass das im Vorfeld der Diskussion in allen möglichen OTS-Aussen­dungen, in der Presse zu lesen war, denn das ist nichts Neues, die 60 Prozent sind be­reits 2009 im Gesetz gestanden. Das ist nichts besonders Neues, das hat bereits be­standen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesministerin Köstinger: Genau!)

Das Ganze wird dann von den Ökostromabgaben finanziert. Jetzt heißt es immer wie­der, auch in verschiedenen Tweets, dass das jetzt auf einmal Mehrkosten seien; das habe ich heute auf Twitter gelesen. – Nein, diese 150 Millionen Euro sind bereits in der Ökostromabgabe verankert. Dazu stehen wir Grüne auch. Wir brauchen diese Öko­stromabgabe für die Ökostromreform, damit wir in die Energiewende kommen. Dazu brauchen wir das, und da stehen wir auch dahinter.

Das Ganze wird per Verordnung je nach Kilowattstunde gefördert. Das ist genau der Punkt, wir hätten uns auch schon 2009 gewünscht, dass es eine gesetzliche Regelung gibt. Da sind wir unter Schwarz-Rot leider gescheitert.

Jetzt ist aber die Frage: Was machen wir in diesen Übergangsregelungen? – Eine Ver­ordnung – das ist nun einmal so – wird vom Ministerium entworfen und erlassen, und da muss auch die Ministerin den Kopf dafür hinhalten. Das ist draußen auch jedem klar: Wenn heute dieses Gesetz durchgehen würde, dann müsste die Ministerin dafür geradestehen und den Kopf hinhalten, weil die Betriebe zu ihr laufen und sagen: Frau Ministerin, bitte! Und wenn es Klientelpolitik ist, na bitte, dann werden ihr die ÖVPler aber reinrennen. Ja, es ist so. (Bundesministerin Köstinger nickt zustimmend.) Ich er­warte mir – das haben wir in den Vorbesprechungen, in den Verhandlungen mit der Mi­nisterin klar ausgemacht und das ist eine Forderung –, dass genügend Mittel zur Verfü­gung stehen müssen, die genau in dieser Verordnung abgesichert werden, sodass die effizienten Biostromanlagen weiterbetrieben werden können und nachhaltige Tarife entstehen.

Vor dem Erlass gibt es nochmals Gespräche mit allen im Parlament vertretenen Frak­tionen, das war uns im Vorfeld auch wichtig. Es ist nichts Neues, dass Verordnungs­entwürfe nachverhandelt werden, das haben wir schon öfter gemacht.

Jetzt kann man darüber diskutieren, warum diese Anlagen überhaupt gefördert werden müssen. Da haben wir sehr viel an Kritik gehört. Man muss aber wissen, dass faktisch kein einziger Energieträger nach den Marktregeln operiert; sei es Atomstrom, bei dem für die Entsorgung des Atommülls die Steuerzahler aufkommen müssen, sei es Gas oder Kohle – alle profitieren in irgendeiner Form von den politischen Rahmenbedin­gungen. Die drücken den Preis, sodass alternative und ökologische Energiegewinnung einfach nicht mitziehen kann.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Für uns ist klar, Ökostrom und Ökowärme sind na­türlich ein wichtiger Teil der Energiewende. Wir Grüne werden nicht dabei zusehen, wie dies irgendeinem politischen Spiel zum Opfer fällt. Dafür sind uns Grünen die The­men Klima und Umweltschutz einfach zu wichtig. Das meine ich nicht nur heute im Par­lament, sondern auch hinsichtlich der Umsetzung der Verordnung. Wir werden ganz gewiss ein Auge darauf haben, wie das dann in Zukunft ausschauen wird; und auch beim Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz werden wir, wenn wir dieses verhandeln, ein Auge darauf haben.

Wir werden mit allen Mitteln versuchen – das kann ich garantieren –, die Energiewende voranzutreiben. Deswegen haben wir Grüne uns von Anfang an mit der Ministerin an einen Tisch gesetzt – sogar noch ein paar Wochen vor dem Nationalratsbeschluss – und haben klare Rahmenbedingungen gefordert. Wir haben gesagt, wir wollen klare Rahmenbedingungen, damit diese Anlagen nicht abgebaut werden. Das war uns von grüner Seite wichtig, weil es in den Ländern draußen entsprechenden Druck von den Biostromanlagen gab. Die wollten eine Lösung haben. Das haben wir versucht, wir sind an die Ministerin herangetreten und haben gesagt: Gehen wir in die Verhandlungen!

Wir werden mit allen Mitteln versuchen, wie gesagt, hier mitzuverhandeln, denn für uns Grüne ist klar: Ökostrom zu blockieren schadet der Energiewende. Unser Ziel ist es, bis spätestens 2030 die Stromversorgung in Österreich vollständig von fossiler Energie auf erneuerbare Energie umzustellen und – das muss das Wichtigste sein – immer we­niger auf grauen Importstrom und Atomstrom angewiesen zu sein. Das braucht Kraft­anstrengung. Das ist aber nicht nur eine wesentliche Maßnahme für den Klimaschutz, sondern auch eine große Chance für den österreichischen Arbeitsmarkt. Das bringt Ar­beitsplätze und Green Jobs.

Nichtsdestotrotz mussten bei den Verhandlungen mit der Ministerin ein paar Rahmen­bedingungen klargestellt werden, und das ist uns gelungen: zum einen, dass es För­dertarife gibt, die den Weiterbetrieb der Anlagen nachhaltig absichern. Es muss klar sein, dass die effizienteste, größte Anlage in Simmering – da war ich zu Besuch, habe mir das vor Ort angeschaut, habe mit den Geschäftsführern geredet – ausreichend Un­terstützung bekommt. Im Ausschuss wurde auch klargestellt, dass es auch weiterhin Förderung gibt und der Weiterbetrieb abgesichert ist.

Wenn das nicht kommt, sperren die im Juli zu. Das hat uns die Geschäftsführung klipp und klar so gesagt: Im Juli sperren sie den Kasten zu. Dann ist der Ökostrom dort ab­gestellt, die Wärmeenergie ist aus, und dann heißt es: Import der Wärme und des Stroms. Das wollen wir alle hier herinnen nicht. Es gab aber auch Zusicherungen vom Ministerium, von der Ministerin, und auch noch im Ausschuss wurde uns bestätigt, dass der Weiterbetrieb in Simmering gewährleistet und garantiert ist; und auch nicht weniger, sondern dass sie auch ordentlich arbeiten können.

Für uns Grüne war in den Verhandlungen weiter wichtig, dass es zu keiner Doppelför­derung von Anlagen kommt; das war uns auch immer unklar.

Und wenn wir ganz ehrlich sind, meine sehr geehrten Damen und Herren: Was es – ganz ehrlich – endlich braucht, sind klare, transparente und faire Förderbedingungen für den Ökostrom und den Klimaschutz. Die würden wir schon seit Jahren brauchen. Es wäre auch einmal zu überdenken, ob wir statt Förderungen nicht in Form von An­teilsübernahmen vom Staat in die Anlagen investieren, die dann mit höheren Erträgen wieder zurückgekauft werden können. So könnte auch sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Sozialisierung der Verluste, aber zu einer Privatisierung der Gewinne kommt.

Noch viel wichtiger wäre auch eine ökologische, soziale und wirtschaftlich gerechte Steuerreform in Österreich. (Bundesrat Schennach: Da könntest du mit deiner Glaub­würdigkeit ... !)

Ich bin partout keiner, der dieser Regierung unterstellen will, die großen Schritte für den Klimaschutz irgendwie zu unternehmen, ganz im Gegenteil, es braucht aber Rechtssicherheit für die Ökostromanlagen, und es braucht in Österreich mehr Öko­stromanlagen und nicht weniger. Das ist der Punkt. (Bundesrätin Posch-Gruska: Ge­nau! Das ist der Punkt!)

Uns Grünen war es wichtig, dass alle Parteien in die zukünftigen Verhandlungen mit­einbezogen werden, denn nur gemeinsam über die Parteigrenzen hinweg können wir – ganz ehrlich – die Klimakrise stoppen. Wir Grünen fordern dazu auf, gerade weil wir nicht im Nationalrat sitzen. Man sieht das hier leider auch wieder, wie schmerzlich rund um dieses Ökostromdesaster verhandelt wird, und auch, welche Rückschritte es ohne eine Umweltpartei im Nationalrat in der Klimapolitik gibt und was passieren würde, wenn wir Grünen nicht schon im Vorfeld mit einem starken Mandat auch mitverhandelt hätten.

Auch wir zwei Bundesräte versuchen zumindest, noch die Punkte eines Entschlie­ßungsantrages mit der Regierung herauszuverhandeln, und diesen werde ich jetzt vor­tragen.

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Karl Bader, Monika Mühlwerth, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die zukünftigen Verhandlungen über den Ausbau der erneuerba­ren Energie“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus wird ersucht, dass

• der Parameter der Effizienz (Brennstoffnutzungsgrad) der Biomasse Anlagen eine zentrale Rolle für die Ausschüttung der Förderungen spielt

• es zu keinen Doppelförderungen für Stromerzeugungsanlagen auf Basis von Biomas­se auf Bundesebene kommt

• vor Erlass der Biomasse-Nachfolgetarifverordnung 2019 (NFT-VO 2019) ein Ge­spräch mit allen Fraktionen des Bundesrates und Nationalrates geführt wird, um einen nachhaltigen Tarif für sämtliche effizienten Anlagen sicherzustellen, sowie

• im Zuge der Ausarbeitung von strategischen Eckpunkten des Erneuerbaren Ausbau Gesetzes alle Fraktionen des Bundesrates und des Nationalrates einbezogen werden.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Für uns Grüne gibt es keine Alternative. Wir müssen die effizienten Anlagen und Ökostromanlagen in Österreich weiterführen.

Ein Schlussappell noch: Auch wenn heute dieses Gesetz durch die SPÖ blockiert oder abgelehnt wird, fordere ich sie auf, im Sinne der Klimapolitik, der Energiepolitik, des Klimaschutzes, des Naturschutzes doch wieder irgendwie zurück an den Verhand­lungstisch zu finden, zurückzukommen und auch gemeinsam für die Energiewende, den Naturschutz und den Umweltschutz zu kämpfen. Es ist notwendig. Es darf nicht da­zu kommen, dass Naturschutz und Umweltschutz aufgrund irgendeines politischen Hick­hacks irgendwie zu leiden haben. Das ist uns Grünen wirklich sehr, sehr wichtig. – Vie­len Dank. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

13.04

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Der von den Bundesräten Bader, Mühlwerth, Stög­müller, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „die zukünftigen Verhandlungen über den Ausbau der erneuerbaren Energie“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. Ich erteile es ihr.