11.09

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Mi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle fest: Was die Wertschätzung für die Krisenpflegeeltern betrifft, sind wir uns einig. Wir bringen den Krisenpflegeeltern die höchste Wertschätzung entgegen. Was uns aber unterscheidet – und das hat auch meine Kollegin Daniela Gruber-Pruner zum Ausdruck gebracht –, ist, dass wir auch die größtmögliche finanzielle Unterstützung für Krisenpflegeeltern haben wollen.

Wie auch meine Vorrednerin ausgeführt hat, sind natürlich die Anspruchsvorausset­zungen genau zu prüfen – das ist selbstverständlich –, aber wir sollten nicht formalju­ristische Argumente vorschieben, um den Krisenpflegeeltern dringend notwendige fi­nanzielle Unterstützung zu verwehren. Ich bitte Sie, diesbezüglich schon in sich zu ge­hen und auch analoge Fälle anzuschauen!

In anderen Fällen – ich nenne jetzt zum Beispiel das Pflegegeld – wird auch genau ge­prüft, dann aber rückwirkend ab dem Tag der Antragstellung ausbezahlt. Das heißt, das könnte man ja analog auch bei den Krisenpflegeeltern machen. Natürlich soll ge­nau geprüft werden, dann aber wirklich die volle Summe ausbezahlt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Bitte schieben Sie da nicht irgendwelche an den Haaren herbeigezogene formaljuristi­sche Argumente vor, die hinten und vorne nicht halten!

Ich wollte jetzt eigentlich gar nichts dazu sagen, weil meine Vorrednerin und auch Kol­lege Koller sowohl zu den Krisenpflegeeltern als auch zum Papamonat schon sehr ausführlich gesprochen haben, aber zum Papamonat noch einmal zur Klarstellung: Wir wollen einen Papamonat für alle Väter, nicht nur für Politiker, nicht nur für öffentlich Be­dienstete, sondern auch für privat Beschäftigte, und zwar mit Rechtsanspruch, mit Ent­geltanspruch und mit Kündigungsschutz. Das sage ich jetzt nicht nur, weil wir heute erfreulicherweise so viele junge Herren im Publikum haben, die ich auch ganz herzlich begrüße, sondern vielmehr geht es darum, dass wir wirklich Gerechtigkeit für alle Väter in Österreich herstellen und dass wir vor allem diese Vater-Kind-Beziehung in den ers­ten Lebensjahren stärken und intensivieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus den freiheitlichen Reihen ist heute der Zwischenruf gekommen: Warum habt ihr das denn nicht gemacht, während ihr in der Regierung wart? (Bundesrat Rösch: Weil ihr geschlafen habt!) – Nun ja, wir hatten halt auch einen Koalitionspartner, der die strategische Devise - - (Bundesrat Steiner: Guten Morgen!) Sie leiden zum Teil ja selbst darunter. Schauen Sie sich Ihre Wahlergebnisse der Arbeiterkammerwahl in Kärnten an! Da ist es jetzt so, dass die - - (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Ich sage Ihnen auch gleich, warum: weil die ÖVP die strategische Direktive ausgege­ben hat, dass, solange sie nicht den Kanzler stellt, in dem Land nichts weitergehen darf. Deshalb sind Sie überall auf der Bremse gestanden! (Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrätin Mühlwerth: Das ist jetzt eine Ausrede der Verzweiflung! – Bundesrat Steiner: Das reden Sie sich in den Therapiesitzungen ein, um den Kanzlerverlust zu bewälti­gen!)

Es gibt unzählige Beispiele dafür, wo wir weiter gehen wollten, als die ÖVP uns ge­lassen hat. Jetzt sind teilweise andere Personen am Werk, das wissen wir schon. Es gab einen Wechsel von Schwarz zu Türkis, schauen wir, welche Farben Sie noch spie­len werden. Aber das ist die Tatsache.

Nun zu meinem Thema, weil die anderen Themen schon ausführlich erläutert wurden: Ich möchte Sie auf eine Problemlage hinweisen, weil es im Bundesrat auch aufgrund der längeren Redezeit Gelegenheit gibt, einzelne Problemfälle deutlicher anzuspre­chen und auszuführen: Unlängst wurde ich von einer verzweifelten Frau aus der Stei­ermark kontaktiert, die als Selbstständige von der SVA, also der Sozialversicherungs­anstalt der gewerblichen Wirtschaft, aufgefordert wurde, das gesamte Kinderbetreu­ungsgeld zurückzuzahlen, und zwar mit der Begründung, Sie habe es verabsäumt, bin­nen einer Zweijahresfrist eine genaue Abgrenzung ihres Jahresverdienstes vorzulegen, nämlich wie viel sie innerhalb und wie viel sie außerhalb des Zeitrahmens des Kinder­geldbezuges verdient hat.

Dazu muss aber auch noch gesagt werden: Sie wurde von der SVA nie dazu aufge­fordert, das zu tun, und nach der Rückzahlungsaufforderung gab es für diese Frau kei­ne Möglichkeit mehr, mit Unterlagen die Korrektheit ihres Anspruchs – weil wir darauf ja alle sehr viel Wert legen – nachzuweisen. Demgegenüber hat zum Beispiel die SVA, die Gegenseite, aber sehr wohl die Möglichkeit, innerhalb von fünf Jahren Rückzahlun­gen zu fordern. Da besteht also ein absolutes Ungleichgewicht.

Wir haben dann festgestellt, dass die Mütter beziehungsweise die Eltern, die bezugs­berechtigt sind, nach diesen zwei Jahren kein Beleg- und Beweisrecht mehr haben. Und der Fall dieser Steirerin ist, wie wir festgestellt haben, bei Weitem kein Einzelfall. Es gibt unzählige solcher Fälle in ganz Österreich.

Beispielsweise musste eine freie Grafikerin aus Wien plötzlich aus heiterem Himmel 9 000 Euro zurückzahlen. Es handelt sich diesfalls um eine Selbstständige. Wie wir aber wissen, sind Selbstständige nicht immer Krösusse, sondern oft sind sie kleine Selbstständige, die mit ihren Einkünften teilweise ohnehin nicht über die Runden kom­men, und wir haben auch das Problem der Scheinselbstständigkeit und, und, und. Wir sprechen da also keineswegs von Großverdienerinnen und -verdienern, sondern von Menschen, die es im Leben ohnehin schwer haben, und diese werden dann plötzlich aufgefordert, hohe Summen nachzuzahlen.

Betroffen sind rund 3 500 Familien in ganz Österreich. Wir haben wieder einmal keine genauen Zahlen, aber jedenfalls sind nicht wenige dann tatsächlich mit solchen Rück­zahlungsforderungen konfrontiert, nämlich ungefähr 500 bis 1 000, und das bringt die­se Menschen natürlich in Bedrängnis.

Das wirklich Skandalöse ist, dass nach glaubhaften Aussagen eines Bediensteten der SVA – und „Der Standard“ hat auch darüber berichtet – das Ministerium für Frauen, Familien und Jugend die SVA sogar explizit angewiesen hat, Selbstständige nicht mehr über fehlende Unterlagen beziehungsweise über diese Vorlagepflicht insgesamt zu in­formieren. Insbesondere das hat zu einem Ansteigen der Zahl der Fälle geführt, und das hat natürlich immense Folgen für die Betroffenen. Da braucht es wirklich dringend eine Lösung, dass die erforderlichen Unterlagen auch nachgereicht werden können.

Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rückforderungen von Kinderbetreuungsgeld – Schluss mit den Schikanen“

eingebracht im Zuge der Debatte zu Antrag 584/A

Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend, wird aufgefordert die rechtliche Grundlage dafür zu schaffen, dass BezieherIn­nen von Kinderbetreuungsgeld, die vor Ablauf der zweijährigen Frist keine Aufforde­rung erhalten haben, die Möglichkeit bekommen fehlende Unterlagen für eine erforder­liche Abgrenzung erwirtschafteter Einkommen während eines Bezugs von Kinderbe­treuungsgeld nachzureichen. Eine entsprechende Beratungs- und Informationsoffensi­ve soll unverzüglich sowohl für Selbständige als auch unselbständig Beschäftigte um­gesetzt werden.“

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Bitte geben Sie sich wenigstens da einen Ruck! – Vielen herzlichen Dank für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.17

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Der von den BundesrätInnen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen ein­gebrachte Entschließungsantrag betreffend „Rückforderungen von Kinderbetreuungs­geld – Schluss mit den Schikanen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Moser. – Bitte.