10.58

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Vor allem auch: Werte interessierte Zuseher via Livestream! Gestat­ten Sie mir, bevor ich auf den vorliegenden und auch schon angesprochenen Gemein­wirtschaftlichen Leistungsbericht 2017 eingehe, der den Personen-, den Güter- und eben den Privatbahnenverkehr betrifft und der grundsätzlich positiv zu betrachten und zu behandeln ist, doch vorweg kurz auch das Image der Eisenbahn in Österreich etwas zeitkritisch zu hinterfragen.

Jeder Mensch und jedes Produkt hat ein Image. Jedes Unternehmen legt klarerweise nicht nur besonderen Wert darauf, sondern auch sehr viele finanzielle Mittel hinein, ein positives Image zu erreichen. Das tut natürlich auch jeder Mensch. Es wird kaum je­manden geben, der sagt: Ich brauche kein positives Image, ich will etwas anderes! – Dagegen gibt es mittlerweile gute Behandlungsmöglichkeiten; das wird sich ja kaum je­mand antun.

Ich möchte diesen Bereich doch ansprechen, weil ich glaube, dass das gerade auch für ein großes und erfolgreiches Unternehmen, wie es die ÖBB darstellen, wichtig ist.

Ganz wesentlich dabei ist: Wo beginnt das Ganze, auch im Sinne von Imageförde­rung? – Bei der Jugend, bei den Kindern, und es reicht bis ins hohe Alter zu den jung­gebliebenen Seniorinnen und Senioren.

Ein Klassiker, geschätzte Damen und Herren, der Kinderaugen und auch Erwachse­nenaugen zum Glänzen brachte und bringt sowie die Herzen höher schlagen ließ und noch immer lässt, war die – manche werden sich vielleicht noch nostalgisch erinnern – unter dem Christbaum liegende beziehungsweise zum Teil vom Vater bereits aufge­baute elektrische Eisenbahn.

Weil Sie das wahrscheinlich brennend interessiert, muss ich das auch unbedingt sa­gen: Die erste Modellbahnanlage bekam übrigens 1859 der dreijährige Louis Napo­léon, der Sohn von Kaiser Napoleon III.

Generationen von Kindern erfreuten sich des kreativen Zusammenstellens und des Steuerns dieser technischen Besonderheit, dieses kleinen Wunderwerks, das pfeifend durch die Kinderzimmer und Wohnzimmer brauste. Heute – und jetzt komme ich schon zum eigentlichen Thema – sind es meistens schon ergraute Herren, die im Keller oder in der Garage diese nostalgischen Erinnerungen mit den schönen, zum Teil auch sehr teuren Nachbildungen von Zügen pflegen.

Auf dem Wunschzettel der Kinder stehen heute andere Spielgeräte, beeinflusst natür­lich wiederum durch die ständige Werbung: Es sind elektronische Mittel, die vor allem aus Fernost kommen, die oft nicht besonders altersgerecht angeboten werden. Die Modelleisenbahn hat beinahe ausgedient. Das sage ich traurigen Auges.

Geschätzte Damen und Herren! Trotzdem hat sich im realen Leben – und das ist ja der Kern der Sache – die Eisenbahn positiv entwickelt. Sie wird heute von vielen Schü­lerinnen und Schülern und natürlich auch von Pendlern genutzt. In diesem Zusammen­hang hat sich auch die Pendlerinitiative, die vor 25 Jahren in der Steiermark gegründet und mittlerweile auf ganz Österreich ausgebreitet wurde, bewährt: Viele wählen eben nicht den Weg über die Straße, sondern über die Bahn, um ihrem täglichen Arbeits­prozess nachkommen zu können. Außerdem wird die Eisenbahn auch für besondere Reisen genutzt, um in die Urlaubsregionen – die sich hoffentlich hauptsächlich in inner­österreichischen Bereichen befinden – zu gelangen und um Ausflüge zu machen.

Wir sind – das wurde bereits vom Kollegen angeführt, und das steht auch im Bericht des Herrn Ministers – innerhalb der Europäischen Union sehr eifrige Bahnfahrer. Dass sich hier natürlich auch speziell die ältere Generation einpendelt, ist kein Problem. Je­denfalls lässt sich das anhand der 1 434 Kilometer pro Kopf, die zurückgelegt wurden, dokumentieren.

Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie – dem mein beson­derer Dank gilt – bietet im Rahmen der vorgesehenen Sicherung eines Grundangebo­tes im Schienenpersonenverkehr den Hauptbeitrag. Rund 81 Prozent der gemeinwirt­schaftlich finanzierten Zugkilometer werden vom Bund gestellt. Dafür wendet das – in der Kurzform – BMVIT rund 743 Millionen Euro auf. All diese Zahlen können Sie im vorliegenden Bericht nachlesen. Ich weiß schon, dass Wiederholung immer guttut, das ist auch eine pädagogische Erkenntnis, aber hier nicht meine Aufgabe.

Ich möchte auch einen speziellen Punkt darstellen: Durch den hohen Anteil an Bahn­fahrten, die geleistet werden, wird auch ein wichtiger Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrs, also zur Umstellung der Wirtschaftsweise speziell in der Energiewirtschaft in Richtung eines niedrigen Kohlenstoffumsatzes, und damit zur integrierten Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung geleistet, was natürlich lobenswert ist. Schon jetzt sind 73 Prozent der ÖBB-Strecken des Netzes elektrifiziert, und auf den elektri­fizierten Strecken werden rund 87 Prozent aller Schienenverkehrsleistungen erbracht. In den kommenden Jahren sollen diese Strecken auch noch weiter ausgebaut werden, um den Anteil an sauberer Energie im Hinblick auf die beförderten Personen weiterhin zu steigern. Damit strebt die Bundesregierung ein wichtiges ökologisches und zu­kunftsorientiertes Vorhaben an.

Auf den gemeinwirtschaftlichen Strecken wurden im Nahverkehr 2017 rund 209 Millio­nen Fahrgäste befördert, das sind im Vergleich zu 2016 knapp etwas mehr Personen, und Luft nach oben ist gegeben. Die Bemühungen im Bereich der Pünktlichkeit, des technischen Ausbaus und des zusätzlichen Serviceangebots sind noch ausbaufähig. Das wissen alle, die mit der Bahn unterwegs sind. Nicht nur die Elektrifizierungspro­jekte, sondern eine Reihe weiterer Strukturmaßnahmen sind geplant und auch entspre­chend in Vorbereitung.

Ein Leuchtturmprojekt ist dabei die Südachse mit dem Ausbau der Pottendorfer Linie und der Errichtung des Semmeringbasistunnels. Das ist ein lang diskutiertes und mitt­lerweile wirklich auf Schiene gebrachtes Projekt. Die Fertigstellung wird sich aber um ein Jahr verzögern, wie wir wissen. Die Fahrzeit von Graz nach Wien, die derzeit zwei­einhalb Stunden – genau 2 Stunden und 32 Minuten – beträgt, wird in Zukunft dann nur mehr 1 Stunde und 50 Minuten betragen. Heute sind sehr viele Steirerinnen und Stei­rer nach Wien gekommen, um diese Stadt noch lebenswerter und noch frischer zu ge­stalten. Sie sind mit dem Zug angereist. In Zukunft wird man in 1 Stunde und 50 Minu­ten da sein und – was uns Steirer natürlich besonders betrifft – auch in 1 Stunde und 50 Minuten wieder zurück sein. (Beifall der Bundesrätin Ess.  Heiterkeit der Bundes­rätin Eder-Gitschthaler.)

Laut vorliegendem Bericht sind 2017 einige wesentliche Verbesserungen im Schienen­personenverkehr erfolgt. Demnach konnte der Einsatz der neuen modernen Cityjets von 1,6 Millionen auf immerhin 7,3 Millionen Zugkilometer gesteigert werden. – Daran sieht man, wie wichtig das Produkt und wie wichtig gerade auch die Ausstattung ist. Wer außer den Touristen fährt schon gerne mit einem Fiaker? – Jeder fährt doch lieber mit einem etwas schneller über die Runden kommenden Fahrzeug wieder zurück.

Was nicht im Bericht vorgesehen ist, aber doch einen wesentlichen Punkt darstellt – wenn auch nicht unmittelbar notwendig ist, dass das vorkommt, für mich persönlich aber wichtig ist –, ist, dass nicht nur die zu befördernden Menschen, sondern auch jene Menschen erwähnt werden, die dahinter stehen, die diese tagtägliche Arbeit verrichten, die positiv eingestellt sind und die das auch tagtäglich wunderbar erledigen. Denn: Nur wer selber brennt, kann auch anderen Feuer weitergeben, aber nicht mit der Notruf­nummer 122.

Das ist ein wichtiger Bereich in dem Sinn, wie es Paul Watzlawick auf den Punkt bringt: Wer sich selber nicht mag, der kann andere nicht ausstehen. – Man stelle sich einmal vor, was wäre, wenn Personen, die tagtäglich mit anderen Menschen zu tun haben, das zum Ausdruck bringen würden! Das heißt also: Wir brauchen auch in Zukunft moti­vierte, tolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Die ganze Frühpensionierungswelle ist ja abgeschlossen. Es hat auch die entspre­chende sozialdemokratische Gewerkschaft sehr wesentlich dazu beigetragen, dass es diese großen Pfründen nicht mehr gibt und man sich auch hier im Bereich des norma­len Pensionierungswesens eingefunden hat.

All das, was den Güterverkehr und die Privatbahnen betrifft, wurde bereits gesagt.

Herr Minister, zum Abschluss sage ich einen herzlichen Dank, den ich auch den Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern ausspreche, die hier ebenfalls Großes vollbracht und ge­leistet haben. Ich wünsche weiterhin viel, viel Erfolg und Freude!

Wir werden diesen Bericht entsprechend unterstützen, und vielleicht werden in Zukunft auch wieder mehr Modelleisenbahnen unter dem Christbaum liegen. Möge es eine starke, moderne Eisenbahn geben! – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.08

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. – Ich erteile es ihm.