12.18

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Verehrtes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Liebe SchülerInnen! Es freut mich ganz besonders, dass heute so viele junge Men­schen im Bundesrat zuschauen. – Hallo!

Worüber wir heute reden, ist für mich nichts anderes, als dass Sie, Herr Minister, end­lich erkannt haben, dass Sie schulpolitisch gegen die Einbahnstraße gefahren sind und jetzt irgendwie mit dem Rückwärtsgang versuchen, noch aus dieser Sackgasse raus­zukommen, und halt links und rechts noch an den Autos anecken.

Die Deutschklassen haben von Anfang an nur Probleme gebracht, was wir schon von Anfang an gesagt haben. Es war von Anfang an klar, dass die Deutschklassen in der Umsetzung eine Katastrophe oder jedenfalls nicht zweckdienlich sein werden. Das wird uns alles nicht helfen, auch dieses Gesetz nicht, das wir heute behandeln. Was wir wirklich brauchen, sind endlich wirkliche Maßnahmen in der Schule und nicht wieder so ein i-Tüpfelchen, das das Schulsystem wieder genau in die falsche Richtung lenken wird.

Ich glaube, wir sind uns über alle Fraktionen hinweg klar und einig, dass der Schlüssel für eine gelungene Integration nun einmal das Erlernen der Sprache ist, die eben Deutsch ist. Gerade Kinder und Jugendliche lernen unglaublich schnell Sprachen und neue Kompetenzen. Zum einen lernen die Kinder Deutsch wirklich aktiv in der Schule von den PädagogInnen im Unterricht, aber viel wichtiger ist das Erlernen der deutschen Sprache mit den Freundinnen und Freunden im Klassenverband, mit Familien oder eben auch von den Mitschülern. Es ist unglaublich wichtig, weil es einfach ein spiele­risches Lernen ist. Es besteht natürlich auch ein gewisses Wollen, von den Mitschü­lerInnen Deutsch zu lernen, damit sie einfach dazugehören, damit sie ein Teil dieser Gesellschaft sind, damit sie sich auch untereinander verständigen können.

Wir Grüne sind dem Vorstoß des Ministeriums und der Bundesregierung auch dazumal sehr kritisch gegenübergestanden, weil es aufgrund dieser Maßnahmen einfach zu Se­lektierungen gekommen ist. Das Trennen der Kinder führt genau zu einer Einschrän­kung dieser Möglichkeit. Es kommt zu einer Trennung der Kinder, die muttersprachlich interagieren, Deutsch können, von denen, die es erst lernen müssen. Auch vonseiten der SprachwissenschafterInnen gab es ein klares Nein zu dieser Maßnahme. Es gab schon im Vorfeld massive Einwände, dass die Novelle auch dem aktuellen Stand der Forschung widerspreche. Es bleibt leider nichts über, als dass das Ganze einfach nur wieder dem Populismus geschuldet ist. Man sagt einfach, man möchte die Nicht-Deut­schen von der Österreichern trennen.

Das ist meiner Meinung nach einfach fatal, Herr Minister! Das wissen Sie auch, Sie haben ohnehin selbst im „Standard“ gesagt, dass es eine politische Entscheidung war. Es kommt zu einer Sekretion der Schüler, es schließt die Kinder auch vom Fachunter­richt aus und erlaubt einen Übertritt in die altersgemäße Regelklasse nur in Ausnahme­fällen. Das empfinde ich als problematisch. Um wirklich integrativ wirken zu können, braucht es eben Geld, dafür braucht es mehr PädagogInnen, es braucht kleinere Klas­sen, es braucht eine enge Zusammenarbeit von Behörden, von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und von Schulpsychologinnen und Schulpsychologen.

Herr Minister Faßmann, was wir wirklich brauchen, was die Schule viel mehr brauchen würde, wäre nämlich, dass es eine wirkliche Schulautonomie in den Schulen gibt. Das wäre notwendig, das wäre wirklich einmal eine Initiative, die Sie starten können. Geben wir als Gesetzgeber die Rahmenbedingungen vor und lassen die Menschen, die es be­trifft, selbst entscheiden, welche Unterstützung für sie am besten ist. Wir sollten Ver­trauen in die Schulen, Vertrauen in die Pädagoginnen und Pädagogen haben! Die Schulen sollen selbst entscheiden, ob die SchülerInnen mehr für Deutschkurse oder mehr für Sportunterricht brauchen. Dafür müssen Geld und Ressourcen investiert wer­den. Schreiben wir den Direktoren doch nicht vor, was gut und schlecht für ihre eige­nen Schüler und Schülerinnen ist.

Das betrifft auch diese unnötigen Schulversuche. Lassen wir doch die Schulen selbst entscheiden, welche Schulversuche sie machen möchte. Ersparen wir ihnen die jährli­chen behördlichen Aufwände, um überhaupt Schulversuche bewilligt zu bekommen. Das ist meiner Meinung nach absurd. Lassen wir die Schulen selbst entscheiden, wel­che Schulversuche für sie gut sind.

Herr Minister, was wir heute beschließen, ist wirklich nur mehr ein Herumrudern im Strudel und Wirrwarr der österreichischen Bildungspolitik, wieder nur ein i-Tüpfelchen genau in diesem Bereich. Sie helfen damit nämlich keinem einzigen Schüler, sondern Sie produzieren nur Ausgrenzung, Zweiklassenpolitik in einer Schulklasse, Regeln und Bürokratie. Das ist nämlich das ganz große Problem. Was wir nämlich wirklich brau­chen, sind wirkliche Veränderungen, die uns im Bildungssystem endlich nach vorne bringen würden.

Ich hoffe, Ihnen wird klar, dass man mit plumper Symbolpolitik – und ganz ehrlich, et­was anderes war diese Deutschklasseneinführung ja wirklich nicht – in der Schul­realität nicht ans Ziel kommt. Das sieht man ja jetzt auch daran, dass man nicht einmal ein halbes Jahr später schon wieder das Ganze novellieren und neu erarbeiten muss. So kommt man nicht an das Ziel, nämlich die Deutschkompetenzen der Schülerinnen und Schüler weiterzubringen und zu entwickeln.

Herr Minister, hören Sie mit dieser Symbolpolitik in der Schule auf und lassen Sie die Schulen, die SchülerInnen, die LehrerInnen, die PädagogInnen, die DirektorInnen selbst entscheiden, was das Beste für ihre SchülerInnen ist. Bringen Sie endlich Vorschläge auf den Tisch, die eine wirkliche Schulautonomie für die Schuleinrichtungen bringen. Das wäre mein Appell an Sie.

Wir werden dieser politische Entscheidung, die am Rücken von Kindern ausgetragen wird, definitiv nicht zustimmen, denn die Maßnahmen werden nämlich für die Schüle­rinnen und Schüler wieder keine Verbesserungen bedeuten, sondern nur für die Päda­gogInnen und die Direktoren einen Mehraufwand in Form von irgendwelchen Regelun­gen und Bürokratien. Das ist wieder nicht das, was wir wirklich brauchen. Reformieren wir endlich das Bildungssystem! Das wäre mein Appell an Sie. Fordern wir endlich Schulautonomie ein und setzen wir das Geld dort ein, wo es benötigt wird, nämlich bei den Schülerinnen und Schülern! – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

12.24

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Ich darf ganz herzlich eine Delegation aus China unter der Leitung des Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses und Vizepräsidenten der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, Herrn Ma Biao, in Begleitung des Herrn Botschafters der Volks­republik China, seiner Exzellenz Li Xiaosi, im österreichischen Bundesrat begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. – Bitte.