13.15

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren Kolle­gen! Werte Zuseher! Ich knüpfe gleich an meine Vorrednerinnen an, die einen inhaltli­chen Redeschwerpunkt auf den Bildungsteil des Berichts gelegt haben, und möchte nur ergänzend einige Aspekte zum Forschungsteil hinzufügen.

Erstens: Der steinige Weg von der Projekteinreichung bis zur tatsächlichen Förderung ist oft lang. Es ist immer so, dass Forscher Besseres zu tun haben, als Berichte zu schreiben und sich um derartige Förderungen zu bemühen. Hier ist auch schon viel passiert, hier ist vieles besser geworden als in den Anfängen. Forscher sollen jeden­falls nicht gezwungen sein, sich in den Förderdschungel zu begeben, sich darüber im Detail informieren zu müssen, Lobbyarbeit zu betreiben. Forscher sind nicht unbedingt immer Experten im Selbstmarketing, und wir sollen sie auch nicht zwingen, dass sie Experten in der Bürokratie werden. Forscher sollen sich um die Forschung kümmern. Es ist unsere Aufgabe als Gesetzgebung und natürlich auch in der Vollziehung, dafür zu sorgen, dass sich Forscher bestmöglich auf ihre Forschungsaufgaben konzentrieren können und die Bürokratie so weit wie möglich von ihnen ferngehalten wird.

Zweitens, ein Punkt, der im Bericht ebenfalls angesprochen wird: das Kernfusionspro­jekt Iter. Es ist ein tolles Projekt eben zum Thema Kernfusionsenergie. Ich selbst hatte vor zehn Jahren einmal als junger Universitätsassistent die Gelegenheit, einen Kernfu­sionsreaktor zu besuchen – natürlich einen Versuchsreaktor, nicht den Iter in Frank­reich, aber eine kleine Versuchsanlage in Greifswald. Das ist eine großartige Techno­logie, in der womöglich die Zukunft der Energiegewinnung der gesamten Menschheit liegt. Hierzu heißt es im Bericht – ich zitiere wörtlich –:

„Die Realisierung des ITER-Projektes als ein bahnbrechendes Grundlagenforschungs­projekt wird von Österreich grundsätzlich unterstützt. Die bedenkliche Kostenentwick­lung und die Verzögerungen im Projektfortschritt werden jedoch seitens Österreichs kritisch hinterfragt. In den Verhandlungen wird Österreich, wie schon in der Vergangen­heit, auf Kostenbegrenzung und raschen Projektfortschritt drängen.“

Meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, die Kosten sind in Summe tatsächlich sehr hoch, und auch die Kostenentwicklung ist bedenklich. Natürlich muss man aber bedenken, dass sich die finanzielle Belastung auf sehr viele Schultern verteilt: Öster­reich, viele Staaten der Europäischen Union und auch weltweit. Wenn die Ziele eines raschen Projektfortschritts einerseits und einer Kostenbegrenzung andererseits nicht gleichermaßen realisierbar sind, sollten wir im Zweifel ganz klar das Ziel eines raschen Projektfortschritts in den Vordergrund stellen. Immerhin steht der Versuchsreaktor Iter nicht irgendwo auf der Welt, sondern mitten in der Europäischen Union, wenn auch nicht in Österreich, sondern in Frankreich. Jedenfalls aber sollte dieses Prestigeprojekt nicht nur halbherzig, sondern hundertprozentig von Österreich mitgetragen werden.

Der dritte Aspekt betrifft nun die Einrichtung des European Innovation Council, das Leitprojekte und bestimmte Forschungsmissionen identifizieren und fördern soll. Bei­spielsweise wurde die Krebsforschung schon genannt, die ja nicht nur durch neue Be­handlungsmethoden in der Medizin oder durch neue Forschungsprojekte in der Phar­maindustrie gefördert, sondern auch durch allgemeine technologische Entwicklungen revolutioniert wird.

Vielleicht erinnern Sie sich noch an „Dr. House“, eine Fernsehserie, die vor circa zehn Jahren zu sehen war. Der Protagonist Dr. House führt ein Team von Ärzten in der Ab­teilung für diagnostische Medizin in einem Krankenhaus, und jede einzelne Folge die­ser Serie zeigt ein ähnliches Muster: Ein neuer Patient wird eingeliefert, zeigt unge­wöhnliche Symptome, die dann nach und nach lebensbedrohlich werden. Die Fähigkeit von Dr. House und seinem Team liegt in der Differenzialdiagnose, nach Art von Sher­lock Holmes diese Symptome zu diskutieren und gemeinsam im Dialog mit den an­deren Mitgliedern des Teams zu analysieren, um dann letztlich herauszufinden – auch durch Versuch und Irrtum –, an welcher Krankheit oder an welchen Krankheiten der Patient leidet. Das ist natürlich nicht immer einfach. Heute, zehn Jahre später, ist diese Serie fast schon anachronistisch, da hat uns die künstliche Intelligenz in die Lage ver­setzt, genau das zu tun und zu leisten, was Dr. House immer getan hat.

Die künstliche Intelligenz erkennt Muster auf Grundlage einer Menge an Daten und Krankheitsbildern und ist dabei noch brillanter, treffsicherer und schneller – nicht nur in der Analyse, sondern auch in der Vorhersage, was mit dem Patienten mit einer be­stimmten Wahrscheinlichkeit weiter passieren wird.

Die künstliche Intelligenz wird solche Abteilungen ersetzen und ersetzt diese zum Teil bereits heute. Es wird weiterhin einen Dr. House geben, und es braucht auch weiterhin einen Dr. House, der sich mit dieser Intelligenz auseinandersetzt, die Daten interpre­tiert und die bestmögliche Behandlung durchführt, aber die Mitglieder seiner Abteilung werden überflüssig. Die weiteren drei Ärzte können sich künftig auf wichtigere Aufga­ben konzentrieren, nämlich auf die unmittelbare Behandlung von Patienten. Das wirkt auch dem Ärztemangel entgegen. Jedenfalls braucht es das Brainstorming menschli­cher Gehirne künftig hoffentlich nicht mehr. Krebspatienten werden allein durch Nut­zung dieser Datenbanken künftig weitaus besser und zielgerichteter behandelt werden können.

Das außerordentliche Potenzial der künstlichen Intelligenz wurde auch in Österreich schon von verschiedenen öffentlichen und privaten Institutionen erkannt. Wir brauchen uns da wirklich nicht zu verstecken. Ich glaube, es wurde an der Universität Linz kürz­lich auch ein Lehrstuhl für künstliche Intelligenz eingerichtet.

Das ist aber erst der Anfang. Die Republik Österreich muss auch darauf achten, private kleine Initiativen zu setzen, zu schauen, wo bereits Technologie entwickelt wurde, und zwar nicht nur in den Unternehmen, sondern auch in kleinen gemeinnützigen Initiati­ven, beispielsweise eben zum Aufbau einer europaweiten Krebsdatenbank.

Ich nenne beispielhaft das Private Institute for research and ethical use of artificial intelligence. Dieses hat seinen Sitz nicht im Silicon Valley, das hat seinen Sitz in Wien, nur einen Kilometer von uns entfernt. Österreich hat also wirklich die reale Möglichkeit, nicht nur Passagier, sondern Vorreiter der technologischen Entwicklung zu sein.

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Bundesminister. Wir unterstützen Sie bei diesen Vor­haben. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.21