14.06

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Ich möchte zuerst kurz auf die Rahmenbedingungen eingehen, dann einen kurzen Rückblick im Zusammenhang mit der Europäischen Union und dem Ratsvorsitz geben und dann natürlich einen Ausblick auf die wichtigsten Themen.

Zu den Rahmenbedingungen: Die Rahmenbedingungen werden herausfordernder, und das ist nicht nur bedingt durch die Situation mit Großbritannien, sondern natürlich auch durch das Wachstum. Ich möchte aber daran erinnern und Ihnen auch mitgeben, dass die Europäische Union und die Länder in der Union das siebte Jahr in Folge wachsen, und das wird auch in diesem Jahr so sein. Das heißt, wir sind weit entfernt von einer Krisensituation oder davon, dass wir sehr aufgeregt über die Situation sein müssten. Was wir aber tun müssen, ist, wichtige Maßnahmen zu setzen.

Wenn wir nun den Status Österreichs vergleichen, so sehen wir, dass unser Wirt­schaftswachstum stärker ist und wir besser unterwegs sind als Deutschland. Das heißt, wir haben auch richtige Impulse gesetzt. Man sieht hier jetzt schon die ersten Ergeb­nisse von Maßnahmen, einen nachfrageorientierten Impuls wie den Familienbonus oder auch Entbürokratisierung, etwa dadurch, dass gewisse Anlagengenehmigungspflichten für Klein- und Mittelbetriebe wegfallen und vieles mehr.

Auch die Sicherheit für Unternehmen in Europa ist das Allerwichtigste, und ich glaube, da gelingt es uns mit unserem Ansatz sehr gut, Sicherheit zu geben und Investitionen nach Österreich zu bringen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Werfen wir kurz gemeinsam einen Blick auf den EU-Ratsvorsitz und schauen wir, was wir geschafft haben! Wir haben alleine in unserem Ministerium eine Einigung in 33 Dos­siers erzielt, die auf dem Tisch lagen, so zum Beispiel gegenseitige Anerkennung von Waren. Wir haben wesentliche Schritte gesetzt hinsichtlich unseres Mottos „Ein Euro­pa, das schützt“.

Ich möchte erinnern an die Einigung zum Thema FDI-Screening. Da geht es darum, dass Investitionen, die in Europa getätigt werden, transparenter werden, dass wir hier Muster erkennen können, dass wir sehen, wenn jetzt aus asiatischem Bereich, aber auch aus amerikanischem Bereich verstärkt in europäischen Ländern investiert wird, so vor allem in Infrastrukturen, dass wir hier sehen, was passiert.

Diesen wesentlichen Schritt sind wir gegangen. Es wird einen regelmäßigen Bericht geben, sodass wir das erkennen können und die Länder viel stärker miteinander kom­munizieren. Das ist besonders in der jetzigen Entwicklung Europas und der Sicherung des Wettbewerbsstandortes und der Arbeitsplätze in Europa ein ganz, ganz wichtiger Schritt gewesen.

Anstoß für eine substanzielle Debatte zu einer künftigen EU-Industriestrategie: Das ist uns ebenfalls gelungen. Auch das ist etwas Besonderes, denn ein Kollege in einem Rat, der schon viele Jahre drinnen sitzt, hat zu mir gemeint: Es war in den vergange­nen Jahren nie erlaubt, über das Thema Industriepolitik und über die Stärkung des Wirtschaftsstandortes zu sprechen.

Man durfte primär über Konsumentenschutz und über das Thema Dienstleistung spre­chen. Man hat dabei vergessen, dass Europas Quelle des Wohlstandes die Industrie ist, dort, wo die Menschen ihre Arbeit finden, wo sie in hochqualitativer Industrie den Standort unterstützen. Nur Standorte, die beides realisieren, nämlich gut in der Dienst­leistung und gut in Industrie und Produktion, sind nachhaltige Standorte, die der Ju­gend eine Zukunft bieten können und wo es geringe Jugendarbeitslosigkeit gibt.

Darum war es mir so wichtig, dieses Papier, diesen Präsidentschaftsvorschlag „Re­thinking European Industry“ vorzulegen. Aufgrund dieses Papiers entstand diese Dis­kussion, wie wir sie jetzt in Deutschland und Frankreich sehen, dass das wieder ein Thema ist, das man ansprechen darf. Meine Damen und Herren, ich spreche hier aus Erfahrung. 22 Jahre in der IT- und Telekombranche in Europa haben mir gezeigt, dass viele Firmen einfach verschwunden sind, viele geschwächt wurden. Somit ist es unsere klare Aufgabe, hier starke Signale zu setzen, etwas umzusetzen und weiterzubringen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Eine ganz wichtige Komponente dabei sind die digitalen Kompetenzen. Auch hier ha­ben wir auf europäischer Ebene Maßnahmen gesetzt wie zum Beispiel das Thema Frauen in der Digitalisierung, Women in Digital. Dazu gab es einige Veranstaltungen, die ich mit der zuständigen Kommissarin massiv unterstützt habe.

Ein weiterer Schlüssel ist das Thema künstliche Intelligenz. Da ist der Zug noch lange nicht abgefahren. Niemand, der Europa schlechtredet, hat hier recht, denn es gibt zwar große Investitionen in den USA und in China, aber im Business-to-business-Bereich, von Betrieb zu Betrieb, sind wir weit vorne, sind wir auch in Europa gut. Das war immer unsere Stärke, da waren wir immer vorne mit dabei.

Ich würde sagen, auch wenn wir nach Silicon Valley blicken und feststellen müssen, dass Europa im Consumer-Bereich mit den großen Consumer-Plattformen nicht an erster Stelle ist, ist der Zug noch lange nicht abgefahren. Wir müssen die richtigen Maßnahmen setzen, um Themen wie Digitalisierung und Artificial Intelligence in Euro­pa zu stärken.

Was braucht es dazu ganz konkret? – Es braucht eine Veränderung in den Wettbe­werbsregeln in Europa. Es kann nicht sein, dass da Entscheidungen getroffen werden, auch von jetzigen Kommissarinnen und Kommissaren, die hier dazu führen, dass Euro­pas Firmen geschwächt werden. Der Wettbewerb findet nicht in Europa statt, der Wett­bewerb findet mit China und den USA statt. Entscheidungen zu treffen, die den euro­päischen Standort schwächen, dafür stehen wir nicht und dafür werden wir auch in Zu­kunft nicht stehen.

Sie können sehr sicher sein, dass ich bei der nächsten Kommission sehr intensiv ein­fordern werde, dass wir diesbezüglich ein neues Wettbewerbsrecht brauchen, das der jetzigen Zeit, den jetzigen Wettbewerbsverhältnissen angepasst ist. Da ist unser Mitbe­werb global zu sehen. Wir dürfen diesbezüglich nicht klein-klein denken, nur in kleins­ten Regionen denken und die Firmen innerhalb Europas schwächen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aus meiner Sicht braucht es eine starke Diskussion auf Augenhöhe mit der Kommis­sion. Wenn ich nur den Wettbewerbsrat als Beispiel nehmen darf: Ich habe die Wettbe­werbskommissarin kein einziges Mal im Wettbewerbsrat gesehen. Das hat mich sehr verwundert, das zeigt, wie wenig Bedeutung diesem Thema beigemessen wird. Wir werden das das nächste Mal sicherlich auch noch intensiver einfordern, nämlich mit ei­ner neuen Kommission, die vielleicht stärker fokussieren wird.

Ich fokussiere auf unsere Zukunftsthemen, auf unsere gemeinsamen Themen, und die sind von Ihnen schon weitgehend genannt worden: standortrelevante Forschung, als globaler Akteur auf Augenhöhe gesehen werden. Dazu gehören die oft zitierten Wirt­schaftspartnerschaften, das sind die den Handel stärkenden Beziehungen, die wir drin­gend brauchen.

Die brauchen wir mit neuen Partnern, denn wir sehen, dass zum Beispiel mit Partnern aus der Vergangenheit, mit denen es sehr einfach war, nämlich mit den USA, jetzt eine andere Zeit angebrochen ist. Das Schwierige ist, dass wir Risiko streuen müssen. Wir brauchen Zugang zu neuen Märkten wie jenem von Japan, wie jenen von Neuseeland und Australien, mit denen die Abkommen jetzt verhandelt werden.

Warum brauchen wir das? – Weil jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich vom Export abhängig ist; und weil gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, und diese ma­chen 99,6 Prozent all unserer Unternehmen aus, nicht nur vom österreichischen Markt leben können, sondern den globalen Markt brauchen. Die KMUs brauchen unsere Un­terstützung in der Zusammenarbeit, sie brauchen unsere Unterstützung, um sicher in Märkte gehen zu können. Sie können es sich alleine nicht regeln. Die großen Unter­nehmen brauchen das weniger als die kleinen.

Wenn Sie über das Thema Handelspartnerschaften sprechen, denken Sie bitte immer daran, dass wir das tun, um mittelständische Unternehmen dahin gehend zu unterstüt­zen, dass sie Investitionen in anderen Länder tätigen können, dass sie neue Märkte er­obern können, dass sie hier in Österreich mehr Arbeitsplätze schaffen können, weil sie global erfolgreich sind.

Österreich und manchmal auch Europa sind als Markt zu klein, als dass man hier gut wachsen könnte. Deshalb brauchen wir diese offene EU-Handelspolitik, die meine volle Unterstützung haben wird. Ich werde mich immer für diese Arbeitsplätze einsetzen. Je­der zweite Arbeitsplatz in Österreich ist damit verbunden. Das wird einer meiner wichti­gen Schwerpunkte der Zukunft sein. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.15

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Stefan Schen­nach zu Wort. Ich erteile dieses. – Bitte.