14.33

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf vorausschicken, wir werden diesen Mittelstandsbericht 2018 zur Kenntnis nehmen.

Meine Vorrednerin ist schon sehr detailgetreu auf manche Berichtsteile eingegangen. Sie greifen auf die vorangegangene Gesetzgebungsperiode zurück, die meisten Zah­len und Daten stammen ja aus Zeiten der Vorgängerregierung, sind demnach schon ein wenig veraltet. Darum möchte ich in diesem Zusammenhang auf die aktuellen Pro­gnosen eingehen.

Derzeit zeigen die aktuellen Prognosen, dass der Wirtschaftsaufschwung geringer als erwartet sein wird. In der neuesten Wifo-Konjunkturprognose vom März wurde das pro­gnostizierte Wirtschaftswachstum Österreichs für das Jahr 2019 auf 1,7 Prozent nach unten korrigiert. Im März des Vorjahres war man noch von einem Wirtschaftswachstum von plus 2,2 Prozent für das heurige Jahr ausgegangen. Damit wird auch der Rück­gang der Arbeitslosigkeit vorerst ein Ende finden und die Arbeitslosenquote wird sich bei knapp über 7 Prozent einpendeln. Experten gehen davon aus, dass die Arbeitslo­sigkeit sogar wieder stärker steigen wird. Man geht davon aus, dass rund 400 000 Per­sonen arbeitslos sein werden (Bundesrat Steiner: Wahrsager!), das entspricht der dop­pelten Einwohnerzahl von Linz. (Bundesrat Steiner: Weber ist Wahrsager!) Nationale wie internationale Expertinnen und Experten empfehlen, heute schon Vorbereitungen zu treffen, um diesem abflauenden Wirtschaftswachstum entgegenzuwirken. Die Bun­desregierung hat bis heute leider keinerlei vorbereitende Maßnahmen angekündigt und es droht, dass diese Entwicklung verschlafen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Vor allem hat sie aber nichts für die KMUs in Österreich getan, auch, wenn die Vorred­nerin die KMUs sehr gelobt hat. Aus dem vorliegenden Bericht geht aber hervor, dass über zwei Drittel der Beschäftigten in diesen KMUs arbeiten. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wirtschaftspolitik hat in erster Linie den Zweck, Menschen in Beschäftigung zu bringen, um ihnen ein gutes Leben in Würde zu ermöglichen. Und genau das geht mir und uns bei dieser Bundesregierung im Besonderen ab. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Was wollen Sie tun, um diese wieder steigende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen? Das Wifo analysiert – das Wifo ist nicht unsere Denkwerkstätte, das Wifo ist in der Nähe der ÖVP angesiedelt –, dass der private Konsum immer mehr zur Stütze der Konjunktur in Österreich wird, was unter anderem an den leicht überdurchschnittlichen Lohnabschlüs­sen für 2019 liegt. Ich danke den Gewerkschaften für diese hervorragenden Lohnab­schlüsse! Die aktuellen Arbeiterkammerwahlen – auch in der Steiermark: plus 6,7 Pro­zentpunkte für die FSG – zeigen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon längst erkannt haben, wer die wahren Arbeitnehmervertreter sind und wer sich nur zum Schein Arbeiterpartei getauft hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bundesregierung sollte sich schon jetzt auf das abflauende Wirtschaftswachstum vorbereiten. Diesen Appell richten auch alle nationalen und internationalen Expertinnen und Experten an die europäischen Regierungen, ein solcher Appell ist auch bereits durch die OECD erfolgt. Die Chefökonomin der OECD definierte drei wesentliche He­rausforderungen für die kommenden drei Jahre: Die Menschen qualifizieren, damit sie den Herausforderungen der Wirtschaft gewachsen sind. Wir müssen die Vorteile aus der Digitalisierung nützen und die Menschen dafür dementsprechend vorbereiten. Wir müssen bereits jetzt ausreichende Investitionen vorbereiten, damit wir in den Jahren der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums ab 2020 wirksam entgegensteuern können.

Auch der Chefökonom der Arbeiterkammer, Markus Marterbauer, schlägt in dieselbe Kerbe. (Bundesrat Samt: Komisch!) Es muss oberste Priorität haben, die Arbeitslo­sigkeit zu bekämpfen und die Menschen in unserem Land in Beschäftigung zu bringen. Deshalb muss die Bundesregierung ihre Untätigkeit beenden und noch bis zum Som­mer ein Konjunkturpaket beschließen, um dem abflauenden Wirtschaftswachstum recht­zeitig entgegenzutreten.

Das SPÖ-Paket zur Stärkung von Wirtschaft und Beschäftigung beinhaltet folgende Punkte. (Bundesrat Samt: Jetzt wird es gefährlich!) – Zuhören, dann kannst du etwas lernen! (Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.) Für 2019 prognostizierte das Wifo einen möglichen Bruttobudgetüberschuss von 0,4 Prozent, das würde einem Überschuss von knapp 1,6 Milliarden Euro entsprechen.

Dieses Geld ist das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die diesen Über­schuss ermöglicht haben. Dieses Geld muss wieder investiert werden, um die Arbeits­losigkeit zu bekämpfen. Anstatt alles zu unternehmen, um die Arbeitslosigkeit weiter zu senken, plant diese Regierung, den prognostizierten Budgetüberschuss in einem Steu­ergeschenk an große Unternehmen verpuffen zu lassen, Stichwort Senkung der Kör­perschaftsteuer.

Das trifft nicht deine Vertretung, nicht die KMUs, denn von diesem Geschenk profitie­ren nur wenige Große und die ganz großen Konzerne, denn 80 Prozent der Körper­schaftsteuer kommen nur von 5 Prozent der Unternehmen, die meisten KMUs werden davon leider nichts haben.

Wir müssten auch ein Paket zur Stärkung der Wirtschaft und der Beschäftigung schnü­ren und den Konsum stärken. Die Entlastung der Einkommen durch eine Lohnsteuer­reform stärkt den Konsum. Der erste und beste Hebel, den diese Bundesregierung nut­zen müsste, um die Konjunktur weiter in Schwung zu bringen, ist die Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen. (Bundesrat Seeber: Das macht die Bundesregie­rung!)

Es ist ein neuer OECD-Bericht erschienen, dieser Bericht besagt genau das Gegenteil, lieber Kollege. Österreich ist bei den Belastungen der Arbeitseinkommen bei den fünf Stärksten dabei, nur in Belgien, Deutschland und Italien zahlen die Arbeitnehmer noch höhere Abgaben. (Bundesrat Spanring: ... jahrelang nichts gemacht!) Die OECD emp­fiehlt die Abschaffung der kalten Progression und die Gegenfinanzierung durch Kapital­steuern, aber genau dies wird euren Wahlkampfspendern eben nicht gefallen.

Die Steuerreform für kleine und mittlere Einkommen muss vorgezogen werden, eine vorzeitige Abschreibung als Investitionsanreiz dienen. (Bundesrat Rösch: Steuerre­form kommt!) Der gemeinnützige Wohnbau muss durch Zweckzuschüsse des Bundes gestärkt werden, um leistbaren Wohnraum zu schaffen, das schafft auch zusätzliche Arbeitsplätze.

In der aktuellen Debatte in Deutschland sehen wir, wie teuer Wohnen in Berlin gewor­den ist, wir sehen das tagtäglich in den Medien und im Fernsehen. Unsere Bundes­hauptstadt hat in Bezug auf leistbares Wohnen eine positive Vorreiterrolle eingenom­men. (Beifall bei der SPÖ. Bundesrat Samt: Das ist lächerlich!– Sie finden das viel­leicht lächerlich, ich bin froh, dass die Bundeshauptstadt Wien so viel für leistbares Woh­nen tut.

Das Wifo hat erst kürzlich festgestellt, dass uns bis 2030 rund 25 000 Pflegekräfte fehlen werden. Eine Investition in eine FacharbeiterInnenausbildung rentiert sich daher doppelt. Kurzfristig kommen Menschen in Schulungsmaßnahmen, mittelfristig bis lang­fristig lösen wir dadurch auch das Pflegeproblem. Die älteren Arbeitslosen sind derzeit die einzige Gruppe am Arbeitsmarkt, die leider nicht vom Wirtschaftsaufschwung pro­fitiert haben. Zuletzt ist in dieser Gruppe der Langzeitarbeitslosen 50 plus die Zahl trotz Wirtschaftswachstum sogar wieder gestiegen.

Laut einer Ifes-Studie waren die Teilnehmer an der Aktion 20 000 im österreichischen Durchschnitt rund 45 Jahre alt und vor der Teilnahme rund drei Jahre arbeitslos. Viele waren also nicht nur ein Jahr, sondern deutlich länger ohne Job. Bei dieser Zielgruppe ist laut Studie davon auszugehen, dass nur 10 bis 15 Prozent die Chance haben, wie­der einen normalen Arbeitsplatz, eine Beschäftigung am normalen Arbeitsmarkt zu fin­den. Umgekehrt ausgedrückt: Für 85 bis 90 Prozent der älteren Langzeitarbeitslosen war die Aktion 20 000 die einzige Chance, wieder einer geregelten Beschäftigung nachzugehen. Genau diese Chance hat diese Bundesregierung diesen Menschen lei­der genommen. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Was ist uns in den letzten Jahren gut gelungen? – Ich komme schon zum Schluss. – Uns ist es gelungen, den Lebensstandard auf hohem Niveau abzusichern. Uns ist es gelungen, die soziale Sicherheit außer Frage zu stellen. Uns ist es gelungen, dass Kranke kein Problem haben, ein Krankenbett zu kommen (Bundesrat Samt: Was?), uns ist es gelungen, das Ansehen Österreichs in aller Welt außer Frage zu stellen.

Wir haben eine gute industrielle Aufstellung, darauf können wir stolz sein. Es ist natür­lich noch nicht alles perfekt erledigt, aber wir können darauf aufbauen. Was wir nicht tun sollten: Wir sollten das nicht für ein paar wenige gefährden; die Wahlkampfspender und unsere persönlichen Freunde dürfen uns nicht so wichtig sein. Wir sollten für die vielen arbeiten, und nicht für die wenigen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.45

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Reinhard Pisec. Ich erteile ihm dieses.