17.19

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe jetzt meine Rede ein bisschen über Bord geworfen, weil schon viele Punkte angesprochen worden sind. Ich glaube aber, man muss da schon auch ganz einfach Fakten auf den Tisch legen.

Wenn Kollege Bader als Klubobmann sagt, Rechtsextremismus sei in Österreich ohne­dies nicht so tragisch, dann muss ich festhalten: Wir haben bei rechtsextremistischen Tathandlungen seit Jahren - - (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, dass es nicht eine so große Gefahr für Österreich ist. (Bundesrat Bader: Das habe ich ja nicht gesagt!) – Das ist schon ein bisschen so rübergekommen. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir haben seit Jahren einen Anstieg bei rechtsextremen Tathandlungen in Österreich, erst letztes Jahr wieder einen Anstieg von 2,9 Prozent, und jedes Jahr steigende Zah­len. Das ist nicht unabdingbar. (Bundesrat Seeber: Linksextremismus?) – Nein, der Linksextremismus ist sinkend, Herr Kollege, das müssen Sie bitte nachschauen! Schauen Sie in den Sicherheitsbericht! Der ist nicht von den Grünen, der kommt von Kickl höchstpersönlich. Linksextremismus ist sinkend, geht nach unten, seit Jahren. Den Linksextremismus will ich auf keinen Fall verteidigen. Meiner Meinung nach gehört jedem Extremismus, egal welcher Art, etwas entgegengesetzt. Ich glaube, darin sind sich alle Parteien hier – hoffentlich – klar einig.

Rechtsextremismus aber wird immer mehr zu einem Problem in diesem Staat, und er wird immer mehr salonfähig. Das ist das riesengroße Problem dahinter. Dabei ist Ober­österreich immer wieder Spitzenreiter, und ich werde das jetzt auch ansprechen. Es ist kein Wunder, dass Oberösterreich immer wieder heraussticht, wenn es um Veranstal­tungen der Identitären und der Rechtsnationalen, Rechtsradikalen geht und wenn da Treffen, gerade auch von den Identitären, zustande kommen.

Ein Highlight war das Vernetzungstreffen Verteidiger Europas: Der Kongress in Linz war laut seiner Selbstbeschreibung der „erste österreichische Kongress gegen die ethno­kulturelle Verdrängung der europäischen Völker“. Dort waren nachweislich haufenwei­se Identitäre vertreten – davon gibt es Fotos –, und es gibt mehr als genug Beweise dafür, dass dort nicht nur Identitäre vertreten waren, sondern auch schlagende Bur­schis, Putin-Anbeter und Neonazis, nämlich bekannte Neonazis; und ja (eine Tafel in die Höhe haltend, auf der Fotos von Herbert Kickl, Felix Menzel, Maram Susli und Phi­lip Stein zu sehen sind), auch der Herr Innenminister war einer der Vertreter, die dort vor Ort gesprochen haben. Ich stelle das jetzt einmal so hin (die Tafel auf das Redner­pult stellend), denn man soll es ja ein bisschen sehen.

Er war einer, der da vorne auf der Bühne gestanden ist und gesagt hat, er sei jetzt un­ter Gleichgesinnten. Unter Gleichgesinnten! Wer sind denn diese Gleichgesinnten? – Es sind Sascha Roßmüller, ein bekannter, mehrfach verurteilter Neonazi aus Bayern, oder der Wiener Rechtsextreme Wolfgang L., der als Sowilo bekannt ist, um nur ein paar zu nennen, Herr Bundeskanzler. Was sagt Kickl zu diesem Publikum? – Und das ist nämlich die Frechheit: „Das ist ein Publikum, wie ich mir das wünsche und wie ich es mir vorstelle“ – zu diesen Rechtsextremen! Man weiß also schon, wohin genau die­se FPÖ tendiert: zu Identitären, Rechtsradikalen, als Neonazis Verurteilten. Das ist meine Gesellschaft, dieses Publikum wünsche ich mir, „wie ich es mir vorstelle“!

Also liebe ÖVP – und ich appelliere gar nicht an die FPÖ, das brauche ich gar nicht, sondern eher an die ÖVP –, diese Verbindungen zwischen FPÖ und den Identitären und den Rechtsextremen, der rechtsnationalen Szene, sind doch mehr als belegt. Das muss man doch nicht irgendwie mit Überraschung feststellen. Das hat man ja schon gewusst, das weiß man ja! Auch die Abgrenzungsversuche sind so etwas von un­glaubwürdig; auch wenn ich mir wünsche, dass da etwas vorangetrieben wird, aber die Abgrenzungsversuche sind so etwas von unglaubwürdig!

Schauen wir weiter nach Oberösterreich, ich will das noch ein bisschen aufgreifen: Der Büroleiter des Linzer Vizebürgermeisters Hein, Ulrich Püschel, nahm zum Beispiel an der Identitärendemo teil. Er ist auch Miteigentümer von „Info-Direkt“. Zu „Info-Direkt“ kommen wir gleich: „Info-Direkt“ strotzt nämlich nur so von Verschwörungstheorien, teilweise Antisemitismus bis hin zu rechtem Gedankengut. Wer sind denn die Eigentü­mer? – Ich darf Ihnen kurz vorlesen, wer die Eigentümer von „Info-Direkt“ sind. Im Ei­gentum von: Michael Scharfmüller, Ex-Mitglied des Bundes freier Jugend, 40 Prozent; Ulrich Püschel, Büroleiter des Linzer FP-Chefs Markus Hein, 30 Prozent; Jan Acker­meier, politischer Referent in der FP-Landespartei, 30 Prozent. – Das sind alles FPÖ-Leute.

Und was plakatieren sie?– So etwas kommt dabei heraus (eine weitere Tafel in die Hö­he haltend, auf der ein Ruderboot und darüber Porträtfotos von Sebastian Kurz, Martin Sellner, Heinz-Christian Strache, Michael Scharfmüller und Manfred Haimbuchner zu sehen sind): Da wird Herr Bundeskanzler Kurz – hier sind Sie (in Richtung Bundes­kanzler Kurz), auf dem Foto – in ein Boot gesetzt mit Sellner, mit Strache. Und wer ist noch drin? – Haimbuchner! Da sind sie alle. Und was steht drüber? – „Wir Patrioten sit­zen in einem Boot mit Martin Sellner“. – Wir sollen uns solidarisch mit den Identitären verhalten.

Alles FPÖler, denen dieses Magazin gehört – da frage ich mich schon: Wo ist denn da die Abgrenzung? Das ist doch nicht okay! Also wenn das mein Parteichef wäre, würde ich mich von dem Ganzen so schnell distanzieren, wie es nur geht. Das ist meiner Mei­nung nach eine Frechheit. Das muss man hier auch ganz klar benennen. So! (Zwi­schenruf der Bundesrätin Ecker. – Rufe bei der FPÖ: „So!“ Genau! „So!“) – Nein, so schnell bin ich noch nicht fertig, es gibt da noch so viel mehr.

Schauen wir einmal – weil es schon angesprochen wurde – zur Villa Hagen in Linz! Dort haben nicht nur die Identitären ihr patriotisches Zentrum – so nennen sie das – eingerichtet, in diesem Haus sind nicht nur die Identitären, sondern dort ist auch die Burschenschaft Arminia Czernowitz. In der Arminia Czernowitz sind superprominente Mitglieder vertreten, sie sind dort ein und aus gegangen, mit Sellner, wahrscheinlich jede Woche einmal. Das ist nichts Unbekanntes, jeder in Linz weiß, dass die Identi­tären dort ihr Zuhause haben, jeder hat das gewusst. Es gibt eine Facebook-Seite, auf der sich immer wieder Ankündigungen der Identitären für Veranstaltungen in diesem Haus, der Villa Hagen, finden. Das kann ich Ihnen alles beweisen.

FPÖ-Politiker wie Detlef Wimmer sind dort ein und aus gegangen. Michael Raml, den wir hier im Bundesrat alle kennen, ist ein und aus gegangen. Kollege Michael Schilch­egger, der jetzt nicht da ist, ist dort auch noch als Kassier in einen Verein verwickelt, nämlich in der Akademischen Burschenschaft Markomania zu Linz. Jeder Linzer weiß, was das ist. Die sind dort verankert und haben dort Veranstaltungen. Also da jetzt zu behaupten, man kenne sich nicht, ist doch absurd!

Man muss sich nur die Strukturen dieses Hauses anschauen, Herr Bundeskanzler. Schauen wir doch hinein! Wer ist denn dort, in der Villa Hagen, überhaupt dafür ver­antwortlich, wer sich da einmietet? – Es ist Wolfgang Grabmayr, FPÖ-Gemeinderat in Linz – das ist einer, der die Verantwortung über das Haus hat –, und es ist Wolfgang Kitzmüller, der Mann der Dritten Nationalratspräsidentin. Das sind alles Leute aus der FPÖ-nahen Umgebung, und sie haben Mietverträge mit denen unterschrieben. Und da frage ich mich: Da weiß man nicht, dass die Identitären dort unten hausen? – Entschul­digung, wenn ich es weiß?! Also ich verstehe das nicht.

Alle diese Herren wissen von den Identitären, und verarschen können Sie uns nicht, das muss man hier auch klarstellen. Das ist bekannt – und fertig! Es gibt genügend Belege dafür, und das wissen die Identitären und die FPÖ, dass es genug Über­schneidungen und Verbindungen gibt.

Schauen wir einmal in die Steiermark! Ich habe Ihnen da auch wieder ein Foto mit­genommen (ein Foto in die Höhe haltend, auf dem Demonstranten mit einem Banner und Fahnen der Identitären Bewegung zu sehen sind): Das ist eine Demonstration der Identitären Bewegung Österreich. Wer ist auf dem Foto zu sehen? – Martin Krainer, Ring Freiheitlicher Jugend; Gerhard Kurzmann, Freiheitliche Partei Österreich; Armin Sippel, FPÖ; Landtagsabgeordnete Helga Kügerl; Michael Wallner – alles Leute aus der FPÖ-Riege, bei der Identitären Bewegung Österreich an vorderster Front. Das sind alles Belege, das sind alles Beweise, die wir haben. (Bundesrätin Ecker: Sind das Be­lege für Straftaten oder was?!)

Na, welche Straftaten? Mir geht es nicht um die Straftaten. Es geht mir darum, dass das Ideengut, das Gedankengut, das gleiche Spektrum daherkommt, und das ist das Problem dahinter. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner. – Pscht-Rufe bei der FPÖ.) Das ist doch kein normales Gedankengut, wenn Leute aus Neuseeland für Sellner Geld spenden und FPÖler mit der gleichen Ideologie auf der gleichen Demo für das Gleiche kämpfen. Sich davon abzugrenzen, da werden Sie sich schwertun.

Herr Bundeskanzler - - (Bundesrat Steiner: Aber gibt es nicht ein Foto mit Van der Bel­len auch?) – Kraut und Rüben! Es geht mir nicht darum, ob jemand auf einem Foto ist. Ich könnte Ihnen auch Tausende andere Fotos zeigen, ich könnte auch das Foto, auf dem Strache zufällig am Stammtisch von Identitären auftaucht, zeigen; so zufällig: Huch, da ist der Identitären-Block da! (Anhaltende Zwischenrufe des Bundesrates Stei­ner.) Ich tue das nicht. Da geht es um eine ganz bewusste Tathandlung: dass ich bei einer Demonstration (Bundesrat Steiner: Tathandlung! Tathandlung!) mit dabei bin.

Herr Bundeskanzler, ziehen Sie endlich einen Schlussstrich! Mir geht es hier um An­stand. Ich nehme es Ihnen ab – wirklich ernsthaft –, dass Sie mit diesem Gedankengut nichts zu tun haben; das glaube ich wirklich, davon bin ich fest überzeugt. Das aber zu akzeptieren ist ein anderer Punkt. Wir fordern Sie und die gesamte ÖVP auf, heute un­seren Entschließungsantrag zu unterstützen. Zeigen Sie Haltung und treten Sie Rechts­extremismus im öffentlichen Dienst klar entgegen!

Ich bringe noch einen weiteren Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller, Martin Weber, Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Aufnahme des Verbotes der Verwendung von Symbolen der Identitären Bewegung in das Symbole-Gesetz“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dem Parlament einen Entwurf für die Aufnahme des Verbotes der Verwendung von Symbolen der Identitären Bewegung in das Symbole-Gesetz vorzulegen, da die Ziele dieser rechtsextremistischen Gruppie­rungen im Widerspruch zu den Grundwerten der Republik Österreich und zum Prinzip der gesellschaftlichen Pluralität stehen.“

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Ich glaube, man könnte damit auch einen Punkt setzen: Mit dem Symbole-Gesetz sol­len Symbole extremistischer Gruppierungen, deren Ziele im Widerspruch – und gilt für die Identitären – zu den Grundwerten der Republik Österreich und zum Prinzip der ge­sellschaftlichen Pluralität stehen, sowie anderer Bewegungen, deren Symbole als Auf­ruf, Verherrlichung und Unterstützung von Gewalt verwendet werden, verboten wer­den. Das wäre einmal ein Schritt, das wäre der erste Schritt dahin, dass wir Ihnen ab­kaufen würden, dass Sie ganz klar etwas gegen Rechtsextremismus und gegen die Identitären, die diesen Staat zerstören wollen, unternehmen.

Zum Stichwort zerstören möchte ich noch Folgendes anfügen: Wenn wir uns die Pro­zessakten von Graz durchlesen – sie wurden schon publik gemacht –, sehen wir, da steht auch ganz wunderbar drinnen, dass es sich um eine extremistische Gruppe han­delt. Lesen wir es durch! Sellner schreibt handschriftlich dort hinein – und man muss sich das vorstellen; in den Kampagnen gibt es viel darüber, wie man die FPÖ unter­wandert, sie entsprechend aufrührt und in die FPÖ hineinkommt –, da steht wortwört­lich drinnen: „Damit dieser Krieg gewonnen werden kann“ – damit meint er den Krieg gegen Linke, gegen Ausländer, gegen alles, was Pluralität bedeutet – „, muss er be­gonnen werden.“ – Da muss ich schon sagen: Das ist doch definitiv extremistisches Gedankengut. Ich glaube, das will keiner. Wenn eine Gruppierung in Österreich von Krieg redet, müssen wir uns dem entgegenstellen – fertig, Punkt, aus! Dementspre­chend müssen wir auch einen klaren Schritt setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das hat Sellner höchstpersönlich geschrieben und unterschrieben. Das ist doch nicht okay und nicht zu akzeptieren!

Sehr geehrte Damen und Herren, die Identitäre Bewegung Österreich ist eine Gefahr, und deswegen hoffe ich, nein, sehr geehrte ÖVP, ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie heute eine klare Position beziehen, sonst sind Sie und auch die gesamte - - (Bundesrat Bader: Haben wir ja! Das haben wir ja eh schon!) – Nein, ich meine wirklich: klare Position! Ich erwarte, dass Sie sich klar positionieren, dass Sie diese extremistische Gruppe in Österreich nicht haben wollen; sonst riskieren Sie auch einen Krieg in Öster­reich – das wollen diese Gruppen –, wenn Sie da nicht endlich einen Schlussstrich zie­hen. (Ruf bei der FPÖ: Kommt noch was?!) – Das ist alles, Sie brauchen nur die Akten durchzulesen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sind unglaubwürdig, genauso wie die gesamte ÖVP – und auch die FPÖ –, wenn Sie das nicht tun, wenn Sie nicht endlich einmal Ab­grenzungsversuche durchführen.

Herr Kurz, haben Sie Haltung! Ich traue es Ihnen zu, dass Sie sie haben. Schauen wir, ob Sie sie auch wirklich umsetzen. Ich hoffe es, denn es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Demokratie in dieser Republik und um eine extremistische Bewe­gung, die diese zerstören will. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

17.33

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Der von den Bundesräten David Stögmüller, Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Auf­nahme des Verbotes der Verwendung von Symbolen der Identitären Bewegung in das Symbole-Gesetz“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Anton Froschauer. Ich erteile es ihm.