19.15

Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich habe Ihren Ausführungen zu den strategischen Abkommen mit Japan und Kanada aufmerksam gelauscht. Ich darf Ihnen nur ein paar Aspekte mitteilen, da ich vor zwei Wochen von einer Japan­reise zurückgekehrt bin.

Wir haben so etwas wie eine moralische Autorität in Japan, die mir in dem Umfang nicht bewusst war. Ich hatte das Privileg, Nagasaki zu besuchen, und hatte einen sehr ausführlichen Gedankenaustausch mit dem Bürgermeister von Nagasaki. Österreichi­sche Diplomaten, österreichische Unterhändler, die in den Neunzigerjahren, zu Beginn der Nullerjahre das UN-Abkommen zum Verbot sämtlicher Nuklearwaffen ausverhan­delt haben, haben sich dort einen wirklich beeindruckenden Stellenwert erarbeitet. Es ist schön, wenn man dann als Ministerin sozusagen diese Ernte einfahren darf. Man spürt einfach die Atmosphäre eines sehr, sehr respektvollen Entgegenkommens.

Ich hatte dann auch Gelegenheit, an der Universität von Kyōto einen Vortrag über die Entwicklung des Energiemixes in Japan zu halten. Trotz der Erfahrung von Fukushima, trotz all dem, was eben auch Atomwaffen verursacht haben, aber vor allem wenn man an das nukleare Unglück von Fukushima mit all den nicht nur technischen, sondern menschlichen Unzulänglichkeiten, die hier ins Spiel kamen, denkt, ist bedauerlicher­weise der Anteil der Nuklearkraft am japanischen Energiemix über 23 Prozent und wach­send. Ich hatte darüber auch einen Gedankenaustausch, und vielleicht können wir uns auch auf der Ebene dieses Handelsabkommens bei einem Gedankenaustausch gera­de in Energiefragen auch weiter in Richtung anderer Energieformen bewegen.

Mit Außenminister Tarō Kōno habe ich im letzten Jahr mehrfach Begegnungen gehabt und habe ihn als einen sehr klugen, nachdenklichen Beobachter vor allem der geo­politischen Entwicklungen im asiatisch-pazifischen Raum schätzen gelernt. Wie Sie wis­sen, habe ich im Außenministerium, hat die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit einen Fokus auf diese Hinwendung zum asiatisch-pazifischen Raum gelegt. Dazu gehört nicht nur die Volksrepublik China, dazu gehört zweifellos die drittgrößte Volkswirtschaft Japan.

Es wurde auch das demografische Element von einigen Rednern aufgebracht. Ich ha­be vor einigen Jahren, als ich ein Buch zur Thematik Demografieentwicklung schrieb, durch Zufall folgende Statistik gefunden: Im Mai 2012 wurden erstmals mehr Windeln in Japan für die Altenpflege zum Einsatz gebracht als für Kinder. Ich glaube, wenn man sich diese Zahl vor Augen hält, weiß man, was das für die demografische Entwicklung in dem Land bedeutet, mit all dem, was da für den Arbeitsmarkt einhergeht.

Das war meine erste Reise nach Japan, und wenn man sieht, dass Menschen mit 70 plus am Bau oder sonst wo tätig sind, dann schafft das schon einige Nachdenklich­keiten, was sozusagen auch andernorts vielleicht noch an Entwicklungen kommen könnte.

Ich freue mich, dass das Abkommen Ihre Zustimmung gefunden hat. Ich bin mir ziem­lich sicher, dass wir hier vor allem in der Entwicklung und Forschung Arbeitsplätze schaf­fen, aber natürlich langfristig hoffentlich auch zur Diversifizierung des Energiemixes ei­nen Beitrag leisten können. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Bun­desrätInnen der SPÖ.)

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