19.23

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Lieber Kollege Froschauer, ich teile alles, was du zu Kanada gesagt hast. Es ist völlig richtig, das sind moderne Abkommen, und deshalb haben wir dem auch zugestimmt. Wenn die beiden Abkommen zu Peru und Kolumbien, die vorher Thema waren, von mir als „old-fashioned“ bezeichnet wurden, dann kann ich sagen, dass wir hier ein modernes Abkommen haben – ein modernes Abkommen mit einem kleinen Schönheitsfehler. Der Schönheitsfehler ist, es ist ein umfassendes Abkommen. So soll es auch sein. Es ist immer wieder die Diskussion: Sind es gemixte Abkommen zwischen den Nationalstaaten und der Kommission und dem Europäischen Parlament oder sind die nationalen Parlamente ausgeschlossen?

Dieses Abkommen mit Singapur hat den Weg zum Europäischen Gerichtshof gefun­den, der entschieden hat, dass die Investitionskapitel in die Zuständigkeiten der natio­nalen Mitgliedstaaten fallen und nicht durch die EU-Kommission unterzeichnet werden. Daraufhin hat man sie ausgegliedert, das Freihandelsabkommen gelassen und ein an­deres Abkommen gemacht, in dem man sich zu den Investitionskapiteln an die natio­nalen Mitgliedstaaten wendet, sozusagen ein Partnerschafts- und Kooperationsabkom­men, das letztlich ein Investitionsschutzabkommen ist.

Was ist nun modern daran? – Modern ist daran, dass es im Grunde alles inkludiert: Menschenrechte, den Internationalen Strafgerichtshof, Verbot von Massenvernich­tungswaffen, Verbot von Kleinwaffen und leichten Waffen sowie gemeinsame Maßnah­men zur Terrorismusbekämpfung, die Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit, Umwelt, Klimawandel, Energie, Bildung und Kultur, aber auch in den Bereichen Arbeit, Migration, Beschäftigung, Soziales und – was bezüglich Singapur nicht ganz unwichtig ist – die Bekämpfung von Korruption, Geldwäsche und organisierter Kriminalität. Wa­rum betone ich das so? – Weil über 10 000 europäische Firmen ihren Hauptsitz in Sin­gapur haben, um den asiatischen Markt effizient zu bewirtschaften.

Warum stehe ich hier als Kontraredner? Das ist jetzt noch die Frage, nicht? – Das kann man schon herausarbeiten: Es ist ein komplexes Abkommen mit Drittstaaten, und ich denke, wir sollten bei solchen Abkommen mit Drittstaaten prinzipiell von den europäi­schen Institutionen verlangen, dass sie den nationalen Parlamenten zur Ratifizierung vorgelegt werden.

Vor allem gibt es hier einen – wie soll man sagen? – Wermutstropfen. Singapur ist ein ziemlich autoritärer und sehr rigider Staat und hat sich in den Verhandlungen mit der EU geweigert, zwei Dinge, die eigentlich für uns Parlamentarier und Parlamentarierin­nen Kernelemente sind, aufzunehmen. Sie haben sich geweigert, zum Ersten das Recht auf Versammlungsfreiheit, das es so in Singapur nicht gibt, und zum Zweiten das Verbot von Diskriminierung am Arbeitsplatz, also ein ganz wichtiges Sozial- und Menschenrecht, aufzunehmen. Sie haben sich geweigert, diese beiden aufzunehmen. Singapur ist wichtig für die EU, es ist der wichtigste Wirtschaftsplatz in Asien, vor allem aufgrund dieser Drehscheibenfunktion. Wir bedauern das und finden, dass in Zukunft alle Verträge dieser Art auch den nationalen Parlamenten vorzulegen sind.

Nun zu einem Punkt, liebe Monika Mühlwerth: Ich verstehe ja, dass man hin und wie­der versucht, dem politischen Gegner eine Wuchtel reinzudrücken (Bundesrätin Mühl­werth – erheitert –: Ja!) – ja, verstehe ich, ja, ist okay –, mir dann aber mit Venezuela zu kommen, ist ein bisschen seltsam gewesen, sage ich dir. Wir haben den Handels­vertrag mit Peru und Kolumbien und die Aufnahme von Ecuador gehabt. Im Assozi­ierungsvertrag haben wir Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama – weit weg. Du hättest mir aber vorher, vor der Debatte, sagen können, du möchtest über Argentinien, Chile, Brasilien und so weiter reden, dann hätten wir natürlich auch über Venezuela reden können. Nur: Venezuela hat keinen sachlichen Zusammenhang. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ich habe jetzt noch einmal die Staaten genannt, die hier vorgekommen sind, und des­halb an die Adresse von Frau Mühlwerth: Liebe Frau Mühlwerth, wir hoffen alle, dass das Regime Maduro unblutig ein Ende findet. Dazu muss man das Regime Maduro erst einmal vom Militär trennen, denn andernfalls wird es nämlich blutig, und wir wollen alle keine Menschenleben riskieren.

Deshalb ist eine ganz große Aufgabe der UNO, Konfliktmanagement zu machen. Die EU hat richtig gehandelt, aber in der Tat, man muss im Grunde ohne Blutvergießen erzwingen, dass die zahlreichen Hilfskonvois mit Medikamenten und Nahrungsmitteln, die es schon gibt, endlich in das Land gelassen werden, denn wenn man schon Blut vergießen will, wollen wir nicht, dass die Menschen an Krankheiten und an Hunger sterben. Insofern denke ich, treffen wir uns hier alle auf dieser menschenrechtlichen Ebene, und das ist sicher eine der großen Aufgaben der UNO als Konfliktvermittler. – In diesem Sinne: Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.30

Präsident Ingo Appé: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Samt. Ich erteile ihm dieses.