9.28

Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglie­der des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Jugendliche auf der Besuchergalerie! Jugendpolitik ist neben der Familienpolitik und der Frauenpolitik meine dritte Verantwortungssäule in der Politik. Sie ist mir eine ganz, ganz wichtige Säule, und zwar nicht nur deshalb, weil ich drei Kinder unterschiedlichen Alters zu Hause habe und mir natürlich ihre Gegenwart und Zukunft sehr am Herzen liegt. Es freut mich, dass wir heute die Möglichkeit haben, über Jugendpolitik zu sprechen und die Neuausrichtung der Österreichischen Jugendstrategie hier im Bundesrat zu diskutieren.

In Österreich gibt es 1,7 Millionen Menschen im Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Wenn ich auf die Besuchergalerie schaue, dann darf ich einige von ihnen heute bei uns herzlich willkommen heißen. Die jungen Menschen – die österreichische Jugend – leben im Hier und Jetzt, aber natürlich müssen wir auch schauen, dass wir ihre Zukunft ebnen und vor allem ihre Chancen für die Zukunft erhöhen.

Der Lebensabschnitt Jugend ist in unterschiedliche Phasen unterteilt. Kinder und Jugendliche haben das Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität, nach Gemeinschaft und Liebe, nach Freiheit und Unabhängigkeit und natürlich auch nach Selbst­verwirk­lichung und Entfaltung. In der österreichischen Jugendpolitik möchten wir all diese Bedürfniswelten abbilden.

Eine wesentliche Aufgabe ist es, junge Menschen bestmöglich zu begleiten, damit sie die Lebensphasen des Jungseins mit uns gemeinsam besser meistern können. Für junge Menschen soll ein Rahmen geschaffen werden, damit sie sich zu eigen­verant­wortlichen und selbstbewussten Persönlichkeiten entwickeln können.

Im Regierungsprogramm „Zusammen. Für unser Österreich.“ gibt die österreichische Jugendpolitik eine ganz klare Zielrichtung vor. Mir persönlich ist es ganz, ganz wichtig, Jugendpolitik nicht nur für die Jugendlichen zu machen, sondern vor allem mit den Jugendlichen. Wie meine Vorrednerinnen schon gesagt haben, ist Jugendpolitik eine Querschnittsmaterie und betrifft alle Ministerien. Daher gilt es auch, gemeinsam eine Strategie für die Zukunft zu entwickeln.

Um diese Ziele zu erreichen, stehen uns als Politiker und Politikerinnen viele Werk­zeuge zur Verfügung. Eines davon ist die Jugendstrategie. Wir hatten das Glück, dass wir aufgrund dessen, dass wir den Vorsitz in der Ratspräsidentschaft hatten, nicht nur die Österreichische Jugendstrategie, sondern zeitgleich auch die EU- Jugendstrategie mitentwickeln konnten.

Ich habe am 24. Oktober 2018 einen Ministerratsvortrag zur Neuausrichtung der Öster­reichischen Jugendstrategie eingebracht. Die Jugendstrategie – das wurde bereits erwähnt – gibt es seit 2012, und sie entwickelt sich immer weiter. Dementsprechend gibt es seit 2012 eine Entwicklungsgruppe. Ich darf Ihnen auch sagen, dass sogar heute Nachmittag wieder eine Sitzung dieser Entwicklungsgruppe abgehalten wird, in der wir dann gleich die Themen, die hier heute im Bundesrat diskutiert und ange­sprochen werden und wurden, miteinbeziehen werden. In dieser Gruppe sind alle wichtigen Partner aus dem jugendpolitischen Bereich: die Bundesjugendvertretung – die hat schon Erwähnung gefunden –, das Bundesnetzwerk Österreichische Jugend­infos, das Bundesweite Netzwerk Offene Jugendarbeit, die Nationalagentur Erasmus+ Jugend in Aktion, die Vertreter im Europäischen Forschungsnetzwerk RAY, das Kom­petenz­zentrum Jugend im BKA und meine jugendpolitische Abteilung im Bundes­kanzleramt, der ich hier auf diesem Weg auch ganz herzlich Danke für ihr Engagement und für die tollen und innovativen Ideen, die sie immer wieder liefern, sagen darf. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die Jugendstrategie wird als laufender Prozess verstanden, bei dem sich Jugendliche auch immer wieder einbringen können. Wir haben schon die vier Handlungsfelder gehört: Bildung und Beschäftigung, Beteiligung und Engagement, Lebensqualität und Miteinander. Wir haben die Österreichische Jugendstrategie diesmal um ein Hand­lungsfeld erweitert, nämlich: Medien und Information.

Was Bildung und Beschäftigung angeht, wissen wir, Österreich ist ein sehr wohl­habendes Land. Wir sind in der glücklichen Situation, sagen zu können, dass die Armut im Sinken begriffen ist, dass es in kaum einem weiteren europäischen Land eine so niedrige Jugendarbeitslosigkeit gibt wie in Österreich und dass wir mit der Ausbil­dungspflicht bis zu 18 Jahren auch ein gutes Instrument geschaffen haben, um Jugendliche in Arbeit und in Ausbildung zu bringen.

Das Handlungsfeld Bildung und Beschäftigung ist dem Anliegen gewidmet, dass alle jungen Menschen ihre Talente bestmöglich entwickeln und ihre Chancen nutzen können, um aktuelle und auch zukünftige Herausforderungen stemmen zu können. Eine gute Arbeit haben heißt, Perspektiven zu haben – das gilt für junge Menschen genauso wie für alle anderen. Dazu müssen Talente erkannt, gefördert und Chancen genützt werden. Da wollen wir unterstützen.

Was Beteiligung und Engagement angeht, so sage ich immer, ich möchte Politik mit den Jugendlichen machen. Das funktioniert natürlich, indem sich die Jugendlichen engagieren. Ich freue mich, dass heutzutage auch das Engagement und die politische Partizipation von Jugendlichen wieder stärker und größer wird, dass wir es schaffen, ihr Interesse zu wecken. Wir haben das auch bei der EU-Jugendstrategie und bei deren Ausrichtung gesehen, denn 50 000 europäische Jugendliche haben sich bei der Konsultation beteiligt, wobei jede oder jeder zehnte Jugendliche aus Österreich war. Das heißt, die österreichische Jugend beteiligt sich wirklich gern, weil sie weiß, es geht um ihre Gegenwart und es geht um ihre Zukunft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir können in Österreich sehr stolz auf unsere Jugend sein, und zwar – das habe ich schon gesagt –, weil sie sich ganz stark engagiert. Ich möchte Ihnen aber auch die Zahlen zukommen lassen; weil ich jedes Mal wirklich wieder erstaunt und beglückt bin, muss ich in diesem Fall auch sagen, wie stark die Jugendbeteiligung in Österreich ist. Wir haben 37 große Bundesjugendorganisationen, diese zählen 1,6 Millionen Mitglie­der, die Arbeit geschieht dort zu 97 Prozent auf Basis des freiwilligen Engagements. Engagement, Einsatz und gemeinsames Tun für die Allgemeinheit: Ich denke, das sollte uns alle dazu veranlassen, ein herzliches Danke an die Jugend zu sagen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Ein weiteres Handlungsfeld ist Lebensqualität und Miteinander. Dieses adressiert jene Lebensbereiche, die Jugendliche vor allem im Übergang zum Erwachsenensein be­treffen. Das betrifft die Gesundheit, die Familie, die Mobilität, die Umwelt und natürlich die persönliche Lebensperspektive und Lebenszufriedenheit. Dies erfordert eine aktive Lebensgestaltung. Jugendliche müssen entsprechend gefördert und vor allem auch gefordert werden, damit sie Verantwortung für die Zukunft übernehmen können.

Last, but not least Medien und Information: Das wurde heute schon erwähnt. Ich bin auch zu Hause damit konfrontiert. Unser Größter, der gerade Matura macht, ist eigentlich noch recht handyfrei aufgewachsen; weil er selbst kein Interesse daran hatte, hat er erst mit 16 angefangen, in die sozialen Medien reinzuschnuppern, und bei dem Alter war es eigentlich schon ganz einfach, ihm zu erklären, wie man Medien­kompetenz erwirbt und dass das die einzige Möglichkeit ist, sicher im Internet unterwegs zu sein.

Bei unserer Zehnjährigen ist es nicht ganz so einfach, ihr zu verklickern, wie sie sich sicher im Internet bewegt. Sie hat gerade immer wieder auf ihrem Handy Anrufe von unbekannten Nummern aus Deutschland gehabt. Man muss den Kindern dann wirklich auch klarmachen, dass es zu ihrem Schutz ist, aber die Kinder wollen das halt manchmal nicht hören oder gehen auch oft in eine Abwehrhaltung. Deswegen glaube ich, dass das ein Feld ist, dass wir wirklich beackern müssen, damit wir unseren Kindern und Jugendlichen Medienkompetenz zuteilwerden lassen, weil das einfach der beste Schutz im Internet ist, den es gibt.

Junge Menschen sind eben, wie schon gesagt, besonderen Risiken ausgesetzt. Saferinternet.at und die Medien-Jugend-Info wurden schon genannt. In meiner Abteilung und gemeinsam mit nationalen und internationalen Plattformen wird wirklich sehr viel für die Stärkung der Medien- und Digitalkompetenz von jungen Menschen getan.

Innovation ist wichtig, aber nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Jugend­strategie. Wie bereits erwähnt, bewegt sich die Jugendpolitik im Querschnitt zu den Ländern, den Gemeinden und den Interessenvertretungen. Ich sehe es vor allem als meine Aufgabe, sie als Querschnittsmaterie in allen Ministerien zu verankern.

Die Jugendstrategie ist darauf ausgelegt, dass wir analysieren, was derzeit in den Ministerien für die Jugend und mit der Jugend getan wird. Nach dieser Analyse dür­fen – besser gesagt: sollen und müssen – die Ministerien ein Jugendziel oder mehrere definieren. Diese Jugendziele unterliegen dann noch einem Realitycheck von jungen Menschen, die sich in diese Jugendziele dann auch einbringen und sie werten können, wenn es notwendig ist.

Wir sind mitten im Prozess und hoffen oder gehen davon aus, dass wir diesen Prozess bis zum Ende des Sommers abschließen können.

Die EU-Jugendstrategie habe ich schon kurz erwähnt. Ich schätze mich wirklich glücklich, dass ich dabei sein und während der Ratspräsidentschaft diese Jugend­stra­tegie federführend mitverhandeln durfte – 50 000 Jugendliche, elf Jugendziele. Natür­lich sind diese Jugendziele in den unterschiedlichen Ländern Europas unterschiedlich relevant. Wie ich schon sagte, ist Österreich in der glücklichen Situation, eine sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit zu haben, während viele südliche Länder Europas eine sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit haben.

Ein weiteres Beispiel ist das Verankern der Jugendlichen in ihrer Heimat. Es gibt Länder, die eine unglaubliche Landflucht haben, und da meine ich nicht Land im Sinne von Land-Stadt-Gefälle, sondern sie verlassen ihre Nationen, weil sie keine Arbeit haben oder weil sie keine sinnstiftende Arbeit haben. Es gibt Länder, aus denen 25 Prozent der Jugendlichen abziehen und nicht mehr zurückkommen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, in die Zukunft zu investieren, damit die Länder auf ihre Jugend bauen können, aber vor allem auch die Jugend auf das Land bauen kann, in dem sie aufge­wachsen ist.

Veränderung ist für uns ein ständiger Begleiter, aber ich glaube, bei der Jugend ist Veränderung ganz, ganz wichtig. Die erste eigene Wohnung, Berufs- und Ausbildungs­wahl oder auch einmal ein Berufs- oder Ausbildungswechsel: Es gibt unglaublich viele Orientierungsphasen, die oft nicht einfach zu meistern sind. Es braucht eben eine Inter­essenfindung, damit man weiß, was man tun möchte, und damit man das, was man tut, auch gerne tut. Daher ist es wichtig, so gut wie möglich für diese Veränderungen gewappnet zu sein, denn Veränderung – das wissen wir alle – gehört einfach zum Leben dazu.

Mit unserer Politik unterstützen wir junge Menschen bestmöglich darin, diese Phasen zu meistern. Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich für die Jugend und die sich mit der Jugend engagieren. Wir möchten, dass sich unsere Jugendlichen zu eigen­ständigen und selbstverantwortlichen Persönlichkeiten entwickeln können. Die Öster­reichische Jugendstrategie ist dafür ein maßgebliches Werkzeug in der Ausgestaltung; ich möchte fast sagen, die Österreichische Jugendstrategie ist unser jugendpolitischer Handlauf. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Novak.)

9.42

Präsident Ingo Appé: Ich danke der Frau Bundesministerin.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren TeilnehmerInnen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht über­steigen darf.

Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Doris Berger-Grabner zu Wort. Ich erteile ihr dieses.