10.10

Bundesrätin Mag. Martina Ess (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause via Livestream! Ein herzliches Willkommen allen Jugendlichen, die gerade hier angekommen sind! Wir feiern heute den Europatag, wir feiern Frieden und Einheit, und wir alle können in gut zwei Wochen mit unserer Stimme maßgeblich dazu beitragen, zu entscheiden, in welche Richtung sich Europa bewegen wird.

Es gibt zahlreiche Themenbereiche, die können Länder alleine, die kann auch unser Österreich alleine nicht bewältigen. Auch die Themenbereiche Gleichstellung von Mann und Frau sowie Jugend müssen wir meines Erachtens miteinander, geschlossen und vor allem als Europa angehen. Wenn wir heute das EU-Jahresvorhaben vorliegen haben, dann blicke ich zu Beginn gerne auf die Tätigkeiten und die Erfolge der öster­reichischen EU-Ratspräsidentschaft zurück und in einem weiteren Schritt gerne auch in die Zukunft, konkret ins Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission.

Ich darf mit dem Bereich Gleichstellung von Mann und Frau beginnen. Da kann man unser geeintes Europa wirklich als den Motor der Gleichstellungspolitik bezeichnen. So freut es mich, dass unter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft ein Treffen aller GleichstellungsministerInnen in Wien stattgefunden hat. Das ist seit Längerem nicht mehr der Fall gewesen. Wir haben in den vergangenen Jahren in der Frauenpolitik sehr viel erreichen können. Das freut uns, aber wir haben doch noch in sämtlichen Be­reichen strukturelle Ungleichheiten; in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, in der Bildung, in der Gesundheit und auch in der Politik. Mich hat es gefreut, dass 27 EU-Mitgliedstaaten bei der Zusammenkunft das Thema Geschlechtergleichstellung in Zukunft klar priorisiert haben.

Ich möchte kurz beschreiben, was für mich Gleichstellung bedeutet. Gleichstellung bedeutet keinesfalls Gleichmacherei von Mann und Frau. Sie bedeutet für mich vielmehr, dass Mann und Frau ihre Unterschiede gleichwertig leben können. Frauen und Männer brauchen natürlich in erster Linie gleiche Rechte. Was wir ganz dringend brauchen, sind aber auch gleiche Chancen. Dazu gehört für mich, dass unsere Arbeit, die Aufgaben, die von Mann und Frau täglich erledigt werden, gleich viel wert sind.

Was ist in diesem Zusammenhang konkret geplant, wenn es um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit geht? – Ganz grundsätzlich haben Stereotype in unserer Welt einfach keinen Platz mehr. Da möchte ich alle Mütter und Väter mit ins Boot holen, denn dies beginnt wirklich in der Erziehung. Wir Mütter, alle Väter sind gefordert, die Rollenbilder aufzubrechen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

In einem zweiten Schritt müssen die Arbeitsfelder neu bewertet werden. Es sollen vor allem jegliche Diskriminierungen in Kollektivverträgen beseitigt werden. Wir wissen, dass Frauen besonders bei der Anrechnung von Karenzzeiten benachteiligt sind. Es ist geplant, dass alle Sozialpartner bis Ende 2019 die Anrechnung von Karenzzeiten auf­nehmen, und zwar in allen Berufen und allen Kollektivverträgen.

Wenn es um die Schließung der Lohnschere geht, komme ich auf ein Thema zu sprechen, das unserer Bundesministerin ganz besonders wichtig ist: die Einkommens­transparenz. Es geht darum, da Klarheit zu schaffen. Es gibt sehr viele unterschied­liche Definitionen und auch Berechnungsmethoden des Gender Pay Gap; dies gilt es zu vereinheitlichen.

Ich danke für die zahlreichen Initiativen, mehr Lohngerechtigkeit für uns Frauen zu schaffen, denn wir Frauen verdienen in der Arbeitswelt immer noch weniger als Männer. Da sind sehr viele Gespräche mit Unternehmen am Laufen. Die haben statt­gefunden, und das sind wertvolle Impulsgeber. Ich setze mich persönlich ebenfalls überall dort ein, wo es mir möglich ist, Frauen zu empowern und zu stärken. Ich darf ganz speziell auf eine Initiative aufmerksam machen, nämlich auf die Sounding Boards. Diese finden jetzt im Juni zum vierten Mal statt. Das ist eine Initiative für mehr Lohngerechtigkeit. Da treffen sich Expertinnen und Experten und prüfen, wie die doch sehr unterschiedlichen Einkommensberichte bundesweit einheitlich standardisiert werden können.

Zusammengefasst zu diesem Punkt: Nur wenn wir Einkommenstransparenz haben, haben wir auch nachhaltig die Möglichkeit, die Gehälter von uns Frauen wirklich zu erhöhen.

Ich habe schon im ersten Teil meiner Rede von Chancen gesprochen, Chancen, die wir brauchen, gleiche Chancen von Mann und Frau. Dies muss auch vor dem Gesetz gelten. Grundsätzlich gilt, und das wissen auch die Jugendlichen, dass das Gesetz für alle gleich ist. Bei einem Thema, auf das die Frau Ministerin bereits eingegangen ist, nämlich beim Thema Gewalt, reichen die bestehenden rechtlichen Maßnahmen aller­dings nicht. Vor einer Woche wurde die Kriminalitätsstatistik veröffentlicht. Darin zeigt sich ein alarmierendes Ergebnis, denn die Zahl der Gewaltdelikte gegen Frauen steigt immer noch an. Wir Frauen benötigen dringend Gewaltschutz. Da sind wir uns auf allen Ebenen einig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das bedeutet für mich, Hilfe zu leisten, wenn Hilfe dringend benötigt wird. Unsere Frau Ministerin hat die zahlreichen Maßnahmen bereits erwähnt. Ich möchte das noch einmal verstärken, damit sie auch wirklich nicht untergehen, damit das jetzt alle noch einmal hören. Im März hat der Gewaltgipfel stattgefunden. Alle Landesräte, alle Landesrätinnen waren mit dabei. Es wurde auch die Taskforce gemeinsam mit unserer Generalsekretärin Karoline Edtstadler bereits erwähnt. Von dieser wurden 50 Maß­nahmen erarbeitet, auch Maßnahmen, von denen wir heute bereits gehört haben, wie Digitalisierung oder Maßnahmen gegen Hass im Netz. Ganz wichtig ist die jetzt geplante dreistellige Notrufnummer. Es wird Beratungsstellen für Opfer sexueller Ge­walt geben. Ich möchte auch die bundesländerübergreifende Bereitstellung von Frau­enhausplätzen noch einmal ansprechen, weil das etwas ganz Entscheidendes ist.

Diese Maßnahmen werden natürlich in einem engen Austausch mit den Bundes­län­dern erarbeitet. So werden die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen.

Das Frauenthema ist für mich ein sehr, sehr wichtiges. Ich setze mich auch in meinem Bundesland sehr dafür ein. Der zweite große Themenbereich, nämlich die Jugend, die auch in der EU-Jahresvorschau vorkommt, ist mir ebenfalls sehr, sehr wichtig in meiner politischen Arbeit. Es wurde dazu heute aber auch schon sehr viel gesagt. Ich habe das genau beobachtet, es gab keinen Redner, der das nicht betont hat, und ich mache es auch noch einmal, nämlich die Wichtigkeit der Jugendbeteiligung. Ich gehe aber noch einen Schritt weiter, auch die Kinderbeteiligung ist entscheidend. Ich freue mich, dass auch dies im Aufkommen ist. In meiner Gemeinde haben wir gerade ein schönes Projekt laufen, eine Kinderzeitschrift mit dem Titel „Kinderstimme“.

Die Stimme der Jugend ist wichtig. Politik für Jugendliche soll nicht ohne die Jugend­lichen gemacht werden. Das haben wir heute nachdrücklich zu hören bekommen. Es freut mich, dass alle diesen Weg gehen möchten.

Eines haben wir noch nicht gehört: In der EU-Jugendstrategie sind drei Leitwörter ganz entscheidend, nämlich Beteiligung, Begegnung und Befähigung. Da geht es in erster Linie darum, dass die Jugendlichen befähigt werden müssen, das heißt, durch Qualität, Innovation und Anerkennung von Jugendarbeit gestärkt werden. Es geht darum, dass wir die Beteiligung der Jugendlichen am Leben stärken und dass die Jugendlichen einander im gesamten EU-Raum begegnen und sich miteinander auf den Weg machen.

Abschließend: Es freut mich, dass auch auf EU-Ebene zwei ganz unumgängliche und wichtige Bereiche angegangen werden, erstens Frauen und ihre Gleichstellung, ihre Rechte zu stärken, Frauen zu empowern, und zweitens, die Jugend anzuhören und sie aktiv in politische Prozesse einzubinden. Ich danke der Frau Bundesministerin, dass sie diese Themen so ernst nimmt und uns da wirklich einen großen Schritt nach vorne bringt. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.19

Präsident Ingo Appé: Vielen Dank.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses.