14.53

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Stögmüller und die Kollegin von den Grünen verwahren sich zuerst dagegen, dass sie irgendwo mit dem Schwarzen Block in Verbindung gebracht werden. Ich kenne Sie nicht, Frau Kollegin, Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie mit dem Schwarzen Block irgendetwas zu tun haben. Ich unterstelle Ihnen das auch nicht. (Bundesrat Stögmüller: Nie im Leben! Aber Sie zu den Identitären!)

Sie unterstellen mir jetzt irgendeine Nähe zu den Identitären, wissen aber ganz genau, dass das vollkommen haltlos ist. Ich bin auch nicht Kassier von irgendeinem Verein, das habe ich auch schon richtiggestellt. (Bundesrat Stögmüller: Kassier! Sie müssen unterschreiben!) – Jetzt kommen wir aber schon weit weg von der Debatte! Lesen Sie einmal die Richtigstellungen in den „Oberösterreichischen Nachrichten“, die diese ganze Identitären-Debatte als das entlarvt haben, was sie eigentlich ist: auf Sand gebaut und in Wahrheit eine reine Fake-News-Aktion, die von den „Oberösterreichi­schen Nachrichten“ losgetreten wurde. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Kommen wir jetzt zur Mindestsicherung Neu, zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz. Frau Kollegin Dziedzic, Sie haben einige verfassungsrechtliche Argumente genannt, zum Beispiel, dass der Verfassungsgerichtshof die niederösterreichische Regelung in Teilbereichen, was den 1 500-Euro-Deckel betrifft, aufgehoben habe und dass sich daraus ergibt, dass die Kinderstaffelung ebenso eine unsachliche Schlechterstellung sein sollte.

Damit verkennen Sie aber, worauf der VfGH in mehrfachen Entscheidungen auch immer wieder hingewiesen hat, zum Beispiel im Burgenland-Erkenntnis, im Ober­österreich-Erkenntnis von zuletzt Ende 2018 oder auch schon im Vorarlberger Erkenntnis vom 12.12.2017. Ich zitiere hier wörtlich: Die degressive Staffelung der Mindestsicherungsbeträge bei minderjährigen Personen, „für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, korrespondiert mit der Erhöhung der Familienbeihilfe bei entsprechender Anzahl der Kinder“. Das ist der sogenannte Mehrkindzuschlag bei Mehrkindfamilien aus der Familienbeihilfe. Ich zitiere weiter: „Damit knüpft der“ Norm­geber „in sachlicher Weise am Bedarf der jeweiligen Personen an und berück­sichtigt die Familienbeihilfe“. Das heißt, genau solche degressiven Staffelungen, wie es dieser Entwurf vorsieht, sind bereits als verfassungskonform befunden worden. So viel zu diesem Argument.

Der zweite Punkt: Sie haben gesagt, die Kosten für Sprachkurse werden auf die Länder abgewälzt. Bitte, die gesamte Sozialhilfe ist, was die Finanzierungsfrage betrifft, Ländermaterie, das war immer schon so. Wir haben Beispiele aus der Ersten Republik, aus der Monarchie, wo schon immer verschiedene Hilfe-zur-Selbsthilfe-Regelungen getroffen wurden. Sie auf der linken Seite kommen immer nur auf die Idee, man gibt den Leuten einen Sack Geld in die Hand, und das war die Sozialhilfe. Genau das wollen wir nicht. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Wir setzen auf Sachleistungen, wir setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe. Eine dieser Maßnahmen ist zum Beispiel die Sprach­kursbereitstellung, natürlich durch die Länder finanziert, damit die Leute in der Lage sind, durch die Integration, durch entsprechende Deutschkenntnisse am Arbeitsmarkt teilzunehmen und aus der Sozialhilfe schnell herauszukommen und eben nicht jahrelang alimentiert zu werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Novak: Ein Gestandener!)

Frau Hahn, Sie haben gesagt, das dritte Kind ist nur 1,50 Euro am Tag wert. Dieses Argument ist mehrfach gekommen, es ist sachlich falsch. Falsch, falsch! Es steht auch im Gesetz so drinnen, lesen Sie bitte § 5 Abs. 3: Alle Beträge, die den minderjährigen Personen im Haushalt zur Verfügung stehen sollen, sind auf alle diese minderjährigen Personen rechnerisch gleichermaßen aufzuteilen. (Bundesrätin Schumann: Das Gesetz ist schlecht!) Das heißt, Sie werden niemals erleben, dass ein Kind nur 44 Euro erhält. (Bundesrätin Hahn: Das macht die Summe nicht besser!) Das wird es niemals geben. Zusätzlich verschweigen Sie auch immer wieder und immer wieder, dass die Familienbeihilfe in einer Weise noch obendrauf dazukommt, die der Verfassungs­gerichtshof bekanntlich als zulässig befunden hat.

Sie haben gesagt, Kinder können in der Schule nicht mehr partizipieren, sie können nicht mehr an Skikursen teilnehmen oder sich einen Taschenrechner kaufen bezie­hungsweise dass das oft so als Problem empfunden wird. Da kann ich nur sagen, ja, das ist wahrscheinlich ein Problem, aber derartige Leistungen werden durch dieses Gesetz gar nicht, nicht einmal ansatzweise, eingeschränkt. (Bundesrätin Schumann: Was? – Das schaue ich mir an!) Es handelt sich nämlich um schulbezogene Leis­tungen, Sonderleistungen, die nichts mit dem Lebensunterhalt oder dem Wohnbedarf zu tun haben. Da kann ich Sie also beruhigen – auch weiterhin wird es Zuschläge für Schulskikurse geben können. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Frau Kahofer, Sie haben gesagt, Sachspenden von Privatpersonen sollen in Abzug gebracht werden, zum Beispiel ein gebrauchter Kühlschrank, der irgendwo privat einer bedürftigen Familie geschenkt wird. Das ist falsch! (Zwischenruf der Bundesrätin Kahofer.) Schauen Sie sich nur § 7 Abs. 4 Satz 2 an. Klarstellung: Private Spenden werden nicht angerechnet. (Bundesrätin Mühlwerth: Jetzt bricht aber euer Gebäude zusammen! – Bundesrätin Schumann: Schauen wir einmal, was der Verfassungs­ge­richtshof sagt!)

Wir haben dann noch das nächste Argument, das auch immer wieder kommt. (Bundes­rätin Schumann: Schauen wir, was der Verfassungsgerichtshof sagt!) – Hören Sie bitte einmal zu, dann lernen Sie noch etwas und brauchen hier nicht immer Fake News zu verbreiten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Es ist immer wieder das Argument gekommen: Es gibt keinen Spielraum für die Länder. Doch, es gibt genau diesen Spielraum! Das ist dann immer genau das, was halt wieder als fehlende Verein­heitlichung beanstandet wird. Was wollen Sie jetzt? Wollen Sie jetzt eine maximale Vereinheitlichung oder wollen Sie einen maximalen Spielraum? Beides geht sich irgendwie nicht ganz aus. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Frau Schumann, Sie haben zum Beispiel gesagt, warum der Alleinerzieherbonus nur eine Kann-Bestim­mung ist und dass der Handlungsspielraum der Länder eingeschränkt wird. Das haben Sie sogar in einem Satz hintereinander gesagt. (Bundesrätin Schumann: Nein, ich weiß, was ich gesagt habe!) Es ist doch wohl klar, dass durch diese vielen Kann-Bestimmungen im Gesetz der Handlungsspielraum der Länder geradezu erweitert und gestärkt wird. (Bundesrätin Hahn: Wettbewerb nach unten!)

Herr Dr. Leitner, zum Verbot, den Menschen zusätzliche Leistungen zukommen zu lassen: Das ist falsch – § 6 Härtefallregelung. Lesen Sie das genau durch, Sie werden feststellen, Sachleistungen können bei tatsächlich nachgewiesenem Bedarf auch weiterhin in unbegrenzter Höhe erbracht werden. Damit ist auch sichergestellt, dass keiner jemals in Österreich verhungern wird. (Bundesrätin Grimling: Aha!)

Sie haben auch gesagt, dass die Pensionisten verlieren. Nein, falsch! Im Gesetz ist klargestellt, dass altersbedingter Sonderbedarf auch weiterhin abgedeckt werden kann, und zwar nicht nur dann, wenn jemand einen Pensionsanspruch hat. Überdies brauchen Sie auch alle Personen, die das Pensionsantrittsalter erreicht haben, nicht zu verunsichern, weil auch im Gesetz klargestellt ist, dass diese von der verpflichtenden Arbeitsbereitschaft natürlich ausgenommen sind.

Sie haben auch noch gesagt, es gäbe keine einzige Passage im Gesetz, die einen arbeitsmarktpolitischen Anreiz schaffen würde. Ja bitte, haben Sie § 5 Abs. 9 und den Wiedereinsteigerfreibetrag, § 7 Abs. 6 des Gesetzesbeschlusses gelesen? Das sind nur zwei Beispiele für ganz klare arbeitsmarktpolitische Zielsetzungen und Anreize. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Zum letzten Argument, das mir auch noch sehr gut gefällt – ich weiß nicht mehr genau, wer es gesagt hat –: Ja warum ist denn kein Hinweis auf Bekämpfung der Armut und keine Existenzsicherung im Grundsatzgesetz verankert? (Bundesrätin Hahn: Weil ihr euer wahres Gesicht zeigt!) Schauen Sie doch bitte das Vorarlberger Mindest­siche­rungsgesetz an. Da gibt es überhaupt keine Ziele, da heißt es nur lapidar: „Min­destsicherung ist die staatliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens“. Na bitte, verhungert jetzt in Vorarlberg irgendjemand, weil dort die Existenzsicherung als Zielbestimmung nicht im Grundsatzgesetz verankert ist? Es muss doch wohl darauf ankommen, was die Leute wirklich bekommen.

Bleiben wir bei einer Einzelperson: Eine Einzelperson erhält als Grundleistung bis zu 880 Euro netto pro Person. Netto! Wir reden immer von Nettobeträgen; das ist das, was ein Arbeitnehmer erst ganz zum Schluss, nach Abzug aller Beiträge für Kranken­versicherung, Steuern und so weiter, erhält. Das ist dann der Nettobetrag, ja. (Zwi­schen­rufe bei der SPÖ.)

Das sind schon einmal bis zu 880 Euro als Grundbetrag, zusätzlich kommen Gebüh­ren­befreiungen, Heizkostenzuschüsse dazu, es kommt eine Krankenversicherung dazu. (Bundesrat Novak: Oberlehrermäßig ...!) Es kommen Sachleistungen in Form der Wohnkostenpauschale dazu. Es gibt dann auch noch den Wiedereinsteiger­freibetrag und es gibt natürlich auch die Möglichkeit, zusätzliche Sachleistungen in Form der Härtefallklausel zu gewähren. Bei all diesen Zusatzbeträgen und natürlich der Familienbeihilfe bei Familien: Sagen Sie mir bitte, hüpfen Sie mir das bitte vor, wie man mit so einem Betrag in Österreich in die Armut fallen kann? Danke schön, meine Damen und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.01