15.39

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Werter Herr Präsident! Herr Justiz­minister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Regierung legt ihr erstes Anti-Gold-Plating-Gesetz vor. Ein weiteres Paket soll angeblich bis Herbst 2019 folgen.

Worum geht es dabei überhaupt? – Österreich hat in vielen Lebensbereichen bessere Schutzbestimmungen, bessere Regeln als die Europäische Union, und wir können und sollten darauf eigentlich auch sehr stolz sein. Das sind oft harte Errungenschaften, zum Beispiel beim Konsumentenschutz, bei Lebensmittelbestimmungen, bei Umweltstan­dards, wie zum Beispiel auch bei der Wasserqualität. Ich gratuliere Präsidenten Ingo Appé zu dieser sehr beeindruckenden Enquete am gestrigen Tag. (Beifall bei der SPÖ.) Es war dies wieder eines der vielen Lichtmomente des Bundesrates (Bundesrat Steiner: Die habt ihr fast niedergestimmt, die Enquete!), wo sich unsere Kammer wieder einmal als die Zukunftskammer in Österreich erwiesen hat. Ich gratuliere dazu.

Es sind dies natürlich auch Errungenschaften im Arbeitnehmerschutzbereich, und ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Was soll daran negativ sein, wenn wir in Österreich die Mindeststandards überspringen und besser als viele andere sind?

Die SPÖ sagt ein ganz klares Ja zum Abbau von Bürokratie. Wir sind klar gegen eine unnötige Überbürokratisierung. (Bundesrat Steiner: Seit wann?!) Es war immer wieder die Rede von der Torte, die nicht in den Kindergarten mitgebracht werden kann, und all diesen Dingen. Da haben wir zumindest einen Punkt, in dem wir einer Meinung sind: Solcher Unfug gehört abgeschafft, da sind wir auch sofort dabei.

Wir diskutierten am Dienstag im Justizausschuss miteinander. Es wurden für das Anti-Gold-Plating-Gesetz an die 800 Vorschläge eingebracht, wo überall die Richtlinien teils gesenkt werden sollten. Wenig überraschend dabei ist, von wem die meisten Vorschläge, nämlich an die 500, gekommen sind. Die meisten Vorschläge, Standards zu reduzieren, kommen von der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer – zur Überraschung aller! Stellungnahmen von der Arbeiterkammer und vom ÖGB wurden eher liegengelassen – zu aller Überraschung!

Ja, auch mit diesem Gesetz werden nationale Kontrollvorschriften leider rückgebaut, zum Beispiel beim Investmentfondsgesetz, beim Immobilien-Investmentfondsgesetz, wo Aufsichtsräte zum Teil nicht mehr bewilligen, sondern nur mehr bloß informiert werden. Es folgen ja noch weitere – angeblich 160 – Gesetze, die ebenfalls bereinigt werden sollen. Dazu wollen wir ganz klar eine gründliche Begutachtung und eine genaue Abwägung bei jedem einzelnen Gesetz haben, Herr Minister.

Klar ist, Konzerne sind dahinter, Standards zu senken. Diese Standards und diese Besserstellungen wurden aber auch nicht willkürlich gewählt, sondern sie haben ihre klare Berechtigung. Wir nehmen es nicht in Kauf, dass Konsumentenschutz und Arbeitnehmerrechte ausgehöhlt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Rösch: Warum ist der Konsumentenschutz dann pleite durch die SPÖ?!)

Wir werden ganz genau darauf achten, was uns bei diesen kommenden 160 Gesetzen vorgelegt wird, denn für uns kommt ein Abbau von Schutzbestimmungen unter dem Mäntelchen des Abbaus von Bürokratie zum Beispiel im Lebensmittelbereich, bei der Wasserqualität oder im Konsumentenschutz natürlich nicht infrage. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber das sind ja Unterstellungen ... bis zum Gehtnichtmehr! – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Kein Vorteil ohne Nachteil, kein Nachteil ohne Vorteil: Das waren auch die Worte am Dienstag im Justizausschuss. Höhere Standards helfen, nützen dem einen, aber schaden unter Umständen anderen (Zwischenruf des Bundesrates Steiner) – zum Bei­spiel der Profitgier, Herr Kollege. Für uns ist es wichtig, die Rechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie den Konsumentenschutz dabei in den Vordergrund zu stellen. (Bundesrat Steiner: Das glaubt euch kein Mensch!) Wir sagen ein klares Nein zum Demolieren von Schutzbestimmungen, wir sagen ein klares Nein zum Rückbau sinnvoller Kontrollbestimmungen. (Bundesrätin Mühlwerth: Hat dir die Corinna die Rede geschrieben?! Weil das hört sich alles gleich an!) Eine Zustimmung zu einem Konzernwunschkonzert wird es von der SPÖ nie geben (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), und aus diesem Grund lehnen wir dieses heutige Gesetz auch ab. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.45

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Doris Berger-Grabner. Ich erteile es ihr.