17.53

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Werter Herr Präsident! Liebe Kolle­gin­nen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Die Vorgänge rund um die Identitären in Österreich, insbesondere deren Naheverhältnis zu einer Regierungspartei, haben es in die Medien Europas, nein, sogar weltweit geschafft.

Für das Ansehen der Republik Österreich ist das natürlich ein sehr harter Schlag ins Gesicht. Es ist nämlich beschämend, dass eine Regierungspartei, die noch dazu den Vizekanzler stellt, es nicht schafft, sich ganz klar von rechtsextremistischen Bewegun­gen abzugrenzen. Es geht sogar so weit, dass der Vizekanzler persönlich in der Zwi­schenzeit rechtsextremes Vokabular, Wortgut wie „großer Austausch“ und „Bevölke­rungs­austausch“ übernimmt, wodurch natürlich jede Form der sowieso unglaub­würdi­gen Distanzierung zusammenbricht. Der Bundeskanzler kann noch so viele „rote Linien“ ziehen, um diese Tage später immer wieder weiter zu verrücken.

Das hilft allesamt nichts. Das Ansehen der Republik Österreich hat bereits Schaden erlitten, der Schaden ist bereits angerichtet und entstanden. Verantwortlich dafür sind die Spitzen dieser jetzigen Bundesregierung.

Diese Situation, meine sehr verehrten Damen und Herren, verlangt daher nach viel mehr. Sie verlangt nach einer ganz klaren Abgrenzung durch alle demokratischen Par­teien Österreichs. Natürlich dürfen Personen, die diesem rechtsextremen, gewalt­bereiten Gedankengut nahestehen, keine öffentlichen Ämter in Österreich ausüben. Dafür trägt jedes Mitglied dieser Bundesregierung, jeder einzelne Minister, seine per­sönliche Verantwortung.

Kürzlich wurde bekannt, dass der Verteidigungsminister Mario Kunasek diese Sperr­vermerke im österreichischen Bundesheer gegenüber solchen Personen aufgehoben hat. Das besondere Naheverhältnis seiner steirischen freiheitlichen Landesgruppe zu rechtsextremen Gruppen habe ich bei der vorangegangenen Bundesratssitzung darge­legt. Da gibt es den Grazer Vizebürgermeister, da gibt es den dritten Landtags­prä­si­denten der Steiermark und so weiter. Vom Sperrvermerk im österreichischen Bun­desheer waren einige Hundert Heeresmitglieder betroffen. Das sollte uns allen zu denken geben, eigentlich sollten für uns da die Alarmglocken läuten. In diesem Fall hat der Bundeskanzler reagiert: Er hat mit Mario Kunasek gesprochen und dieser hat diese Sperrvermerke wieder in Kraft setzen müssen.

Jetzt frage ich mich, meine Damen und Herren: Warum ist so ein Schritt im österreichi­schen Bundesheer gesetzt worden, und warum soll dies nicht auch für den gesamten öffentlichen Dienst gelten? Warum haben Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, im Verfassungsausschuss am Dienstag gegen diese Vorlage gestimmt? Gibt es gar gewisse Personen, die hier geschützt werden? Gibt es Personen in den Kabinetten von Regierungsmitgliedern, die durch Ihr Abstimmungsverhalten davor geschützt werden, ihren Job zu verlieren?

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes hat die Charakteristik der Identitären Bewegung Österreich ganz klar dargelegt (Bundesrat Steiner: Ganz objektiv!): „Bei der IBÖ handelt es sich um eine rechtsextreme Jugendorganisation mit vielfältigen faschistischen Anklängen in Theorie, Ästhetik, Rhetorik und Stil. Durch Aktionismus mit begleitender Pressearbeit nach dem Vorbild von NGOs und intensive, vergleichsweise professionelle Bespielung sozialer Medien wird eine große Breiten­wirkung angestrebt (und, gemessen an rechtsextremen Gruppenbildungen der 2000er-Jahre wie der Nationalen Volkspartei oder dem Bund freier Jugend, auch erreicht).“

Jetzt frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Möchten Sie wirklich Menschen mit solch gefährlicher Ideologie verantwortungstragend im öffentlichen Dienst sehen? Möchten Sie wirklich solche Menschen mit derart demokratiegefährdendem Gedanken­gut an den Schalthebeln dieser Republik sehen?

Keiner behauptet, dass ihr alle rechtsextrem seid, und ich stelle wieder ganz klar und deutlich für mich und die Sozialdemokratie fest: Ob links- oder rechtsextrem, beides gilt es zu verurteilen und zu bekämpfen (Bundesrätin Mühlwerth: Dann müssen sie auch drinstehen!), aber man muss sich glaubwürdig und klar davon abgrenzen.

Für eine liberale, demokratische und rechtsstaatliche Republik muss es doch voll­kommen klar sein, dass Rechtsextremismus und Innehabung eines öffentlichen Amtes sich klar ausschließen. Das geht doch überhaupt nicht! (Bundesrätin Mühlwerth: Und der Linksextremismus, weil der ist wirklich gewalttätig!)

Warum ist es für Sie nicht klar, meine Damen und Herren? Hier werden viele Frage­zeichen stehen bleiben, aber irgendwann will die Öffentlichkeit wissen, wen Sie vorges­tern im Verfassungsausschuss konkret schützen wollten; und Sie können sich darauf auch verlassen, wir werden Ihnen das dann vorhalten. Dieses unverschämte Vorgehen werden wir nicht vergessen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Stögmüller.)

18.00

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Robert Seeber. Ich erteile dieses.