18.06

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Leider kein Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt gleichfalls versuchen, sehr sachlich darauf einzugehen. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Bitte, ja!)

Ich werde zunächst versuchen, die Thematik und die Situation ein bisschen zu beleuchten. Ich habe dazu einen Zeitungsartikel der „Presse“ herausgesucht, in dem es heißt: „Identitäre auch bei der Polizei“. Ein BVT-Mitarbeiter bestätigt laut diesem Artikel gegenüber der „Presse“, dass sie beim Verfassungsschutz von manchen Poli­zisten wissen, die Gegenstand von Ermittlungen sind. Das heißt, das BVT weiß von Menschen bei der Polizei, die in direktem Zusammenhang mit den Identitären stehen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich kann es heraussuchen: „Die Presse“, von Anna Thalhammer, am 6. oder 7. April wird das gewesen sein, „Identitäre auch bei der Polizei“. Du kannst dann gerne den Zeitungsartikel von mir haben.

Die Identitären sind eine Bewegung; sie sind kein Verein, bei dem man ein Vereins­register hat oder sonst irgendetwas, sondern das ist eine Bewegung. Wir wissen von ungefähr 550, 538 Menschen, die an die Identitäre Bewegung Österreich gespendet haben, Geld eingezahlt haben, bewusst die Aktion gesetzt haben, sie mit Geld zu unterstützen. Ich komme noch darauf zu sprechen. Ich lese dir gerne ein paar Namen von Personen vor, die in diesem Sinn in direktem Zusammenhang mit ihnen stehen, und zwar hochrangige Persönlichkeiten – nicht irgendwelche Personen, die auch ein bisschen etwas mit den Identitären haben und ohnedies schon am rechtsextremen Rand stehen. Es geht da um Persönlichkeiten, von denen man es eigentlich nicht unbedingt gleich vermuten würde.

Wir wollen keine Rechtsextreme in der Polizei und im öffentlichen Dienst haben. Das muss unter uns allen klar sein. Im „Presse“-Artikel steht weiters: „Dass der Polizei­apparat nach rechts tendiert, zeigen Personalvertretungswahlen, bei denen die Frak­tion der Freiheitlichen Gewerkschaft Zulauf verzeichnet. Dass sich da auch rechts­extreme Ränder herauskristallisieren, haben schon vorhergehende ÖVP-Innenminister erkannt und einen Aktionsplan Rechtsextremismus gestartet, um das eigene Personal für das Thema zu sensibilisieren.“

Das ist nichts Neues. Es ist bekannt, dass es gerade in der Polizei immer wieder eine Tendenz zu Fällen gibt, die drohen, ins Rechtsextreme hinüberzurutschen. In Deutsch­land gab es ein Identitären-Pickerl in einem Bus der Polizei. Das ist ebenfalls passiert.

Und was sind die Identitären? – Jedenfalls nicht, wie Heinz-Christian Strache damals meinte, irgendwie friedliche, nicht-linke zivilgesellschaftliche Initiativen. Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine Vereinigung mit hohem Kriminalitäts- und Gefährdungspotenzial. Das sagen nicht nur die Grünen oder sonst irgendwer, sondern das sagt schon jahrelang auch der Bundesverfassungsschutz. Von dem werden sie entsprechend als modernisierter Rechtsextremismus kategorisiert. Das ist es und nichts anderes!

Die will ich nicht in der Polizei. Das muss uns allen ein Anliegen sein. Da frage ich zunächst einmal Sie von der ÖVP: Wollen Sie das? – Ich hoffe, Sie beantworten diese Frage auch mit Nein.

Und jetzt schauen wir uns das einmal an: 550 Mitglieder haben die Identitären, also Leute, die Geld gespendet haben. Es geht da also nicht um Leute, die da nur einmal auf die Seite geklickt haben, Likes vergeben haben oder vielleicht einmal bei Demos dabei waren, denn das wären noch viel, viel mehr. Reden wir einmal nur von denen, die bei den Identitären ganz aktiv eine Aktion gestartet haben. 68 Mitglieder sind polizeilich vorgemerkt, 32 sind bereits rechtskräftig verurteilt. 16 Verurteilungen gab es nach Gewaltdelikten. Neunmal kam es wegen einer Körperverletzung zu rechts­kräftigen Schuldsprüchen, einmal wegen Raufhandel. Zwei Identitäre wurden wegen Beleidigung verurteilt, einer wegen Diebstahl beziehungsweise Verstoß gegen das Waffengesetz, einer wegen politisch motivierter Sachbeschädigung und Vergewalti­gung, viermal kam es zu weiteren Schuldsprüchen.

Das alles sind by the way Schuldsprüche, nicht irgendwelche Anzeigen, alles rechts­kräftige Verurteilungen! Das hat im Ausschuss nicht so geklungen. Dort ist der BVT-Vizechef gesessen und hat gesagt: Ja, wir wissen, da gibt es ein paar Anzeigen. – Es sind zig Anzeigen: vier wegen Missbrauch von Suchtmitteln, immerhin auch sechs Verurteilungen wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz. 77 Identitäre besitzen eine Waffe, gegen zehn besteht ein behördliches Waffenverbot. Die Einnahmen – ich denke, da brauche ich nichts mehr dazu zu sagen – betragen über 700 000 Euro.

Vielleicht haben Sie in den Zeitungen auch Aussagen von Sellner gelesen, zum Bei­spiel: Der Krieg kann nur gewonnen werden, wenn er bereits begonnen hat. – Das ist also die Ideologie dahinter. Da geht es auch noch um Rechtsextremismus, da geht es um den Völkeraustausch, um Apartheidpolitik. Das ist die Ideologie dahinter.

Von den 550 Mitgliedern sind nach und nach ein paar Namen durchgesickert. Wer ist da also dabei? – Es gibt da natürlich keinerlei Verbindung zur FPÖ. Widmen wir uns einmal den Einzelfällen: Brigitte Kashofer, Amstetten, Stadträtin, ist Spenderin. (Zwi­schen­ruf bei der FPÖ.) FPÖ-Stadträtin. Die kennst du nicht? – Schwach. Vielleicht können sich manche noch daran erinnern: Das war die FPÖ-Stadträtin, die die Aus­sage getätigt hat, dass Frauenhäuser Ehen zerstören. Es ist die FPÖlerin, die diese Aussage getätigt hat. Sie ist Spenderin an die Identitäre Bewegung Österreich und noch immer im Amt.

Die „Salzburger Nachrichten“ haben wenig überraschend Ulrich Püschel als Spender genannt. Ulrich Püschel ist unter anderem Büroleiter des Linzer FPÖ-Chefs Markus Hein. Du wirst ihn sicherlich kennen. Er ist 2018 auch in den Aufsichtsrat der Linz AG gehievt worden und hält nach wie vor noch einen 30-Prozent-Anteil von „Info-direkt“, dem Veranstalter des Kongresses der „Verteidiger Europas“. – Dort stand unser jetziger Herr Innenminister bei seiner Rede vor den Identitären, die er vielleicht ein bisschen begrüßt, aber jedenfalls nicht erkannt hat, die ihm nicht aufgefallen sind. – Nach wie vor ist er im  Verband freiheitlicher Akademiker Oberösterreich, dem wie­derum 20,195 Prozent der Anteile der „Aula“-Nachfolge, der „Freilich Medien GmbH“ gehören.

Damit kommen wir zur „Freilich Medien GmbH“: Heinrich Sickl, steirischer FAV-Ob­mann und freiheitlicher Geschäftsführer, ein Medieninhaber mit super Querver­bindun­gen zu den Identitären.

Geoutet hat sich auch Reinhard Rebhandl, stellvertretender FPÖ-Bezirksparteiobmann im Tennengau. Die Kollegin wird Herrn Kollegen Rebhandl sicherlich kennen, denn er war immerhin auch Kandidat für den Salzburger Landtag und Ersatzmitglied für den Bundesrat, nämlich FPÖ-Ersatzbundesrat der Kollegin, glaube ich. Er ist ebenfalls Spender an die Identitäre Bewegung Österreich.

Das sind die zufälligen Einzelverbindungen in die FPÖ. Angesichts all dieser Einzel­verbindungen – sorry for that – müssen wir uns langsam schon einmal fragen, ob ihr da ewig darüber hinwegschauen könnt. Das sind rechtsextreme Leute. Rebhandl steht sogar bei einer Kundgebung der Identitären – da gibt es Tausende Fotos –, begrüßt die Identitären, redet dort und geht mit denen auch noch bei Demonstrationen mit. (Bundesrat Seeber: Es geht um den Sperrvermerk!) Das sind ja keine Leute, die wir irgendwie erfinden, sondern die spenden bewusst Geld an eine rechtsextreme Bewe­gung. Das ist das Problem dahinter. (Bundesrätin Mühlwerth: Zum Antrag reden, Herr Kollege!)

Ich kann Ihnen garantieren: Da werden noch zig Namen auftauchen, da werden noch einige bekannte und große Namen von Personen auftauchen, die an die Identitäre Bewegung gespendet haben, mit Sellner in Kontakt stehen, und das ist das Problem.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass Sie heute nicht dabei mitgehen, dass es einen klaren Schlussstrich bei der Polizei und im öffentlichen Dienst für die Identi­täre Bewegung gibt, das ist schon ein bisschen sinnbildlich. Ich verstehe deine Argu­mentation schon, aber trotzdem ist für mich nicht erklärbar, warum ihr nicht endlich einmal einen Schlussstrich zieht. Beim Bundesheer geht es, beim öffentlichen Dienst nicht – das ist für mich nicht so ganz schlüssig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe ÖVP! Reden des Bundesparteiob­man­nes, in denen er sich distanziert, kann ich mir schon vorstellen. Seine Partei steckt jedoch mittendrin in der Identitären Bewegung, und das ist das Riesenproblem in Öster­reich. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

18.16

Präsident Ingo Appé: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger. Ich erteile dieses.