12.51

Bundesrat Jürgen Schabhüttl (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Dr. Ratz! Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Ein Vorredner hat vorhin gesagt: „Ruhe und Besonnenheit“. – Ich habe es ein bisschen anders aufgefasst. Herr Dr. Ratz, ich hatte bis heute auch beim Lesen Ihrer Biografie kein Problem mit Ihrer Unabhängigkeit, aber – wie gesagt – eben nur bis heute. Ich glaube, als ehemaliger Präsident des Obersten Gerichtshofes hätten Sie die Aufgabe, die Ihnen heute gestellt wurde, unabhängiger und viel sachlicher lösen können. Ich kann, glaube ich, seitens unserer Fraktion sagen, dass auch bei Ihnen die Parteipolitik doch ein wenig mitgeschwungen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben vom Vorredner schon einiges über diesen Bericht gehört, den wir im Ausschuss auch einhellig zur Kenntnis genommen haben. Das lässt mir die Zeit, ein wenig auf den bisherigen Sitzungsverlauf einzugehen. Beginnen möchte ich mit Kollegin Mühlwerth – sie ist jetzt leider nicht da –, die sich am Anfang ihrer Rede für die zwei Ibizaboys, Herrn Strache und Herrn Gudenus, entschuldigt hat beziehungsweise deren Verhalten für nicht entschuldbar erklärt hat. Sie hat dies mit einiger Sachlichkeit gesagt, was mich auch dazu veranlasst hat, mit Applaus zu antworten, was ich normalerweise bei Reden von Kollegin Mühlwerth eher selten mache. Umso schlimmer ist es dann, wenn dies im Nachhinein – und da hat es mir schon wieder leidgetan, ihr für diese Offenheit applaudiert zu haben – wieder relativiert und entschuldigt wird.

Ich finde das sehr, sehr traurig, nicht nur angesichts dessen, dass Herr Strache und Herr Gudenus als hohe Repräsentanten der österreichischen Politik so in Misskredit geraten sind, sondern auch deshalb, weil wir alle damit in Misskredit geraten sind, jeder einzelne Politiker und jede einzelne Politikerin.

Die Aussage: Wir haben jetzt nichts mehr mit Herrn Gudenus – bei dem stimmt es wahrscheinlich –, aber auch mit Herrn Strache zu tun!, würde auch meinem Ansinnen entsprechen; aber wenn wir überlegen: Herr Gudenus ist freiwillig aus der Frei­heitlichen Partei ausgetreten, Herr Strache nicht. Bei allen anderen ähnlichen Verfeh­lungen wurde derjenige hinausgeworfen oder zumindest – so haben es die Freiheit­lichen bisher immer gesagt – wurde die Parteimitgliedschaft ruhend gestellt. Davon habe ich nun bis jetzt noch nichts gehört. Jetzt steht noch die Möglichkeit für Herrn Strache, ins Europäische Parlament zu kommen, im Raum, auch diesbezüglich hört man: Er wird das Richtige machen! – Ich denke schon, dass es einer klaren Sprache seitens der Freiheitlichen Partei bedarf.

Ich habe mir zu den Reden von Herrn Kollegen Spanring – der ist auch nicht da – und von Herrn Krusche – der ist da – aufgeschrieben, dass sie ein wenig die Rechts­staatlichkeit vermissen lassen (Ruf bei der FPÖ: Zur Sache!), aber wirklich. Egal ob es ein Verwaltungsstrafverfahren, ein gerichtliches Verfahren, ein Asylverfahren ist, es gibt da Instanzenzüge – und das nenne ich Rechtsstaatlichkeit. Da kann man keinem Staatsbürger, keinem Asylwerber et cetera vorwerfen, dass er diese Rechtsinstanzen ausnützt beziehungsweise in Anspruch nimmt.

Auch Kollege Steiner ist jetzt nicht hier. Ich glaube, Kollege Steiner ist ein sehr emotio­naler Mensch. (Bundesrat Krusche: Na, kommen wir jetzt zur Sache! – Ruf bei der FPÖ: Um was geht es jetzt überhaupt?! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Herr Kollege, bitte zur Tagesordnung übergehen!

Bundesrat Jürgen Schabhüttl (fortsetzend): Ich habe Kollegen Steiner – sehr unkul­tiviert! – schon öfter zuhören müssen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wenn er aber von der zweiten Reihe aus Fäkalausdrücke rausrülpst, hat das mit der Würde des Hauses überhaupt nichts mehr zu tun. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Rösch: Komm einmal zum Punkt! Um was geht’s denn?!) – Ich komme schon zum Punkt. Ich habe ja 10 Minuten Zeit, um zu reden. (Bundesrat Rösch: Dass ihr immer ein bissl länger braucht, das wissen wir, aber 10 Minuten, bis er zum Punkt kommt, ist ein bissl fad!)

Ich möchte Herrn Bundesrat Sperl zu der Geschichte mit den 1,50-Euro-Jobs sagen: Wenn jemand arbeitet, dann sind 1,50 Euro zu wenig, egal wer es ist. (Bundesrat Rösch: Das stimmt ja auch nicht! Immer diese Halbwahrheiten!) – Jetzt horchen Sie mir zu! Sie müssen mich fertig sprechen lassen! (Bundesrat Rösch: Ja, ihr tut immer so, als müsste der von 1,50 Euro leben! – Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrat Rösch und Bundesrätin Hahn.– Ich bin bei Ihnen, dass wir die 1,50 Euro nicht nach unten revidieren, und ich bin bei Ihnen und unterstütze Sie dabei, dass Rekruten und Zivildiener mehr bekommen müssen. Dafür haben Sie meine Unterstützung, aber keiner sollte in unserem Land für Arbeit 1,50 Euro in der Stunde bekommen. (Bun­desrat Rösch: Das stimmt einfach nicht! – Ruf bei der FPÖ: Zur Sache!) – Ich spreche zur Sache. Jeder hat hier die Möglichkeit, zur Sache zu sprechen.

Wir haben ja schon vorhin gehört, dass es einige Punkte in diesem Bericht gibt, wie die gemeinsame Umsetzung der Visapolitik mit den USA, die Vorbereitung eines ungeordneten Brexits, Visainformationen, die Stärkung der Finanzmittel. Es gibt viele Punkte, mit denen wir uns auseinandergesetzt haben und denen wir hundertprozentig zustimmen können. Es gibt ein paar Punkte in diesem Bericht, die nicht unsere hundertprozentige Zustimmung finden, aber der Bericht ist wie vorhin gesagt schon im Ausschuss von uns zur Kenntnis genommen worden.

Da mir noch Redezeit bleibt, werde ich diese auch nützen (Bundesrat Rösch: Keine Drohungen!) und noch auf ein paar Dinge eingehen, da sie mit dem Innenministerium, mit dem Herrn Innenminister zu tun haben. Ich frage mich dauernd: Warum wollte die ÖVP unbedingt dieses Innenministerium zurück und hat dafür einiges in Kauf genommen? – Es gibt zwei Varianten: Kurz hat es bewusst gemacht, hat die Latte für die FPÖ so hoch gelegt, um diese Regierung zu sprengen; das ist ihm auch gelungen. Oder: Die ÖVP hatte Angst, dass etwas aus diesem Innenministerium an die Öffentlichkeit kommt, das uns alle erschüttern wird. Es gibt also diese zwei Varianten, die Auswahl überlasse ich Ihnen.

Auf alle Fälle kann ich jetzt allen ganz klar sagen: Wir – und ich sage bewusst: wir – Polizisten haben einen Eid auf die Republik abgelegt. Lassen Sie die Polizei unab­hängig ermitteln! An die ÖVP und an die FPÖ gerichtet sage ich: Hände weg – egal von welcher Seite – von der Einflussnahme auf unsere unabhängigen Polizistinnen und Polizisten! Sie haben das nicht verdient, weil sie gut arbeiten, und auch die Bevöl­kerung hat das nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Rösch: Es gibt kein einziges Beispiel, das das unterstützt!)

Herr Kurz hat seine Machtinteressen über die Staatsinteressen gestellt. Er hat sein Interesse über das der fleißigen und anständigen Bürger in diesem Land gestellt. Deshalb haben ihm die gewählten Volksvertreter im Nationalrat das Vertrauen ent­zogen, und das ist wirkliche Demokratie. (Bundesrat Rösch: Was ist das Prinzip? Man kann ja auch über den Silberstein reden!)

Es gibt keine Staatskrise, es gibt auch keine Regierungskrise. Wir haben ganz offen­sichtlich eine Kurz-Krise und eine ÖVP-Macht- und -Machtrauschkrise, und das brauchen wir nicht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Das haben wir jetzt auch nicht gebraucht!)

13.00

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Bundesrat Gerd Krusche zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.

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