15.16

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine werten Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuhörer und Zuseher! Meine Vorrednerin hat schon einiges vorweggenommen. Ich habe mir auch diesen Bericht, die 900 Seiten, angesehen, aber nur zum Teil, nicht alles, muss ich sagen. Ich möchte zunächst einmal gratulieren, vor allem den MitarbeiterInnen, die dieses Werk geschaffen haben. Der Bericht ist sehr umfangreich und ein tolles Nachschlagewerk für die Bildungspolitik – dafür einen herzlichen Dank.

In diesem Bericht sind drei zentrale bildungspolitische Themen drinnen – das hat auch schon die Kollegin gesagt –: Umgang mit den unterschiedlichen Potenzialen, die Kosten im Bildungsbereich und die Verteilung der Schülerströme. Nun ist es aber wichtig, mit diesen erhobenen Fakten auch zu arbeiten und eine moderne Bil­dungs­politik für unsere SchülerInnen umzusetzen.

Wie die Bildungskarrieren der jungen Menschen in Österreich aussehen, ist immer noch sehr vom Bildungshintergrund der Eltern abhängig. Für alle SchülerInnen ist daher der Ausbau der ganztägigen Schulen – das ist eine Forderung von uns –, die Einführung neuer Lehr- und Lernformen, die Forderung nach bestausgebildeten Päda­gogInnen und der unterstützende Einsatz von digitalen Lernhilfen ein Gebot der Stunde.

Ich habe mir diese Schülerströme angesehen, die im Bericht sehr gut aufbereitet sind. Es gibt nach wie vor einen ungebrochenen Trend, nach der Volksschule in die gym­nasiale Unterstufe zu wechseln, wobei Wien im Jahr 2016/17 mit 55 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 38 Prozent liegt. Generell wird im städtischen Bereich das Gymnasium bevorzugt, wobei in der Sekundarstufe II durch die berufs­bildenden höheren Schulen, BHS, regionale Unterschiede bei der Schulauswahl etwas ausgeglichen werden. Zwei Drittel der BHS-SchülerInnen haben zuvor eine Haupt- oder Neue Mittelschule besucht.

Hat ein Volksschulkind einen Migrationshintergrund, tritt die Bedeutung des Wohnortes bei der Schulauswahl in den Hintergrund. Während zum Beispiel in Wien 73 Prozent der deutschsprachigen VolksschulabgängerInnen in eine AHS-Stufe wechseln, sind es bei den Kindern mit nichtdeutscher Alltagssprache nur 14 Prozent. Herkunftsbedingte Ungerechtigkeiten prägen diesen gesamten Bildungsverlauf, so folgern die Verfas­serInnen dieses Berichts.

Basis für einen erfolgreichen inklusiven Unterricht ist eine gute Beziehung zwischen den Lehrkräften und Lernenden beziehungsweise zwischen den SchülerInnen. Die Selbstständigkeit der SchülerInnen sollte genauso gefordert und gefördert werden wie die Zusammenarbeit beim Lernen.

Hinsichtlich der Lehrmethoden reichen die Empfehlungen von Strategien für selbst­ge­steuertes und kooperatives Lernen über Lernprojekte bis hin zu differenzierten Auf­gabenstellungen für die unterschiedlichen Niveaus in einer Klasse. Für die Unterrichts­organisation wünschen sich die AutorInnen des Berichts mehr Handlungsspielraum der Schulstandorte im Rahmen der Schulautonomie. Geht es nach der Einschätzung der BildungsexpertInnen, sollten die schwierigsten Klassen die erfahrensten Lehrpersonen erhalten. Ein Gebot der Stunde ist die Unterstützung durch SozialarbeiterInnen und SchulpsychologInnen. In Österreich gibt es diesbezüglich zu wenig Fachpersonal. Andere Länder sind uns da einige Schritte voraus.

Vergleicht man die Angebote der Bundesländer hinsichtlich der schulischen Nachmit­tagsbetreuung, zeigt sich leider ein großer Mangel in Niederösterreich – dem Bundes­land, aus dem ich komme –, in Tirol und in Vorarlberg. Hoch ist das Ausmaß hingegen im Burgenland und in Wien.

Mängel gibt es laut Bericht auch bei der Ausstattung der Schulen mit Informations- und Kommunikationstechnologie. Die Vermittlung digitaler Kompetenzen im schulischen Bildungsangebot ist aber ein Gebot der Stunde und ein ganz wichtiges Thema. Des­halb ist es wichtig, dass diese adäquate Ausstattung zur Verfügung gestellt wird. Diese Ausstattungsbereitstellung stellt aber für kleinere Gemeinden als Pflichtschulerhalter sowohl finanziell als auch ausschreibungstechnisch einen großen Aufwand dar.

Ich habe mir noch den EU-Vergleich angesehen. In Österreich gibt man überdurch­schnittlich viel Geld für die Bildung aus – gut so. An allgemeinbildenden Schulformen liegen die durchschnittlichen staatlichen Ausgaben pro Schüler bei 10 000 Euro jähr­lich. Das ist der Stand 2015/2016. Die Volksschulen sind aufgrund der geringen Wochenstundenzahl und der vergleichsweise niedrigen Gehälter der Lehrkräfte mit rund 8 100 Euro am günstigsten. In der Sekundarstufe I beanspruchen die Neuen Mittelschulen mit 12 400 Euro das meiste Geld. Vergleichsweise gering sind die Aus­gaben bei den AHS-Unterstufen, die bei 8 250 Euro liegen. Die AHS befinden sich mehrheitlich in Ballungszentren, was zu tendenziell größeren Schulklassen und gerin­geren Durchschnittskosten führt.

Sehr geehrter Herr Minister, ich hätte noch einen Appell anzubringen – besonders aus niederösterreichischer Sicht –, und zwar hätte ich gerne, dass es bundesweit gleiche und hochwertige schulische Ganztagsbetreuung gibt. Vor allem wäre es auch wichtig, dass unsere PädagogInnen mit Fachpersonal aus dem Bereich der Schulpsychologie und der Sozialarbeit unterstützt werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.22

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser zu Wort. Ich erteile es ihr.