15.29

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für dieses wunderschöne zweibändige Kompendium, das Sie als wirklich wissenschaftliche Arbeit ganz toll erstellt haben.

Ich möchte mich aber auch beim Archiv des Parlaments bedanken, das mir den Bericht in Buchform zur Verfügung gestellt hat. Bei allem Respekt für das Onlinelesen: Mir ist mein Augenlicht zu wichtig. Als Vielleser brauche ich mein Augenlicht, daher lese ich sicherlich nicht mehr als 10 Seiten online. Den Rest habe ich gerne gedruckt, weil ich dann auch Kommentare und Notizen für mich selber machen kann. Das soll in späterer Folge auch ein Plädoyer für die doch auch etwas kritischere Betrachtung der Digitalität des 21. Jahrhunderts sein, der in der Schule immer das Wort geredet wird. Das sehe ich eher skeptisch. 

Ich möchte mich auf die Schule als Ort der Wissensvermittlung und weniger der Erzie­hungsvermittlung konzentrieren, weil Wissen das ist, was die Schüler heute bekommen wollen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, das wird auch nachgefragt, sofern natürlich die familiäre Basis stimmt und kein pädagogischer Nachhilfeunterricht in der Schule gegeben werden muss. Das sehe ich nämlich nicht als Aufgabe der Schule.

Der Fachkräftemangel, mit dem wir von der Wirtschaft – ich komme aus der Wirt­schaft – zu tun haben, beginnt aber mit dem Lehrermangel. Ich kann mich noch selber erinnern, wie vor 20 Jahren viele Freunde von mir diesen Beruf ergreifen wollten – mit einer unglaublichen achtjährigen Wartezeit, um eine Lehrerstelle zu bekommen. Heute gibt es zum Beispiel diese gemeinnützige Organisation Teach For Austria, die Quer­einsteiger sucht, damit diese freigewordenen Stellen endlich nachbesetzt werden. Es werden aber auch schon Studenten, die noch keinen master degree erworben haben, nach dem Bachelorexamen Stellen in den Hauptfächern angeboten, weil es offen­sichtlich auch dort Besetzungsprobleme gibt.

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist einfach ein Produkt von 20 – für mich leider Gottes schon 40 – Jahren sozialistischer Bildungspolitik in Österreich. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Das ist das Ergebnis, mit dem wir uns leider auseinan­der­setzen müssen. Deswegen sage ich Ihnen ganz ehrlich (Ruf bei der SPÖ: Die Gehrer ...!), bei all dem, was hier in der Regierung passiert ist: Ich wünsche, dass die Sozialisten in Österreich nicht mehr so schnell an die Macht kommen. (Beifall bei der FPÖ und des Bundesrates Seeber. – Rufe bei der SPÖ: Gehrer! Busek!)

Wenn die Industrie, die Wirtschaft die Mint-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwis­senschaft und Technik nachfragt, können ja nicht einmal die Ausbildungsstellen be­setzt werden, abgesehen davon, dass es leider viel zu wenig ausgebildete Mint-Schüler gibt. 5 Millionen bezahlter Überstunden müssen jedes Jahr aufgewendet werden. Der Lehrermangel betrifft wie gesagt in erster Linie die Hauptfächer und inter­essanterweise sogar Englisch. Das, ehrlich gesagt, verstehe ich nicht ganz, weil man sicher im Zuge dieses Brexits einige englische Native Speaker nach Österreich wird abwerben können. Vielleicht hängt es aber auch mit dem Gehalt zusammen. Es ist doch mehr Netto vom Brutto gefordert. Ich hoffe, dass diese angedachte Steuer­reform, die eine Reduktion der Lohnsteuer bewirkt hätte, noch kommt, um diesen Lehrerberuf wieder attraktiver zu gestalten. Ich glaube, das ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass weniger in diesen Lehrerberuf einsteigen, weil die Nettogehälter zu gering sind.

Auch von den administrativen Tätigkeiten sollte man die Lehrer und Lehrerinnen befreien, damit sie sich wirklich – das, finde ich, ist das Wichtige – auf die Vermittlung der Inhalte konzentrieren können. Schüler und Schülerinnen wollen auch gefordert werden. Sie wollen nicht unbedingt Freizeit, sie denken nicht immer in Urlaubs­dimen­sionen. Sie wollen auch kontinuierlich lernen und freuen sich, wenn sie ein Erfolgs­erlebnis im Sinne von Prüfungsergebnissen, im Sinne von Weitervermittlung ihrer eigenen erzielten Lerninhalte bekommen können. Es geht auch um die Glückseligkeit. Das schreibt die amerikanische Verfassung von 1776 so schön. Es geht um Pursuit of Happiness, es geht um die Glücklichkeit. Junge Menschen wollen glücklich sein. Meiner Meinung nach ist das – das weiß ich aus eigener Erfahrung von meiner Familie – die Vermittlung und das Können von Wissen.

Der zweite Punkt ist die Kulturtechnik. Gibt es diese Transformation der Kulturtechnik? Wir wissen, es ist das Zeitalter der Digitalität. Die Analogie ist passé – so wird es zumindest vermittelt. Findet die Digitalität wirklich statt und ist sie wirklich zwingend notwendig – das Onlinearbeiten nur am PC, die Hypertextualität anstatt der Linearität? Vom Augenlicht habe ich schon gesprochen. Das Abschweifen vom Thema im digitalen Nachschauen: Wer konzentriert sich wirklich im Internet, sodass er das erhält, was er auch sucht? Es geht auch um die Schnelligkeit.

Wenn ich heute diese Digital Natives beobachte, diese Generation ab etwa 2000, die auf der Universität sitzt, wenn man das empirisch beobachtet: Von zehn Studierenden schreiben neun mit der Hand mit und einer am PC. Offensichtlich ist das Erfassen mittels Handschrift besser, um das Gelehrte zu behalten und zu erlernen, um es kognitiv besser zu erfassen. Offensichtlich sind das Schreiben, das Lesen, das persönliche Notieren und Kommentieren der eigenen Mitschrift ein bedeutendes Ele­ment, bei dem der Computer nicht mithalten kann. Es geht da auch um die Schnellig­keit. (Ruf bei der SPÖ: Digitalität findet statt!) Für mich ist die Schnelligkeit wichtig im Leben, denn ich komme aus der Wirtschaft. Wer schnell ist, gewinnt, und das ist sicherlich nicht immer die Digitalität.

Ganz zum Schluss möchte ich noch auf Aristoteles verweisen, den ganz großen Philosophen aus dem Goldenen Zeitalter der Antike. Das Trivium war für ihn das Wichtige. Was muss ein Schüler können? – Er muss formal richtig die Grammatik beherrschen; das ist bei uns natürlich das Deutsche. Er muss die Dialektik beherr­schen, was bei Ihnen, den Sozialisten, überhaupt nicht passt. Es muss inhaltlich schlüssig sein. Wenn ich an den Karfreitag denke (Bundesrätin Schumann: Die Kant’sche Dialektik!), dann steigen alle Grausbirnen bei mir auf, sage ich Ihnen ganz ehrlich (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP – Zwischenrufe bei der SPÖ) – so viele Fehler in einem öffentlichen Antrag! Man muss lesen können, man muss die Rhetorik beherrschen, und es muss verständlich und nachvollziehbar sein, schnell und kompetenzorientiert. Die Symbiose von Analogem und Digitalem, diese berühmte Mitte, das, glaube ich, ist die Zukunft.

Da die Industrie auch oft von den Mint-Fächern redet, darf ich das ein bisschen relativieren. (Ruf bei der SPÖ: Zum Thema!) Als Schüler offen zu sein für alle späteren Berufsmöglichkeiten, dafür ist, glaube ich, wenn ich das aus dieser Perspektive erwähnen darf, eine gute Allgemeinbildung der beste Zugang. (Bundesrätin Grimling: Zack, zack, zack!) Voraussetzung dafür sind perfektes Lesen und Schreiben, Mathe­matik, eine gängige Fremdsprache zu beherrschen und das Lernen zu lernen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

15.36

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster hat sich Herr Bundes­minister Dr. Faßmann zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.