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Präsident Ingo Appé: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundes­kanzlerin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und zu Hause via Livestream! Liebe Bundesratskolleginnen und Bundesratskolle­gen! In wenigen Tagen gibt Kärnten den Vorsitz im Bundesrat und in der Landeshaupt­leutekonferenz an Niederösterreich weiter. Seit 1. Jänner darf ich das Amt des Bundes­ratspräsidenten ausüben und Österreich, aber auch mein Bundesland Kärnten dabei repräsentieren. Es war mir eine besondere Ehre und Freude, dieses Amt innezuhaben.

Als zweite Kammer vertreten wir die Interessen der jeweiligen Bundesländer und neh­men daher in der Gesetzgebung eine wichtige Rolle ein. Jedoch führt der Bundesrat oft ein Schattendasein neben dem Nationalrat und wurde deshalb in der Vergangenheit auch oft infrage gestellt. In der öffentlichen Wahrnehmung erhielt er nicht immer die Wertschätzung, die er eigentlich verdient.

Entgegen allen Kritiken ist der Bundesrat ein wichtiges Instrument. Die doppelte Bera­tung in beiden Kammern durch verschiedene Personen trägt zudem zu nicht übereil­ten, wohl überlegten und damit zu konsensfähigen Beschlüssen bei. Eine gut funktio­nierende Demokratie benötigt ein Zweikammersystem, wie es in vielen Staaten der Welt unter Beweis gestellt wird.

In meiner Antrittsrede habe ich darauf hingewiesen, dass ich versuchen werde, im Rahmen meiner Präsidentschaft die Wichtigkeit hervorzuheben und die öffentliche Wahrnehmung der zweiten Kammer zu stärken. Dass der Bundesrat gleich bei meiner ersten Sitzung Geschichte schreibt, war mir in diesem Moment noch nicht bewusst. Durch das absolute Veto wurde damals zum ersten Mal in der Geschichte Österreichs ein Gesetzentwurf abgelehnt. Es war – wir alle erinnern uns – eine turbulente Sitzung.

Liebe Bundesratskolleginnen und ‑kollegen! Auch in Zukunft werden wir im Bundesrat harte und emotionale Debatten führen. Das gehört ebenso zur Demokratie wie die Suche nach dem Konsens. So notwendig die Diskussion in der Sache ist, so wichtig ist es aber, dass wir uns wechselseitig Respekt für die Ehrenhaftigkeit unseres Handelns erweisen.

Das Land Kärnten führt seinen Vorsitz im Bundesrat und in der Landeshauptleutekon­ferenz unter dem Motto „Gemeinsam für Österreich – Miteinander für Europa“. Gesprä­che müssen auf Augenhöhe geführt werden, nur dann können wir gemeinsam zum Woh­le unseres Landes tätig werden.

Der Bundesrat ist die Brücke zwischen dem Bund und den Ländern. Er ist die Schnitt­stelle zwischen der Europäischen Union und den Bürgerinnen und Bürgern in Öster­reich. Der Bundesrat ist aber noch viel mehr: Neben Länderkammer und Europakam­mer ist er auch die Zukunftskammer. Wir im Bundesrat schaffen es, nachhaltig Themen zu setzen, die in der hektischen Alltagspolitik keinen Platz finden. So setzen Präsiden­tinnen und Präsidenten der zweiten Kammer Schwerpunktthemen, die überparteilich behandelt werden, bevor diese Themen überhaupt in der Regierung oder auf EU-Ebe­ne behandelt werden.

Meine Damen und Herren! Auch ich habe ein Thema gewählt, welches mir persönlich sehr wichtig ist. Der Schutz und die Sicherung des Trinkwassers ist ein Thema, das jetzt aktueller ist denn je. Am Anfang wurde ich belächelt. Die Gefahr der Privatisierung des Trinkwassers sei in Österreich noch nicht gegeben, hieß es. Das sogenannte Ibi­zavideo hat das Gegenteil bewiesen.

Sauberes Trinkwasser ist für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung. Wasserverunreinigung und Wasserknappheit können er­hebliche soziale und wirtschaftliche Kosten, aber auch zukünftige Konflikte verursa­chen. Der Klimawandel ist deutlich spürbar und wirkt sich weltweit immer stärker auf die Trinkwasservorkommen aus. Bereits 2010 beschlossen die Vereinten Nationen, dass das Recht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser ein Menschenrecht sei. Trotz­dem ist Wasser nicht als Grundrecht einklagbar. Slowenien hat erkannt, dass seine Trinkwasservorkommen eventuell zu Handelsware werden könnten, deshalb wurde von Slowenien das Recht auf Trinkwasser in Verfassungsrang gehoben und somit aus­drücklich deklariert, dass Trinkwasser keine Ware ist – ein nachahmenswertes Bei­spiel, welches ich in Österreich auch umsetzen möchte.

Erfreulicherweise wurde im Zuge der letzten Landeshauptleutekonferenz der einstim­mige Beschluss gefasst, dass sich alle Länder zum Schutz des Trinkwassers beken­nen. Diesbezüglich haben Kärnten und Salzburg bereits erste Schritte eingeleitet. Im Mai gab es zum Thema „Trinkwasser schützen und sichern“ eine bemerkenswerte En­quete, bei der Expertinnen und Experten Wege, aber auch neue Probleme der Versor­gungssicherheit aufzeigten. Trinkwasser nach dem Vorbild Sloweniens in Verfassungs­rang zu heben, ist eine gute Entscheidung. Ich freue mich sehr, dass alle Fraktionen im Nationalrat mein Vorhaben unterstützen, wodurch jegliche Privatisierungsbestrebungen in Österreich zukünftig verhindert werden könnten.

Einmal mehr hat der Bundesrat gezeigt, dass er Themenschwerpunkte setzt, bevor sie auf Regierungsebene behandelt werden. Einen vorläufigen Entwurf der Ergebnisse aus der parlamentarischen Enquete des Bundesrates konnte ich Ihnen, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, diese Woche bereits überreichen. Der Bericht über die Enquete – ge­meinsam mit den sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen – wird nach Fertigstel­lung allen Mandataren und Teilnehmern der Enquete übermittelt.

Im Rahmen meiner halbjährigen Präsidentschaft konnte ich zahlreiche Gespräche im In-, aber auch im Ausland zum Thema Trinkwasserschutz führen. Bei jedem Gespräch taten sich neue Handlungsfelder auf, und Sie können versichert sein, dass ich diesem Thema auch nach meiner Präsidentschaft treu bleiben werde.

Es ist üblich, vor Eingang in die Tagesordnung einen kurzen Überblick über die Tätig­keiten des scheidenden Präsidenten im vergangenen halben Jahr zu geben. Ich möch­te mit den Konferenzen beginnen.

Ende Jänner durfte ich Österreich bei der Landtagspräsidentenkonferenz in Brüssel vertreten. Dort wurde einerseits die Brüsseler Erklärung verabschiedet, und anderer­seits konnte ich mich persönlich mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker über den Schutz und die Sicherung des Trinkwassers unterhalten.

Gemeinsam mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka durfte ich zum Abschluss des österreichischen EU-Ratsvorsitzes rund 50 europäische Parlamentspräsidenten und ‑präsidentinnen aus 37 Ländern in Wien begrüßen.

Bei der Konferenz der PräsidentInnen der deutschen und österreichischen Landespar­lamente, des Südtiroler Landtages sowie des Deutschen Bundestages durfte ich den österreichischen Bundesrat in Würzburg vertreten. Dort wurde eine stärkere Einbin­dung der Landesparlamente bei EU-Entscheidungsprozessen gefordert.

Erst letzte Woche konnte ich bei der Konferenz der europäischen Senate in Paris im Zuge meiner Rede neben der notwendigen Stärkung des Subsidiaritätsprinzips auch die zukünftige Herausforderung Schutz des Wassers in den Fokus der Tagung rücken.

Bei den bilateralen Gesprächen mit Botschafterinnen und Botschaftern sowie Präsiden­ten der zweiten Kammern aus europäischen, aber auch aus anderen Staaten hat sich mir die Möglichkeit geboten, die gute Arbeit des Bundesrates zu präsentieren.

Auch Auslandsreisen konnten wir absolvieren. Bereits im Jänner besuchte ich Slowe­nien und informierte mich bei den Präsidenten beider Kammern über die gesetzliche Verankerung des Trinkwasserschutzes.

In Triest traf ich auf den österreichischen Generalkonsul in Italien.

Im Juni durfte ich eine hochrangige Delegationsreise nach China leiten. Bei dieser Rundreise hatte ich die Gelegenheit, zahlreiche hochrangige Politiker der chinesischen Führungsebene zu treffen, und konnte viele interessante Gespräche führen. Auch da war mein Schwerpunkt Schutz und Sicherung des Trinkwassers ein zentrales Thema.

Nächste Woche – zum Abschluss – findet noch eine gemeinsame Reise des Bundes­ratspräsidiums nach Kasachstan und Kirgisistan statt.

Ich habe auch viel Wert darauf gelegt, dass der Bundesrat in die Bundesländer kommt, denn der Bundesrat als Länderkammer gehört in die Länder. So konnte ich den Tiroler Landtag sowie den Burgenländischen Landtag besuchen. In Oberösterreich wurde ich als Gastredner zum Wassersymposium und in Wien zu einer Diskussion zum Thema Trinkwasser eingeladen.

Insbesondere habe ich versucht, den Bundesrat nach Kärnten zu bringen. Dazu habe ich alle Bezirkshauptmannschaften besucht, um einerseits über die Arbeit im Bundes­rat zu berichten und mich andererseits über arbeitsintensive Herausforderungen der Bezirkshauptmannschaften zu informieren. Besuche der Polizeidirektion Kärnten, des Kärntner Militärkommandos, des Landesstudios des ORF und von Zeitungsredaktionen waren sehr informativ. Besonders gefreut hat mich aber der Besuch des Kinderrechte­ausschusses unseres Bundesrates in Kärnten. Das Treffen zwischen den Mitgliedern des Ausschusses und des Kärntner Landtages war sehr produktiv und informativ für alle.

Auf gemeinsame Einladung des Bundesratspräsidenten und des Urban Forums fand Mitte Mai eine Veranstaltung im Klagenfurter Rathaus statt. „Alpe-Adria-Pannonia – eine Zukunftsregion der EU“ lautete der Titel dieser Veranstaltung. Neben einem Licht­bildvortrag von Hans Peter Graner diskutierten der Präsident der zweiten Kammer Slo­weniens, die slowenische Botschafterin, der Direktor des Balassi Instituts in Ungarn, der Kärntner Landtagspräsident Reinhart Rohr und die Kärntner Landtagsabgeordnete und ehemalige Bundesrätin Ana Blatnik über die Chancen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa.

Auch Veranstaltungen des Bundesrates standen auf dem Programm. „Konstruktive Politik“ hieß die veröffentlichte Präsentation der Arena-Analyse 2019 von Kovar & Part­ners. Die Studie präsentierte zwei Trends, zum einen eben die konstruktive Politik, zum anderen die Partizipation. Der Bundesrat lieferte bereits in den letzten Jahren Best-Practice-Beispiele dazu. So haben Präsidenten des Bundesrates, wie zum Beispiel Gottfried Kneifel, Mario Lindner, Edgar Mayer, Reinhard Todt oder auch meine ge­schätzte Vorgängerin Inge Posch-Gruska, Grünbücher zu Fragen der Digitalisierung, Hasskriminalität, Demokratie und Jugendhilfe in Auftrag gegeben, die unter anderem online, in World Cafés, in Symposien, aber auch in parlamentarischen Enqueten disku­tiert wurden.

Mit der Auftaktveranstaltung Trinkwasser und Klimawandel wollte ich für das Thema Trinkwasserschutz sensibilisieren. Der Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Dr. Michael Staudinger und der Präsident des ÖVGW Dipl.-Ing. Franz Dinhobl zeigten in ihren Impulsreferaten anschaulich die zukünftigen Herausforderun­gen in der Trinkwasserversorgung auf. Ausführlich berichteten sie dann im Rahmen der Enquete, was zu tun ist, um die Versorgung auch künftig aufrechterhalten zu kön­nen.

Am Montag dieser Woche fand die Buchpräsentation „Machtmensch. Spielregeln für den Weg an die Spitze“ des Kärntner Autors Heinz Ortner im Palais Epstein statt – ein Thema, welches nicht aktueller sein könnte. Ich danke Bundeskanzler außer Dienst Franz Vranitzky und Heinz Ortner noch einmal für diese interessante Buchpräsenta­tion. Der Autor zeigt auf, dass Macht und Menschen zusammengehören, und vermittelt Spielregeln, wie Erfolg an der Spitze gelingen kann.

Die Menschen haben das Vertrauen in die Politik verloren. Liebe Kolleginnen und Kol­legen, es ist unsere Aufgabe, dass die Menschen das Vertrauen in die Politik wieder­gewinnen. Dazu ist es wichtig, ihnen zuzuhören, Erkenntnisse zu gewinnen und daraus abgeleitet die politischen Entscheidungen für die Bevölkerung zu treffen.

Jetzt ist es aber Zeit, Danke zu sagen. An erster Stelle danken möchte ich dem Natio­nalratspräsidenten und den beiden Nationalratspräsidentinnen für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.

Auch dem Bundesratspräsidium und den Fraktionssprechern danke ich für die kolle­giale Zusammenarbeit im Gremium.

Mein ganz besonderer Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlaments­direktion mit Parlamentsdirektor Dr. Harald Dossi an der Spitze sowie natürlich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesratskanzlei und des Parlamentsdienstes. (Allgemeiner Beifall.) Hier danke ich stellvertretend für die großartige Unterstützung und gute Zusammenarbeit Frau Direktorin Dr. Susi Bachmann. (Allgemeiner Beifall.) Danken möchte ich auch der Vizedirektorin Dr. Alice Alsch-Harant, die viele interna­tionale Treffen vorbereitet und mich dabei begleitet hat. – Vielen Dank dafür. (Allgemei­ner Beifall.)

Persönlich bedanken möchte ich mich bei meinem Chauffeur, Bodyguard Renat Kojic für seine ständige und sichere Begleitung im letzten halben Jahr. (Allgemeiner Beifall.)

Ein großes Danke auch meinen Sekretärinnen – es waren ja einige –, insbesondere Paula Jenner, die mich in den letzten Monaten begleitet hat. – Dafür auch recht herzli­chen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

Ein ebenso großes Dankeschön Claudia Peska im Klub und meiner parlamentarischen Mitarbeiterin Mag. Tanja Lederer-Wenzel, die ich für das halbe Jahr aus Kärnten mit­gebracht habe und die das ganze halbe Jahr ganz tolle Arbeit geleistet hat. – Danke, Tanja! (Allgemeiner Beifall.)

Meinem Nachfolger Karl Bader aus Niederösterreich wünsche ich für die Bewältigung der sicher nicht leichten Aufgabe in den nächsten Wochen und Monaten eine gute Hand, alles Gute und viel Erfolg. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundes­rat! Es war mir eine große Ehre, als Präsident des österreichischen Bundesrates unser Österreich offiziell zu repräsentieren und mitgestalten zu dürfen. Ich bedanke mich bei Ihnen allen für die gute Zusammenarbeit, für alle Diskussionen und für die guten Ent­scheidungen, die wir zugunsten Österreichs erreicht haben. Danke schön. (Allgemei­ner, bei der SPÖ anhaltender Beifall.)

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