12.13

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, Zuseherinnen und Zuseher! Zuerst etwas sehr Erfreuliches: Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Karl, wir beglückwünschen dich sehr herzlich zu deinem neuen Amt und wünschen dir alles Gute. Du kannst dir sicher sein, dass deine Fraktion voll hinter dir steht und dass wir alles dafür tun, eine sehr gute Zusammenarbeit und eine sehr gute Präsidentschaft in diesem halben Jahr zu haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Nun kommt das weniger Erfreuliche, nämlich dieses Parteienfinanzierungsgesetz. (Ruf bei der FPÖ: Für die ÖVP!) Für uns ist dieses Parteienfinanzierungsgesetz intrans­parent und nicht verfassungskonform. Es ist aus unserer Sicht nur zu kritisieren. Das ist eine schludrige Legistik, was auch der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger ortet – er hat das mehrmals in Presseartikeln bekundet –, und da kann ich ihm nur recht geben. Das Gesetz sieht nämlich keine Einschaumöglichkeit für den Rech­nungshof vor, die Kontrollmöglichkeiten wurden nicht verbessert. Herr Sickinger schreibt es heute auch sehr pointiert in einem Artikel in der „Presse“: „Der RH ist ihnen einfach lästig“. – Da kann ich dem Parteienfinanzierungsexperten Hubert Sickinger nur recht geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Rechnungshof ist Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und FPÖ, einfach nur lästig. Der Rechnungshof fragt nach, er ist investigativ, was eben ein Wirt­schaftsprüfer sicher nicht macht – ich weiß schon, da kommt dann noch das Gegen­argument mit den Wirtschaftsprüfern. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Es gibt auch keine strafrechtlichen Bestimmungen, damit Funktionäre, wenn diese beim Sam­meln von Parteispenden das Gesetz umgehen, auch belangt werden können, und das war eigentlich der Auslöser für dieses Gesetz nach dem Ibizavideo. Wir wollten ja unbedingt, dass da auch etwas in dieses Gesetz hineinkommt. Zusammengefasst: Dieses Gesetz bringt mehr Bürokratie statt Transparenz.

Es bleibt auch die Möglichkeit der Umgehung durch Vereinsstrukturen. Das heißt, Vereine, die einer Partei nahestehen, aber offiziell von ihr getrennt sind, bleiben auch mit dem neuen Gesetz weitgehend unkontrolliert. Wir haben das ja schon 2012 im Parteiengesetz beschlossen, um mehr Transparenz zu bekommen, und daraufhin hat die SPÖ zum Beispiel ihre größte Vorfeldorganisation, den Pensionistenverband, einfach ausgegliedert und eine neue Organisation daraus gemacht, nämlich die Arge 60Plus. So konnte die SPÖ weiterhin über ihre rund 26 Vorfeldorganisationen Spenden lukrieren. Das geht mit diesem neuen Gesetz nun auch. Ich frage mich, liebe Kolle­ginnen und Kollegen: Wo bleibt da die Transparenz?

Eine Anmerkung am Rande, denn ich bin ja auch Seniorenbundfunktionärin: Bei uns im Seniorenbund kann man wählen, ob man Parteimitglied ist oder nicht, was meines Wissens beim Pensionistenverband nicht geht. (Ruf bei der SPÖ: Unwahrheit! – Bundesrätin Grimling: Erkundigen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Meines Wissens ist es auch so, dass der Pensionistenverband Delegierte zu den SPÖ-Parteitagen entsendet. (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl.) Wo bleibt da also die Unabhängigkeit? Wo bleibt, dass diese Vorfeldorganisationen nichts mit der Partei zu tun haben?

Das Entstehen neuer Parteien wird erschwert oder gar verhindert. – Ist das Ihr Demo­kratieverständnis, liebe Kolleginnen und Kollegen von FPÖ und SPÖ? Es wurde wirk­lich verabsäumt, echte Vorschläge für mehr Transparenz und Kontrolle zu präsen­tieren.

Wie gesagt wurde mit diesem vorliegenden Gesetzentwurf kein einziges Problem, das durch das Ibizavideo deutlich geworden ist, gelöst. (Bundesrat Schabhüttl: Aber die Spendenliste!) Das aber war ja unsere gemeinsame Intention. Wir wollten doch gemeinsam eine Neuordnung der Parteienfinanzierung zustande bringen (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), dann kam dieser Husch-pfusch-Antrag. Das verstehen wir nicht, und darum können wir diesem vorliegenden Gesetzentwurf natürlich nicht zustimmen.

Keiner der konstruktiven Vorschläge des Rechnungshofes wurde irgendwie aufge­grif­fen oder umgesetzt. In rot-blauer Allianz mit Herrn Pilz – ich denke, es war vielleicht ein Abschiedsgeschenk an Herrn Pilz – haben Sie diesen Schnellschuss zustande ge­bracht. Es gibt da nun anscheinend keine ideologischen Grenzen. Wir haben das ja auch schon beim Misstrauensantrag gegen den erfolgreichen Bundeskanzler Sebas­tian Kurz und die gesamte Bundesregierung gesehen. Wir haben es auch beim Neu­wahlantrag gesehen, da gab es oder gibt es diese neue Koalition Rot-Blau, die sehr lebendig ist – das ist sehr auffällig, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das nennt man Demokratie! – Ruf bei der FPÖ: Sehr demokratisch, oder?)

Wir von der ÖVP haben gleich zu Beginn der Diskussion eine Reduktion der Partei­en­förderung um 25 Prozent und stärkere Kontrollen durch den Rechnungshof vorge­schlagen und auch entsprechende Anträge eingebracht. (Bundesrätin Hahn: Ja, ihr nehmt ja nur Großspenden! – Ruf bei der SPÖ: Das ist ja unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben auch den Vorschlag für den Malus eingebracht, wenn es weniger als 40 Pro­zent Frauen im Bundesrat und im Nationalrat gibt; das wäre echte Frauen­förderung gewesen – auch eine langjährige Forderung von uns und von den ÖVP-Frauen. Nun ist es aber anders gekommen, denn es gibt nun einen Bonus, wenn 40 Prozent erreicht werden. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Meiner Meinung nach ist das eine Lex FPÖ. Da haben Sie sich wieder über den Tisch ziehen lassen, liebe Kolleginnen von der SPÖ! (Bundesrat Samt: Wen haben wir über den Tisch gezogen?) Das ist keine echte Frauenförderung, und darum können wir da auch nicht mitgehen; das habe ich auch schon im Verfassungsausschuss gesagt.

Was unserer Meinung nach noch ganz besonders wichtig ist: Es erfolgte keine Begut­achtung. Sie haben uns doch in den letzten Monaten immer vorgeworfen (Ruf bei der SPÖ: Die Lehren von den Türkisen!), liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, wir begutachten nichts, wir machen Schnellschüsse – und nun geben Sie sich dafür her, eine Husch-pfusch-Aktion zu machen, dieses Gesetz nun mit der FPÖ und der Liste JETZT durchzuziehen und heute im Bundesrat mit der FPÖ?! – Das verstehen wir nicht. Bei uns war es schlecht, bei Ihnen ist es nun gut. – Wo bleibt da die Logik? Das verstehen wir auch nicht. (Ruf bei der SPÖ: Mehrheit!)

Der von Ihnen nun im Nationalrat beschlossene Antrag sieht eine doppelte Obergrenze für Parteispenden vor. Künftig soll kein Spender mehr als 7 500 Euro jährlich geben und keine Partei mehr als 750 000 Euro jährlich einnehmen. Das ist aus unserer Sicht weder verfassungskonform noch nachvollziehbar. (Bundesrat Samt: Nicht weinen, Frau Kollegin! Man hätte ja die Regierung nicht auflösen müssen!) Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Antrag

der BundesrätInnen Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Einspruch gegen den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird“

Die unterzeichnenden Bundesräte stellen im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.

*****

Wir begründen das wie folgt: Diese Einschränkung in § 6 Abs. 5 des Gesetzes­be­schlusses auf eine Gesamtspendenleistung pro Spender in der Höhe von 7 500 Euro greift in die politische Betätigungsfreiheit von Spendern ein. (Bundesrat Schabhüttl: Das hast du schön gesagt, das passt! Das war korrekt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Damit wird aber neben dem Recht der Parteien auf Betätigungsfreiheit auch in die verfassungsgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit jedes einzelnen Bürgers/jeder einzelnen Bürgerin eingegriffen, selbst wenn er oder sie nicht Parteimitglied ist. Das Spenden an politische Parteien kann letztlich auch eine Form der politischen Betä­tigung und der Mitwirkung an der Vereinigung politischer Organisationen sein und damit vom Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit umfasst sein.

Wir meinen, Spender dürfen nicht in ihrer Verfügungsfreiheit über ihr Eigentum einge­schränkt werden. (Bundesrat Schabhüttl: Das glaube ich eh!) Auch hat der Verfas­sungsgerichtshof unter Verweis auf einschlägige Ausführungen in der Lehre auf das Erfordernis der Finanzierung der Parteien auch aus anderen Quellen und des Verbots der Vollfinanzierung politischer Parteien aus staatlichen Mitteln hingewiesen.

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates zielt aus unserer Sicht nunmehr auf eine generelle Beschränkung von Spendenzulässigkeit ab und stellt damit einen ein­fach­gesetzlichen Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Betätigungsfrei­heit der politischen Parteien dar.

Die starre Spendenobergrenze von 750 000 Euro pro Jahr ist auch aus dem Blick­winkel des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes zu betrachten. Es erscheint uns gleichheitswidrig, bei einer Fraktion wie der Liste JETZT Spenden bis zu 50 Pro­zent aus öffentlichen Mitteln zu ermöglichen, bei uns als der stärksten Fraktion im Nationalrat aber nur bis zu einem Anteil von maximal 7,7 Prozent. (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl. – Bundesrat Weber: Die haben noch zu wenig Geld!)

Wir meinen, bei diesem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um eine rot-blaue Scheinlösung der Parteienfinanzierung, die Sie in gewohnter trauter Harmonie ausge­handelt haben. (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Weber: Das glaubt ihr ja selbst nicht! – Bundesrat Samt: Das war jetzt wirklich zu blöd! – Ruf bei der SPÖ: Das war herrlich! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Es gibt weiterhin keine Transparenz und Kontrolle.

Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen nach wie vor eine gemeinsame Lösung. (Neuerliche Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Wenn Sie heute aufstehen und diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, dann können wir über alles verhandeln. Wir können gemeinsam einen neuen Beschluss herbeiführen. Wir sind zu allem bereit. (Zwi­schenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Es ist halt schade, dass Sie diesen gemeinsamen Weg nun verlassen haben. (Bun­desrat Samt: Wer hat welchen Weg verlassen?) Ja, es ist Wahlkampf, wir wissen das. (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Wir hoffen sehr, dass trotzdem wieder Vernunft einkehrt und dass speziell bis zum Wahltag am 29. September keine weiteren Wahlkampfgesetzentwürfe eingebracht werden – das, glaube ich, wäre im Sinne von uns allen und auch von allen Österreicherinnen und Österreichern –, und zwar auch keine mit größeren finanziellen Belastungen.

Wie gesagt: Unsere Hand ist ausgestreckt, wir können weiter verhandeln, nur diesem Gesetz können wir sicherlich nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.24

Präsident Karl Bader: Der von den BundesrätInnen Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsord­nung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 geändert wird, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, wobei dieser Antrag im Sinne des § 43 Abs. 4 der Geschäftsordnung in seinen Kernpunkten von der Antragstellerin begründet wurde, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Dr. Gerhard Leitner zu Wort gemeldet. Ich verweise darauf, dass die tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhalts zu beschränken. – Ich erteile Herrn Bundesrat Dr. Gerhard Leitner das Wort.