12.27

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident, auch von mir noch einmal einen herzlichen Glückwunsch zur Übernahme der Präsident­schaft, verbunden mit bestem Dank an den scheidenden Präsidenten Ingo Appé.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heute zur Beschlussfassung vorliegende Parteiengesetz ist eine klare Absage an käufliche Politik. Ich möchte damit voran­stel­len, worum es hier geht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Man hätte vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten, was alles möglich ist – um einen ehemaligen Präsidentschaftskandidaten zu zitieren. Was im Zusammenhang mit dem Ibizavideo als, sagen wir einmal, bsoffene Gschicht abgetan wurde (Bundesrat Stögmüller: Habt ihr nicht gelöst!), hat nämlich Eingang in die Politik gefunden: käufliche Politik (Bundesrat Stögmüller: Das ihr nicht gelöst habt!), ein System, in dem große Zuwendungen, nämlich wirklich große Zuwendungen in Millionenhöhe, an eine Partei gegangen sind (Bundesrat Stögmüller: Vereine ...!)  wirklich von bisher unge­ahntem Ausmaß – und in dem solche Zuwendungen an eine Partei auch – das hat man gesehen – mit entsprechend wohlwollender Politik belohnt wurden.

Aus der Sicht der Spender waren das nämlich keine Geschenke, sondern es waren Investitionen. Solche Menschen haben üblicherweise nichts zu verschenken, sondern sie wollen etwas für ihr Geld bekommen, und sie haben auch etwas bekommen. (Ruf bei der SPÖ: So ist es! – Bundesrat Weber: Wir zahlen dafür!) Wir waren in den letzten eineinhalb, fast zwei Jahren Zeuginnen und Zeugen davon – nicht Sie (in Richtung ÖVP), Sie waren ein bisschen mehr. (Zwischenruf des Bundesrates Weber.)

Wir haben es intensiver kommentiert und hier auch oft besprochen, was alles möglich war: eine Aufweichung der Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenrechte, der 12-Stunden-Tag, die 60-Stunden-Woche (Bundesrat Brunner: 12-Stunden-Tag? – Flexible Arbeitszeit!), die Schwächung der ArbeitnehmerInnenvertretung (Bundesrat Spanring: Zum Thema!), die Senkung der Sozialabgaben (Ruf bei der FPÖ: Themenverfehlung!), die Zerschlagung der Sozialversicherung – ArbeitnehmervertreterInnen raus, Arbeit­gebervertreterInnen rein (Zwischenruf bei der FPÖ) –, Aufsichtsratsposten in staats­nahen Betrieben und so weiter. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Da hat sich ja Unglaubliches abgespielt. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat die SPÖ noch nie ge­macht!) Die Tochter eines Großspenders wurde Aufsichtsrätin in der Öbag. Frau Kollegin, da sollten Sie nicht in Verteidigungsposition treten. (Bundesrätin Mühlwerth: Die steirische SPÖ hat sogar eine Stiftung gegründet!) Das hat eine mehr als schiefe Optik. Man sollte sich noch genauer anschauen, was da wirklich dahintersteht. Wir wissen wahrscheinlich eh nur einen Bruchteil davon, aber was wir wissen, reicht schon.

Da ist Handlungsbedarf, nämlich akuter Handlungsbedarf, gegeben, auch schon für die bevorstehende Wahl, damit so eine käufliche Politik endlich ein Ende findet. Wenn eine Partei 4,4 Millionen Euro an Spenden lukriert und davon 2 Millionen Euro von 32 Ein­zelpersonen, wenn die prominente Tiroler-Adler-Runde allein 1,1 Millionen Euro auf­stellen kann – die haben natürlich ihre speziellen Interessen –, wenn eine Partei 13 Mil­lionen Euro für einen Wahlkampf ausgibt – 6 Millionen Euro mehr als erlaubt –, dann müssen natürlich die Alarmglocken läuten.

Wenn gerade, wie das jetzt zutage getreten ist, ein Bauunternehmen, nämlich der Hauptaktionär des riesigen Bauunternehmens Porr, das ja nicht schlecht auch von öffentlichen Aufträgen lebt, in einer Art und Weise Spenden gegeben hat, dass es eben nicht gleich ersichtlich war, sondern über Teilunternehmen, gestückelt, in Teilbeträge aufgeteilt, damit es eben nicht der Meldepflicht unterliegt, damit es verschleiert werden kann, dann hat man fast den Eindruck, dass der schon bekannt gewesene Groß­sponsor, KTM-Chef Pierer, fast knausrig war und in einer verblüffenden Ehrlichkeit aufgetreten ist, indem er gleich klargemacht hat: Das war halt eine halbe Million, das war so! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Weber: Schlecht verhandelt! Da hättet ihr noch mehr herausholen können!) Das muss man fast anerkennend feststellen, dass das ja verblüffend ehrlich war im Vergleich zu dem, was jetzt so zizerlweis heraus­kommt – wie gesagt: von dem, wovon wir bis jetzt wissen; ich bin mir nicht sicher, ob wir alles wissen.

Alle diese Vorfälle zeigen aber, wie dringlich es ist, solche Großspenden zu unter­binden; nicht nur deshalb, um faire Bedingungen für alle Parteien zu gewährleisten. Es ist natürlich wettbewerbsverzerrend, wenn eine Partei im Geld schwimmt und Geld ausgeben kann (Bundesrat Preineder: Weil die anderen nichts haben!), Inserate schalten kann, sich dafür womöglich dann auch noch eine wohlwollende Bericht­erstattung erwartet, Social Media überfluten kann, und, und, und, und das ganze Land zuplakatieren kann, was den Menschen ohnehin schon mehr als auf die Nerven geht, und andere kaum in Erscheinung treten können. Das ist Wettbewerbsverzerrung.

Das ist jetzt aber nicht der alleinige Grund, sondern der Hauptgrund, warum akuter Handlungsbedarf besteht, ist die massive Einflussnahme von Großspendern auf die Politik – um das eben künftig nicht möglich zu machen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Anfang vom Ende der Demokratie, wenn so eine Wett­bewerbsungleichheit besteht und wenn eben wirklich Politik auf Bestellung gemacht werden kann. (Bundesrat Weber: Pfui!) Das darf es in Österreich nicht mehr länger geben, dagegen verwehren wir uns. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kleinspenderinnen und Kleinspender fallen nicht unter den Verdacht, eine solche Gefahrenquelle zu sein, denn diese haben gar nicht die Möglichkeit, auch nur irgendetwas im großen Stil zu beeinflussen. Wir haben deshalb uns auch darauf verständigt, dass lokalpolitisch übliche Veranstaltungen bürokratisch entlastet werden sollen, indem eben 100 Euro ohne weitere Registrierung oder Ähnliches gegeben werden können. Ansonsten wären Ihre – ich weiß nicht, was Sie halt auch in den verschiedensten Gemeinden machen – Aktionen der Frauen­bewegung oder was es da halt auch immer gibt, nicht möglich. Kommunalpolitische Veranstaltungen, wo halt eine Spendenbox aufgestellt wird, ein Grätzelfest oder was auch immer sollen entlastet werden, da soll nicht jeder Cent einzeln gemeldet werden müssen.

Wir wollen aber auch nicht, was Ihnen anscheinend vorschwebt, liebe Frau Kollegin Eder-Gitschthaler. Das verstehe ich überhaupt nicht, Sie wollen die kleinen Funk­tio­närinnen und Funktionäre dem Strafrichter ausliefern. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Es geht um Ibiza!) Ich meine, wir wollen ja nicht die kommunalpolitischen Aktivitäten unterbinden, von denen auch wirklich keine Gefahr ausgeht. Wir wollen wirklich die Großen erwischen. Es sind die Parteien, die dahinterstehen, und die sollen bezahlen, aber nicht die Kleinen Bauernopfer darbringen, damit dann die Großen erst wieder davonkommen. – Das wollen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist vielleicht Ihr System, aber das ist nicht unseres. Das sollten Sie dann auch Ihren Funktionärinnen und Funktionären erklären, die für Sie laufen.

Die Eckpunkte sind schon dargestellt worden: Es sollen die Wahlspenden pro Person beschränkt werden, nämlich auch pro juristischer Person, damit solche Schachtel­konstrukte nicht mehr möglich sind. Es soll die Jahresgrenze pro Partei auf 750 000 Euro pro Kalenderjahr limitiert werden. Es sollen vor allem keine Spenden aus dem Ausland angenommen werden dürfen. Das heißt, die Träume von den Spenden russischer Oligarchen sind endgültig ausgeträumt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen keine Einflussnahmen aus dem Ausland, auch nicht über großzügige Spenden. (Bundesrätin Mühlwerth: Haben wir ja keine! – Bundesrat Samt: Haben wir ja nicht!)

In diesem Parteiengesetz sind also viele wichtige Aspekte enthalten. Ich weiß schon, ich kann es schon nachvollziehen, dass Sie jetzt angefressen sind auf uns – auf Österreichisch gesagt –, weil wir Ihnen den Geldhahn abdrehen, aber da geht es um die Demokratie in Österreich. In diesem Sinne ersuche ich auch um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37

Präsident Karl Bader: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile es ihm.