12.37

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehbildschirmen! Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin enttäuscht – enttäuscht von diesem Gesetzentwurf zur Parteien­finan­zierung, der uns hier heute vorgelegt wird.

Man muss sich vorstellen, es kommt ein Video an die Öffentlichkeit, in dem der Vizekanzler und Parteiobmann, auch Klubobmann einer Parlamentspartei, unverblümt und ungeschminkt in einer Finca – und dann später irgendwann einmal im Fernsehen – erzählt, wie er Spenden, Parteispenden von Großindustriellen, von Oligarchen irgend­wie über irgendwelche Parteistrukturen, Vereinskonstrukte, über Vereinsspenden für die Partei sammeln und danach Politik machen möchte. Dann schreien alle Skandal. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau!) – Ja, zu Recht schreien Sie Skandal, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn so etwas geht nicht! So etwas geht nicht in diesem Staat: dass Großindustrielle, irgendwelche superreichen Oligarchen von irgendwo Geld über Strukturen und Konstrukte in Parteikassen bringen können. Das geht nicht! (Bundesrat Steiner: Das war ja eine Schauspielerin!)

Mehr hätte man eigentlich nicht gebraucht, um noch mehr Transparenz bei den Partei­geldern, bei den Parteispenden zu verlangen. Das ist in meinen Augen ein aufgelegter Elfer. Die Parteien im Parlament drüben haben es aber nicht geschafft - - (Bundesrat Steiner: „Drüben“?) – Entschuldigung, im Nationalrat. Tu nicht so gescheit! (Bundesrat Steiner: Die tagen im selben Gebäude! – Bundesrat Samt: Wir haben es verstanden!) Die Parteien haben es nicht geschafft – auch ihr nicht, aber bei euch ist ja ein anderes Interesse dahinter (Bundesrat Steiner: Was für eines?) –, endlich Transparenz in die Parteikassen zu bringen. Das ist der Punkt!

Die SPÖ packelt heute mit der FPÖ und beschließt ein Gesetz, in dem jegliche Kontrolle der Parteiengelder und der Parteispenden fehlt. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrat Weber: Das stimmt doch nicht! Das weißt du ganz genau, David!) Das ist Faktum, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bun­desrätin Ernst-Dziedzic. – Bundesrat Steiner: Schwarz-Grün in Vorbereitung! Schwarz-Grün in Vorbereitung! Oh! Vorsicht, Österreich!) – Deine Träume möchte ich haben! Es geht ganz einfach darum – da sind sich ja alle Expertinnen und Experten einig –, dass es in diesem Gesetz an Transparenz fehlt. Das Gesetz ist eine Rosinenpickerei von SPÖ und FPÖ, um ihre eigenen Schlupflöcher noch irgendwie zu verteidigen. – Das ist der Punkt: Es ist Rosinenpickerei!

Es muss uns spätestens seit dem Ibizavideo nicht wirklich verwundern, dass die FPÖ keine Transparenz möchte, aber dass die SPÖ bei diesen Dingen mitspielt, ist für uns schon etwas erschreckend. (Ruf bei der SPÖ: Geh bitte!)

Wir Grüne können bei diesem Gesetz nicht mitgehen. Für uns ist diese Gesetzes­vorlage einfach zu wenig, auch wenn es ein paar positive Ansätze gibt. Ich möchte schon auch das Positive hervorstreichen, etwa dass es endlich eine Spendenober­grenze gibt. Ja, super, das ist gut und wichtig und schon längst überfällig! (Bundesrätin Schumann: Na bitte!) – Liebe Kollegin, Sie hätten das schon seit 30 Jahren machen können, dass es eine Parteispendenobergrenze gibt, dafür möchte ich Ihnen keinen Oscar verleihen.

Für manche Parteien im Parlament wird diese Spendenobergrenze aber natürlich ziemlich hart werden, das ist logisch, aber sie ist notwendig. (Bundesrat Köck: Kein Problem! Wenn es sie gibt, gibt es sie!) Es soll uns auch nicht wirklich verwundern, dass die ÖVP und die NEOS gegen so etwas sind, weil sie dann auf die Großspenden verzichten müssen.

Man sollte auch über die Staffelung der Strafen für Wahlkampfkostenüberschreitungen und darüber, dass diese gerade in der Anfangsphase viel zu niedrig sind, diskutieren. Aber gut, es ist zumindest einmal ein Instrument, um das Ganze in die richtige Rich­tung zu bringen.

Was mich aber doch massiv stört, ist, dass noch immer durch Umgehungsstrukturen über formal unabhängige Vereine die Meldepflicht umgangen werden kann – das ist das Problem –, wie im Fall der Gewerkschaft der SPÖ oder der Pensionisten. (Bun­desrätin Schumann: Das ist aber transparent!) Ich möchte nur an die großen Wahl­kampfveranstaltungen erinnern, bei denen Bundeskanzler Kern dazumal vor Gewerk­schaftern aufgetreten ist, bei denen SPÖ-Funktionäre vorne in der ersten Reihe geses­sen sind, die ganze Parteiriege, und die dann von der Gewerkschaft oder von irgend­welchen anderen Vorfeldvereinen finanziert wurden. Das ist das Problem dahinter! Das ist nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Rosinenpickerei der Großparteien, dass man das auch weiterhin zulässt.

Es fehlt einfach an Transparenz hinsichtlich Parteiengelder: Woher kommen sie und wofür werden sie eingesetzt? Es fehlen auch die strafrechtlichen Konsequenzen, die auf einen schweren Verstoß gegen das Parteiengesetz folgen müssen. – Das muss her, Punkt, fertig, aus!

Warum ist das wichtig? – Ich erkläre Ihnen, warum strafrechtliche Relevanz notwendig ist: Ohne strafrechtliche Konsequenzen fehlt uns das Instrument, dass wirksame Um­gehungskonstruktionen von den Staatsanwaltschaften aufgedeckt werden können. Das ist unabdingbar. Schauen wir bitte einmal auf die Causa Ibiza! Warum tut sich denn die Staatsanwaltschaft so schwer? Da hätten Sie jetzt die einmalige Chance gehabt, diesen Schritt zu gehen, damit wir endlich auch strafrechtliche Konsequenzen aufneh­men, diese Punkte auch mitaufnehmen, gerade mit Blick auf den Fall Ibiza. (Bundesrat Samt: Da ist die Staatsanwaltschaft genau die richtige Instanz!)

Es müssen die Vorschläge des Rechnungshofes einfach Punkt für Punkt umfassend umgesetzt werden. Wir werden dazu heute noch einen Entschließungsantrag einbringen.

Ich möchte auch gleich dem Argument etwas entgegensetzen, das Ihre Klubobfrau (in Richtung SPÖ) im „Report“ im ORF gebracht hat: Die Präsidentin des Rechnungshofes und die Prüfer sind nicht weisungsgebunden; die Prüfer nur gegenüber der Präsi­den­tin. Eine Wirtschaftsprüfung irgendwie mit einer Rechnungshofprüfung gleichzu­set­zen – das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Das eine ist halt in anderer Tiefe, und auch die Kontrollmöglichkeit und -tätigkeit sind komplett unterschiedlich. (Bundesrätin Schumann: Jetzt redet er die Rechnungsprüfer schlecht!)

Ich möchte vonseiten der Grünen in aller Klarheit festhalten: Der Rechnungshof wurde als unabhängige Instanz geschaffen und agiert weisungsunabhängig. Ich finde die Arbeit des Rechnungshofes unglaublich wichtig, er deckt auch immer wieder Behörden­versagen auf, egal welche Partei gerade an der Macht ist. (Bundesrat Weber: Eine Partei ist keine Behörde!) Das kann ich gerade auch als Oberösterreicher sagen: Dort gibt es eine schwarz-blaue Landesregierung; wir bekommen vom Rechnungshof immer wieder Aufdeckergeschichten, immer wieder Sachen, die von Behördenversagen handeln, auch wenn es eine andere Landesregierung gibt. (Bundesrat Samt: Ihr kriegt das? Sehr interessant! – Bundesrat Weber: Ah, interessant! – Bundesrat Seeber: Oberösterreich ist ja Vorbild für Schwarz-Blau!) Ich finde solche Aussagen einer Klubobfrau über eine Institution des Parlaments, ganz ehrlich und auch in aller Klarheit gesagt, nicht in Ordnung!

Zurück zu diesem Gesetzentwurf: Für mich scheint es, als hätten die aktuellen Groß­parteien nichts aus dem Ibizaleak, aus dem Ibizavideo gelernt und würden mit allen Mitteln versuchen, ja keine Transparenz in die Parteikassen zu bringen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das findet ja statt!)

Die Bevölkerung hat es sich meiner Meinung nach verdient, zu wissen, wie sich die Parteien finanzieren, wo das Geld herkommt und wofür es verwendet wird. Das fehlt mir nach wie vor, gerade bei den Großparteien. Mit dem, was hier vorgelegt wird, werden grundlegende und auch schon längst überfällige Punkte beschlossen, aber Transparenz schaut ganz, ganz anders aus; deswegen werden wir diesem Gesetz heute auch ganz klar nicht zustimmen.

Ich bringe noch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller und Kollegin betreffend „Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, anhand der vom Rechnungshof gemachten Vorschläge für eine Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten, die folgende Punkte enthalten: 

- Volle Prüfrechte für den Rechnungshof – über Rechenschaftsberichte hinaus­gehen­der Einblick in die Bücher und Konten der Parteien.

- Strenge Auflagen für Vereine, Komitees und andere partei- und kandidatennahe Organisationen: Offenlegung der Herkunft ihrer Mittel und Meldung von Parteispenden an den Rechnungshof.

- Einführung eines Wahlkampfkostenberichts – monatliche Berichtspflicht ab Beschluss über Wahltag (bis eine Woche vor Wahltag) sowie Vorlage eines Endberichts beim Rechnungshof spätestens 3 Monate nach der Wahl.

- Sanktionierungsrecht für den Rechnungshof.

- Bei schweren Vergehen sind strafgesetzliche Sanktionen auszuarbeiten.“

*****

Danke. (Beifall der Bundesrätin Ernst-Dziedzic.)

12.46

Präsident Karl Bader: Der von den Bundesräten David Stögmüller und Kollegin ein­gebrachte Entschließungsantrag betreffend „Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten“ trägt nur zwei Unterschriften und ist somit nicht genügend unterstützt.

Ich stelle daher die Unterstützungsfrage und bitte jene Bundesrätinnen und Bun­desräte, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies also nicht bereits durch ihre Unterschrift zum Ausdruck gebracht haben, um ein Handzeichen. – Das ist nicht der Fall. Die Unterstützung ist nicht ausreichend. (Bundesrat Stögmüller: Keine Kon­trolle! – Bundesrätin Mühlwerth: Manchmal hat man ein Pech!)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.