14.04

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Regierungsmitglied! Sehr geehrte Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Das hier ist die bereits vierte Dienstrechtsnovelle unter freiheitlicher Federführung. Alle diese Reforminitiativen wurden jeweils mit großer Mehrheit oder auch einstimmig hier im Hohen Haus beschlossen. Unter der von Kurz leider gesprengten Regierung ist viel weitergegangen.

Leider wurde der öffentliche Dienst – unsere Beamten und unsere Vertragsbediens­teten – in den letzten 30 Jahren mit Ausnahme der letzten 17 Monate herunterge­wirt­schaftet; leider muss man das so bezeichnen. Gerade der öffentliche Dienst, meine Damen und Herren, ist der Garant für Stabilität und Sicherheit in unserem Land. Unsere öffentlich Bediensteten verdienen nicht nur unseren Respekt und unsere Wert­schätzung, sondern vielmehr auch moderne, bedarfsgerechte und auch faire Arbeits­bedingungen. Dazu hat sich die FPÖ immer bekannt und genau das haben wir Frei­heitliche in der Regierungsverantwortung auch gelebt. (Beifall bei der FPÖ.)

Nach Jahren des Stillstands unter vorangegangenen Regierungen wurden endlich wieder echte Reformschritte gesetzt, und die Aufbruchsstimmung war draußen in den Dienststellen deutlich spürbar. Die Inhalte der aktuellen Dienstrechtsnovelle sind rasch erklärt. Es wird eine gemeinsame Bundesdisziplinarbehörde eingeführt. Damit wird einerseits eine Empfehlung des Rechnungshofes umgesetzt, es wird nämlich durch die Auflösung von vielen einzelnen Disziplinarkommissionen weiter im System gespart. Andererseits wird es dadurch mehr Rechtssicherheit, aber natürlich auch mehr Gleichbehandlung für die Betroffenen in den Verfahren geben.

Nach zehn Jahren und mehreren negativen Urteilen des Europäischen Gerichtshofes zur Vordienstzeitenproblematik und den erfolglosen oder, besser ausgedrückt, sogar stümperhaften Sanierungsversuchen der rot-schwarzen Regierungen liegt endlich ein Entwurf vor, der die Altersdiskriminierung beseitigt und mit dem die diskriminierten Bediensteten auch einen finanziellen Ausgleich erhalten, so wie es auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vorgesehen hat.

Nun zu einem Thema, meine Damen und Herren, das mir ganz besonders am Herzen liegt und betreffend das ich mit Stolz sagen kann: Die FPÖ ist drangeblieben, und deshalb wird eine weitere Gleichstellung geschaffen. (Zwischenrufe der Bundes­rätin­nen Grimling und Schumann.) Es geht um die Schwerarbeitsregelung für Justiz­wache­beamte, die an die Polizeibeamten angeglichen werden. Diese Angleichung müsste angesichts der Arbeit in den Justizanstalten eine Selbstverständlichkeit sein.

Lassen Sie mich Ihnen eine kurze Geschichte erzählen: Stellen Sie sich vor, es ist Wochenende! Das Wetter ist schön, es gibt verkürzten Tagdienst, der Nachtdienst beginnt in irgendeiner kleineren Justizanstalt, einer spezialisierten Justizanstalt mit circa 50 Insassen, bereits um 13 Uhr. Zu dieser Zeit sind nur mehr drei Kollegen im Dienst; das ist so vorgesehen. Eine Krankenschwester ist auch anwesend, weil auch das so vorgesehen ist, und sie bereitet die Medikation für die Abendrunde und auch für den nächsten Tag vor.

Es muss noch Bewegung im Freien für die Hausarbeiter geben. Da das Wetter herrlich ist, gehen relativ viele Insassen in den Spazierhof, und aufgrund der Insassenanzahl müssen mindestens zwei Beamte bei der Bewegung im Freien die Überwachung übernehmen. Das heißt für Sie: Sie befinden sich nun alleine im Wachzimmer – mit den Kameras, mit der Haftraumüberwachungsanlage, der Funkstation und so weiter. Es ist ziemlich warm im Gebäude; Klimaanlage – natürlich Fehlanzeige. Wirklich Glück im Unglück: Der Inspektionsdienst in Person einer Offizierin ist gerade anwesend, um die Justizanstalt im Nachtdienst zu inspizieren, und sie wird als vierte Beamtin mit aushelfen können bei dem, was gleich passiert.

Ein schriller Ton bei der Überwachungsanlage, ein Haftraum leuchtet rot auf. Sie wis­sen, das ist kein normaler Ruf, sondern der Notruf, der da gedrückt wurde. Ein schwer verständlicher und aufgeregter Insasse berichtet, dass ein Mitinsasse zusammen­ge­brochen sei und Blut aus seinem Mund ströme. Sie müssen sofort reagieren. Sie betätigen den Hausalarm, die Kollegen im Spazierhof werden somit informiert und wissen: Aha, irgendetwas ist passiert, es ist Feuer am Dach! Sie müssen aus Sicher­heitsgründen umgehend mit den anderen Insassen einrücken, weil diese natürlich nicht alleine im Spazierhof bleiben dürfen. Ebenso kommt die Krankenschwester aufs Wach­zimmer gelaufen.

Gleichzeitig müssen Sie so rasch als möglich hinauf in den oberen Stock, in die Abteilung, ins Gesperre, wo ein Insasse höchstwahrscheinlich – wenn man den An­gaben des Mitinsassen glauben kann – gerade um sein Leben kämpft. Sie dürfen aber im Nachtdienst keinen Haftraum alleine aufsperren. Sie laufen mit der Schwester hinauf, öffnen den Haftraum trotzdem, was nicht ganz legal ist; Sie müssen aber, es könnte um Leben und Tod gehen. Die Offizierin, die zufällig anwesend ist, koordiniert inzwischen das bereits über Funk angeordnete Einrücken und besetzt das Wach­zimmer, welches auch nie unbesetzt sein sollte. Die Kollegen rücken alleine mit den Insassen vom Spazierhof ein, was auch nicht ganz legal ist, aber es geht ja nicht anders, es geht ja vielleicht um Leben und Tod. Man tauscht die Schusswaffen gegen die Haftraumschlüssel und verbringt die Insassen in ihre Abteilung.

Sie stehen inzwischen in der offenen Haftraumtür und sehen zwei Insassen: der eine, so halb rechts zwei Meter vor Ihnen, ganz aufgelöst und irritiert; und der Zweite, der vor Ihnen am Boden in einer wirklich bereits sehr großen Blutlache liegt und weiter Blut aus seinem Mund spuckt. Geistesgegenwärtig drücken Sie noch einmal die Haft­raumsprechanlage und sagen der Offizierin: Wir brauchen einen Notarzt! Dieser wird alarmiert. Sie schnappen sich den zweiten Insassen, bringen diesen in einen anderen Haftraum, damit er einmal außen vor ist, und beginnen mit der Schwester Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten, soweit das in diesem Fall überhaupt noch möglich ist. Nach unsagbar lang erscheinenden 12 Minuten, vielleicht waren es auch 13, ist bereits der Notarzt da, welcher von einem der beiden anderen Kollegen am Einfahrtstor durchge­wunken wird.

Der Insasse hatte einen Tumor auf der Lunge, das war bekannt, und der Tumor ist durchgebrochen, weshalb er fast sein ganzes Blut über den Mund im Haftraum verlor. Der Insasse ist verstorben, eine Wiederbelebung war unmöglich.

Meine Damen und Herren, nach so einem Geschehnis haben Sie viel Schreibarbeit. Die Polizei kommt ins Haus, um festzustellen, dass ein Fremdverschulden auszu­schließen ist. Die Staatsanwaltschaft wird informiert, damit der Leichnam freigegeben werden kann; es kommt vielleicht auch noch der geistliche Dienst. Und erst wenn die Freigabe durch die StA und die Feststellung des Todes durch den Amtsarzt stattge­funden hat, wird – wenn Sie Glück haben, hat an diesem Tag noch ein Bestattungs­unternehmen Zeit; es ist ja Wochenende – an diesem Abend der Leichnam des Insassen abgeholt – und Sie haben dann noch bis zum nächsten Tag um 7 Uhr Dienst, hoffentlich ohne weitere Vorfälle.

Das ist nur eine Geschichte aus dem sogenannten Häfenalltag, meine Damen und Herren; davon erfahren Sie in den Medien nichts. Ein anderes Mal wird ein Insasse im Nachtdienst ausgeführt, weil er extrem starke Schmerzen hat – akut, deshalb in der Anstalt nicht zu behandeln. Die Beamten fahren ihn in ein Krankenhaus und kaum im Krankenhaus angekommen, attackiert sie der Insasse, versucht, sie zu überwältigen und ihnen die Waffe zu entreißen und, und, und. Es gibt unzählige dieser Geschichten. Die Justizwachebeamten sind mittlerweile fast täglich Übergriffen ausgesetzt. Vor wenigen Stunden gab es in der Justizanstalt Garsten – ich weiß nicht, wer von Ihnen es mitbekommen hat, wahrscheinlich die wenigsten – eine Bombendrohung. Trakte mussten geräumt werden. Was glauben Sie, was das bedeutet, wenn man Trakte mit wirklich schweren Jungs wegen einer Bombendrohung räumen muss?

Seit ich den Beruf des Justizwachebeamten nicht mehr ausübe, meine Damen und Herren, und auch den entsprechenden Abstand dazu habe, ist mein Respekt vor meinen Kollegen für das, was sie tagtäglich für unser aller Sicherheit leisten, noch größer. (Beifall bei der FPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.) Darum freut es mich ganz besonders, dass heute auch SPÖ und ÖVP bei unserem Antrag, die Justizwache in die Schwerarbeitsregelung mitaufzunehmen, mitgehen. Es war nämlich unser Nationalrat Christian Lausch, der diesen Antrag bereits im Jahr 2014 fast ident eingebracht hat; damals wurde aber unter Rot-Schwarz leider noch abgelehnt. Nur ein Schelm, der Böses denkt, könnte jetzt mutmaßen, dass das vielleicht irgendetwas mit den vorhin erwähnten Personalvertretungswahlen im Herbst zu tun hat; aber sei es wie es sei, meine Damen und Herren, wichtig ist im Endeffekt die Umsetzung.

Diese Dienstrechtsnovelle ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Es wären viele weitere Reformen gefolgt, denn diese waren bereits in Ausarbeitung. Leider hat es da jemanden gegeben, Bob den Baumeister – nein, Bob der Baumeister war es nicht, wie komme ich auf ihn?; ah ja, der kriegt auch immer Fanpost von Sechs­jährigen –, nein, es war Basti der Sprengmeister, der diese Regierung vorzeitig ge­sprengt hat. (Heiterkeit bei FPÖ und SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Die FPÖ hat von Verwaltungsreformen nicht nur geredet, sondern wir haben sie in der Regierungsverantwortung zum Leben erweckt und umgesetzt und dabei im Interesse der Bürger und aller Bediensteten des öffentlichen Dienstes gehandelt. (Beifall bei der FPÖ.)

14.15

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Klara Neurauter zu Wort. Ich erteile es ihr. – Bitte.