12.21

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute hier im Bundesrat ein Gesetz, das vor allem die Pensionistinnen und Pensionisten in unserem Land besserstellen wird – ein Schritt, der mehr als überfällig war und bei dem sich alle Fraktionen außer den NEOS im Nationalrat einig waren. Wir müssen dafür sorgen, dass es nicht zu Altersarmut kommt, wenn Menschen ihr Leben lang gearbeitet haben. Das ist mit diesem Gesetz auf jeden Fall gelungen.

Ich kann Ihnen daher versichern, dass meine Fraktion, die SPÖ-Fraktion, diesem Gesetz heute die Zustimmung erteilen wird – dies gilt für die Tagesordnungspunkte 5 und 6.

Zum Tagesordnungspunkt 7 betreffend die Ausweitung der Alterssicherungs­kommis­sion kann vonseiten der SPÖ-Fraktion keine Zustimmung erteilt werden. Diese Kommission hat künftighin die Aufgabe, die Ziele zu verfolgen, gemäß denen in Zukunft unsere Pensionen insgesamt zu gestalten sind, eine Tätigkeit mit weitreichender und zukunfts­orientierter Perspektive und Verantwortung, denn diesbezüglich ist sicherlich noch sehr viel zu tun. Zugleich gibt es natürlich auch Punkte, die wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in ihrer Entwicklung anders gewünscht hätten.

Zuerst möchte ich da die Frage der Anrechnung der Kindererziehungszeiten auf die Pension ansprechen. ÖVP und FPÖ beschränken diese mit fünf Jahren, was eine wirkliche Schlechterstellung im Vergleich zum sozialdemokratischen Antrag darstellt. Wir wollten, dass Kindererziehungszeiten in vollem Ausmaß angerechnet werden und so jene Menschen, die Fürsorgepflichten in der Familie übernehmen, nicht benach­teiligt werden.

Was wir in diesem Zusammenhang auch anders regeln wollten, ist: Es darf keine Pensionistinnen und Pensionisten mit Mindestpension nachteilig treffen, wenn er oder sie durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit zum Beispiel aus dem Beruf gedrängt wird. Daher haben wir uns auch dafür starkgemacht, die Versicherungsjahre heranzuziehen und nicht die Beitragsjahre. Da haben die Kolleginnen und Kollegen von FPÖ und ÖVP offenbar einen anderen Standpunkt, der deutlich werden lässt, dass sie sich über die Realität der Arbeitswelt insbesondere in niedrig bezahlten Branchen nicht im Klaren sind. Unverschuldete Arbeitslosigkeit und längere Krankenstände, die zum Verlust des Arbeitsplatzes führen, gehören mittlerweile insbesondere im Bereich der niedrig bezahlten Branchen, aber auch in Produktionsbetrieben zu einem normalen Berufs­leben dazu. Wir stehen auf der Seite aller Menschen und wollen daher niemanden schlechterstellen.

Ein Punkt, der uns nach wie vor Sorge macht und uns möglicherweise auch noch jah­re­lang beschäftigen könnte, ist der Umstand der Exportfähigkeit des Pensions­bonus­ses in EU-Länder. Diesbezüglich wollten wir den Einwendungen des Ministeriums folgen und noch einmal prüfen, ob durch eine Exportfähigkeit des Pensionsbonusses nicht zusätzlich Kosten von rund 360 Millionen Euro drohen. Das haben Ihre Fraktionen, werte Kolleginnen und Kollegen von FPÖ und ÖVP, leider ignoriert, obwohl ein Beschluss im Herbst nach eingehender Prüfung ohne Probleme möglich gewesen wäre.

Ich bitte Sie deshalb: Ersparen Sie uns im Herbst die unwürdige Diskussion über die Schuldenbremse in der Verfassung! Machen Sie einfach verantwortungsvolle Politik, dann brauchen Sie keine Verfassung, die Sie bei Schnellschüssen in Budgetfragen bremst! Das wäre ein eigentlicher und klarer Auftrag an alle Politikerinnen und Politiker. (Beifall bei der SPÖ.)

Erinnern wir uns auch kurz, wieso wir in den vergangenen Jahren so viele Debatten über zu niedrige Pensionen führen mussten! Ich verrate es Ihnen oder wiederhole es (Bundesrat Rösch: Der Pensionsbrief war das! Der Pensionsbrief vom Vranitzky!): wegen der Regierung Wolfgang Schüssel und seiner missglückten Pensionsreform im Jahr 2003, mit der Armut im Alter gesetzlich verankert wurde. Damals hat man begonnen, die Pensionszeiten und Pensionsansprüche über die Lebensdurchrechnung zu regeln. Das hat zu einem massiven Absacken der Pensionen geführt, und dieses Absacken der Pensionen spüren all jene Menschen, die heute in Pension gehen, es ist zugleich aber auch ein Indiz dafür, dass Pensionen in Summe immer geringer werden.

Tatsache ist, dass es die Menschen jetzt bereits schmerzlich spüren, in einer Zeit, in der in diesem Land teilweise noch derselbe politische Wind weht wie in der Zeit von 2003 bis 2006, mit einem einzigen Unterschied: Wir Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten (Bundesrat Steiner: Sind noch schwächer!) haben der Regierung das Misstrauen ausgesprochen, als sich die Gelegenheit dazu geboten hat – ein richtiger und wichtiger Schritt, wie auch die KollegInnen zum Beispiel von FPÖ und JETZT erkannt haben.

Erinnern wir uns aber auch daran, dass in diesem Zeitraum 2003 bis 2006 die Pen­sionistinnen und Pensionisten einen effektiven Wertverlust von 21 Prozent hinnehmen mussten (Bundesrat Steiner: Das weiß er so genau, weil er selbst schon in Pension war!) – also fast ein Viertel weniger, und das für Menschen, die ohnehin weniger haben beziehungsweise bekommen! Und damit wir uns auch hier im Klaren sind, meine Damen und Herren: Ich spreche nicht von Pensionen in einer Höhe von 3 000, 4 000 oder 5 000 Euro oder mehr, ich meine Pensionistinnen und Pensionisten mit circa 1 000 Euro im Monat, die damit auskommen müssen, die beispielsweise Ausgleichs­zulagenbezieher sind und als solche 930 Euro erhalten, was – damit wir uns richtig verstehen – ein Einkommen ist, das unter der Armutsgrenze liegt und mit dem man kein Auskommen mehr hat.

Es klingt daher wie ein schlechter Treppenwitz und hört sich auch so an, was die ehe­malige Sozialministerin vollmundig erklärte, nämlich dass man mit 150 Euro pro Kopf pro Monat die Kosten für sein Leben bestreiten kann. (Bundesrat Rösch: Das ist ein­deutig falsch! – Bundesrat Samt – in Richtung SPÖ –: Aber ihr wisst schon, dass ihr in der Regierung wart? – Ruf bei der FPÖ: Das stimmt ja nicht! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Das ist Kärntner Polemik!) Diese Feststellung ist fernab jeder Realität (Ruf bei der FPÖ: Weil du es nicht verstanden hast! – Bundesrat Steiner: Ein Schmarrn! Ein Schmarrn! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) und an sich eine offene Beleidigung gegenüber all jenen Menschen, die derzeit mit ihrem Einkommen und ihrer Pension kaum das Auslangen finden. (Bundesrat Rösch: Das ist einfach unwahr! Das ist ein absoluter Blödsinn!)

Umso obskurer mutet es an, wenn man erfahren muss, dass gerade jene Ex-Ministerin heute, ohne eine Aufgabe zu erfüllen oder eine Leistung zu erbringen, einen Monats­bezug von 13 400 Euro erhält. (Bundesrat Weber: Da schau her! – Ruf bei der SPÖ: „Unser Geld für unsere Leut!“) Davon, meine Damen und Herren, müssen viele Pen­sionistinnen und Pensionisten ein ganzes Jahr lang leben.

Halten wir uns aber nicht so sehr mit der Vergangenheit auf, sondern blicken wir in die Zukunft! In Zukunft werden Pensionistinnen und Pensionisten mehr Geld bekommen als bisher. Das schützt vor der erwähnten Altersarmut. Durch die Anrechenbarkeit der Kindererziehungszeiten kommt es zu einer Verbesserung insbesondere für Frauen. Es ist ein gewaltiger Fortschritt (Bundesrat Rösch: Die SPÖ lebt von Unwahrheiten!), dass Einzelpersonen künftig 1 200 Euro netto und Paare 1 500 Euro netto bekommen sollen, um sich das Leben im Alltag leisten zu können. Damit stellen wir wirklich viele Menschen besser, und das ist ein guter, ein wichtiger und längst überfälliger Schritt.

Natürlich sind darüber hinaus noch Veränderungen herbeizuführen. Denken wir bei­spielsweise, und das sollte hier erwähnt sein, an die nächste Pensionsanpassung, die heransteht und die bald verhandelt wird! Denken wir dabei aber auch daran, dass die Abgeltung der Inflationsrate vor allem für die Bezieherinnen und Bezieher kleinerer Pensionen nicht ausreicht! Die offizielle Inflationsrate ist in diesem Sinne ein fiktiver Wert, denn er spiegelt nicht den echten Bedarf der Bezieherinnen und Bezieher kleine­rer Renten wider. Man bedenke die Kosten für die exorbitant steigenden Mieten, die Lebenshaltungskosten, die Betriebskosten, die Teuerungen bei den Lebensmitteln und vieles mehr.

Die Pensionistinnen und Pensionisten brauchen eine gute, eine ausreichende Anpas­sung, sind sie doch auch jene Gruppe, die wesentlich in die österreichische Wirtschaft investiert und die durch ihre Beiträge und ihre Einkäufe starke Impulse für die heimi­sche Wirtschaft setzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Hoffnung auf gute Verhandlungen liegt auf der Regierung, auf den Parteien und auch darauf, dass man den Seniorenrat als die Interessenvertretung älterer Menschen in Österreich in die Verhandlungen ernsthaft miteinbezieht und nicht so vorgeht, wie das in der Vergangenheit der Fall war: ohne Dialog und ohne Kommunikation. Das ist eine Aufgabe und eine Herausforderung, der wir gemeinsam im Interesse und zum Wohle aller älteren Menschen gerecht werden können und auch gerecht werden müs­sen.

Und an jene, die hier immer wieder durch ihre Zwischenrufe den Vortrag stören (Bun­desrat Steiner: Ein Vortrag wird in der Vorlesung gehalten!), vielleicht folgender Hinweis: Demokratie besteht aus Rede und Gegenrede. Da soll man zuerst nach­denken, noch einmal nachdenken und dann auch sprechen. (Bundesrat Rösch: Ich tät bei der Wahrheit bleiben! Das wär besser!) Und eines sollte man auch (Bundesrat Steiner: Bleib bei der Wahrheit!): Man sollte die Würde des Menschen auch so ehren, wie es ihm gebührt. (Bundesrat Steiner: Bleib bei der Wahrheit!) Ich bin ganz ruhig. Ich möchte nur sagen, das ist einfach störend und dieses Hauses, glaube ich, nicht würdig. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Rösch: Wer Unwahr­heiten erzählt, braucht nicht ...!)

12.32

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Andreas Spanring zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.