17.31

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie, via Livestream und zu Hause! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht zum ersten Mal bei einer Bildungsdebatte denke ich mir: Ich weiß überhaupt nicht, wie das frühere Generationen gemacht haben. (Bundesrätin Hahn: Es ändern sich die Zeiten, ...!) Blicken wir Jahrhunderte zurück in eine Zeit, in der die Bedingungen nicht die besten waren: Im deutschen Kulturraum, wo also Österreich und Deutschland als ein Kulturraum zu sehen sind, galt die Bevölkerung als ein Volk der Dichter und Denker, und da waren nicht alle aus wohlbestallten Haushalten, sondern da gab es auch sehr viele, die aus ärmlichen Verhältnissen gekommen sind und überhaupt nicht diese pädagogisch aufbereiteten Bedingungen hatten, die wir in den Schulen heute haben, dennoch haben diese Menschen Unglaubliches an geistiger Kapazität gehabt und an Geistigem produziert, wovon wir heute noch etwas haben.

Wenn ich mir die heutigen Ergebnisse anschaue, wissend, dass 30 Prozent der Schüler nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen können, dass wir jedes Mal bei der Pisa-Studie bestenfalls im Mittelfeld liegen – was übrigens für Schweden ge­nauso gilt, und die haben das gleiche System, das auch die Finnen haben, also das alleine kann es nicht sein –, dann frage ich mich wirklich: Was läuft da schief?

Wenn Sie – meine Vorrednerin vor allem – jetzt hier stehen und sagen, die Ganz­tags­schule ist ganz wichtig und nur diese bringt die Kinder in ihrer Entwicklung weiter, dann sage ich: Nein, bei 30 Prozent an Kindern, die nicht ausreichend lesen und schreiben können, kann das nicht stimmen! (Bundesrätin Hahn: Aber wir haben ja noch gar nicht so viele Ganztagsschulen! Diese Rechnung geht nicht auf! Wir haben ja noch nicht 100 Prozent Ganztagsschulen! – Bundesrätin Schumann: Immer der gleiche ...!)

Wir müssen ja auch ein Gesetz, das Sie 2016 auf den Weg gebracht haben, ein bisschen reparieren. Sie stehen ja auf den Typ Schule Marke DDR, weil das ja auch Ihrer Ideologie entspricht, und damit müssen alle zwangsbeglückt werden. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Ja, das ist aber so. Und übrigens, bevor Sie sich so echauffieren, Frau Kollegin Schumann: Die Finnen haben sich genau die DDR zum Vorbild genommen, und das geben sie auch zu. Die Finnen haben gesagt: Wir haben uns die Schule in der DDR angeschaut, haben gesagt, das ist super, und haben die für uns adaptiert! – Es ist die Schule nach dem Modell der DDR, die heute in Finnland stattfindet, natürlich landestechnisch adaptiert, aber das Grundmodell kommt aus der DDR. Sie müssen das nur nachlesen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundes­rates Stögmüller.)

Das kann man nachlesen! Kollege Stögmüller, ich weiß, dass Sie immer uninformiert sind. Vielleicht machen Sie sich einmal die Mühe und lesen das nach.

Wir waren immer gegen Zwangsbeglückungen! Und ja, ich gebe Ihnen ja durchaus recht, weil wir da auch ein Stadt-Land-Gefälle haben – und es ist nicht so, dass jetzt, wenn am Land die verschränkte Ganztagsschule kommt, dort auch alles „Happy Peppy“ ist; mag sein, dass es da und dort Bedarf gibt, dann soll diesem auch entsprochen werden, ich bin ja nicht dagegen –, wir haben in der Stadt das Phänomen, dass vielen Schülern – und da treffen wir uns wahrscheinlich – eine Ganztagsschule guttäte, weil die Eltern sich nicht ausreichend um sie kümmern können, aber es gibt auch viele, die es nicht wollen. (Bundesrätin Grimling: Erst hauen wir auf die Lehrer, dann hauen wir auf ...! Auf wen hauen wir noch alles?)

Ich kenne eine gar nicht so kleine Zahl an Eltern, wo die Kinder in eine Ganztagsschule gehen und die Mutter zu Hause ist – das kennt ihr wahrscheinlich auch. Es gibt Fälle, wo es gut wäre, wenn die Kinder in der Ganztagsschule wären, weil sie dort besser aufgehoben wären, ja, mehr lernen könnten, es gibt aber natürlich auch das Gegenteil, es gibt auch die Eltern, die das eben nicht wollen. Es gibt diese Mütter, die nach wie vor entgegen all Ihren Aufrufen, doch möglichst bald nach der Geburt arbeiten zu gehen, trotzdem ganz bewusst in Teilzeit bleiben (Bundesrat Steiner: Aber die gibt’s in der sozialistischen Welt nicht, diese Mütter!), wissend, dass das für sie in der Pension schlagend werden wird. Dennoch sagen sie, ich möchte aber mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen – und das ist gut so und das ist richtig so! (Beifall bei der FPÖ.) Auch diese Eltern müssen die Möglichkeit haben, das so zu leben, wie sie es wollen.

Aber ja, natürlich braucht es dazu auf der anderen Seite auch ein Angebot für all jene, die das anders haben wollen, die sagen, ich brauche eine Ganztagsschule, oder auch, ich will eine Ganztagsschule. (Bundesrätin Hahn: Das haben wir in Zwentendorf: Wir haben die echte Wahlfreiheit! Die echte Wahlfreiheit!) Darum finde ich es wirklich gut, dass wir das jetzt so gelöst haben: Die verschränkte Form bleibt ja nach wie vor bestehen – dort, wo der Bedarf besteht, wird sie auch weiter ausgebaut werden –, wir haben aber auch die – auch schon bisher bestehende – außerschulische Betreuung, die ja durchaus auch gut funktioniert, die jetzt gleichgestellt wird und die – das finde ich auch richtig – genauso das Recht auf Förderung hat wie die schulische Betreuung. Wir müssen in einer Demokratie auch immer schauen, dass jeder Bedarf bestmöglich abgedeckt werden kann.

Im Gegensatz zu Ihrem Gesetz aus 2016, bei dem Sie ja die Länder und Gemeinden, vor allem die Gemeinden, im Stich gelassen haben (Bundesrätin Hahn: Die ... Ge­meinden haben es sich nicht abgeholt!) – so nach dem Motto: Schaut halt, wie ihr das finanziert und wie ihr für den Erhalt der Schule, für den Ausbau der Schule und für das Personal aufkommt! (Bundesrätin Schumann: Die ... Gemeinden haben es ja nicht einmal abgeholt!) –, wird das jetzt vom Bund zu 30 Prozent finanziert. (Bundesrätin Grimling: ... Gemeinden haben es ja nicht einmal abgeholt!) Das heißt, die Ge­mein­den sind damit finanziell auch besser aufgestellt – ein ganz wichtiger Aspekt. (Bundesrätin Grimling: ... Gemeinden haben es ja überhaupt nicht abgeholt!) – Gefällt Ihnen das nicht, Kollegin Grimling? Also ich finde das eigentlich sehr gut. (Bundesrat Steiner: Die tut nur nachplaudern, die Grimling, die ganze Zeit! – Bundesrätin Grimling – in Richtung Bundesrat Steiner –: Tu was essen! – Bundesrat Steiner: Tu ich eh! Schmeckt übrigens sehr gut!)

Wir haben damit auch die Möglichkeit, die Kinder in ihrer Entwicklung bestmöglich zu fördern – entsprechend dem, was gebraucht wird. Da sind aber auch die Eltern gefragt, und ich halte nichts davon – aber das sage ich hier ja nicht zum ersten Mal –, die Eltern außen vor zu lassen, wenn wir von Schule sprechen. Es gibt die überenga­gierten Eltern – das ist auch nicht gut –, es gibt die gar nicht engagierten Eltern, denen alles wurscht ist – das ist ganz schlecht –, und es gibt die Eltern, die sich um ihre Kinder kümmern, durchaus engagiert, natürlich auch soweit das ihre Zeit zulässt, die ihre Kinder fördern, die ihnen vorlesen et cetera.

Die, die gar nichts machen, muss man aber schon auch in die Pflicht nehmen, denn da hat ein Kreislauf begonnen, wo die Schule – natürlich zum Wohle der Kinder – ver­sucht, alles abzudecken, während die Eltern, die sich nicht darum kümmern wollen, sich zurücklehnen und sagen, die Schule soll das machen und der Lehrer soll das machen – und diese können sich dann auch mit allen Problemen, die aus der Familie herauskommen, herumschlagen. Dafür ist die Schule nicht gedacht! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Verantwortung haben zuallererst die Eltern. Wir können durchaus darüber reden – ich habe dafür nicht erst einmal plädiert –, auch einmal so eine Art Führerschein für Eltern anzudenken – denn es gibt ja kein Erziehungsgen, auch das muss man ja lernen. Früher hat man es sich halt abgeschaut, weil man Geschwister hatte und gesehen hat, wie die Mutter oder der Vater mit verschiedenen Situationen umgeht; in den Ein-Kind- bis maximal Zwei-Kind-Familien ist das ja weitgehend weggefallen. Darüber kann man also durchaus einmal reden. Trotzdem ändert das aber nichts daran, dass die Eltern in diesen Angelegenheiten als Allererste in die Pflicht genom­men werden müssen, dann erst kommt die Schule. (Bundesrätin Hahn: Mit dem 12-Stunden-Tag wird das schwierig werden!) Denn: Die Schule soll, nach meinem Dafürhalten jedenfalls, zuallererst Wissen vermitteln (Beifall bei der FPÖ) – Wissen, das unsere Schüler auch im weiteren Leben, egal wie sich die Zukunft gestaltet, ganz dringend brauchen.

Ich weiß, dass bei Ihnen einige sitzen, die ihre Kinder auf wirklich gute Schulen ge­schickt haben (Bundesrat Steiner: ... Privatschulen!), die darauf geschaut haben, dass sie eine möglichst breite und umfassende Bildung bekommen. Das heißt, Sie wissen ja, wovon ich rede, und Sie wissen auch, wie wichtig Bildung ist, egal in welchem Zeitalter wir uns gerade befinden, denn die Bildung ist erstens wertneutral und sie ist zweitens auch zeitneutral. Daran sollten wir bei allen Maßnahmen, die wir im schu­lischen Bereich setzen, auch immer denken. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundes­rates Längle. – Bundesrat Schennach: War das jetzt eine Pro- oder eine Kontra­rede? – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

17.40